Änderung von Antrags- und Wahlrechten

Die Änderung des Wahlrechts auf Inan­spruch­nahme der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG kommt im Falle einer partiellen Durch­brechung der Bestands­kraft nur in Betracht, wenn die damit verbun­denen steuer­lichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Rahmen hinaus­gehen. Dies gilt auch dann, wenn die partielle Durch­brechung der Bestands­kraft des Folge­bescheids durch einen den Veräuße­rungs­gewinn ändernden Grund­l­agen­bescheid ausge­löst wird (BFH, Urteil v. 20.04.2023 – III R 25/22; veröffent­licht am 25.05.2023).

Körperschaftsteuer : BgA bei Beteiligung an gewerblich tätiger PersG

Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein BgA (hier: BgA Beteiligung) begründet (Bestätigung der Rechtsprechung, z. B. BFH, Urteil v. 29.11.2017 – I R 83/15, Rz. 18, m.w.N.). Fungiert die Personengesellschaft als Holdinggesellschaft und begründet sie ertragsteuerrechtliche Organschaften mit Tochter-Kapitalgesellschaften, werden durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften keine weiteren BgA vermittelt (BFH, Urteil v. 18.01.2023 – I R 16/19; veröffentlicht am 25.05.2023).

Steuerfreier Rententeil nach Einführung der „Mütterrente“

Die Erhöhung einer bereits laufenden gesetzlichen Altersrente durch einen Zuschlag an persönlichen Renten­entgeltpunkten für Kinder­erziehungszeiten („Mütter­rente“) führt zu einer Anpassung des bisherigen steuer­freien Teils der Rente (Renten­freibetrag). Hierbei bleiben zwischen­zeitliche regelmäßige Renten­anpassungen außer Betracht (BFH, Urteil v. 14.12.2022 – X R 24/20; veröffentlicht am 25.05.2023).

Corona: Schließung von Gastronomiebetrieben 2020

Die Schließung von Gastronomiebetrieben, die Ende Oktober 2020 zur Bekämpfung der „zweiten Welle“ der Corona-Pandemie in einer saarländischen Rechtsverordnung angeordnet wurde, konnte auf die Generalklausel in § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 32 Satz 1 (IfSG) gestützt werden (BVerwG, Urteil v. 16.5.2023 – 3 CN 5.22).

24 grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle

Beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sind bisher insgesamt 26.921 Meldungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen erfolgt. Dies berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/6734) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/6503). Das Bundeszentralamt für Steuern habe dem Bundesministerium der Finanzen inzwischen Informationen über 24 grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle übermittelt, bei denen rechtspolitischer Handlungsbedarf identifiziert worden sei. Den Informationen über diese 24 Steuergestaltungsmodelle würden insgesamt 4.268 einzelne Mitteilungen zugrunde liegen. Die im Zusammenhang mit der Einführung der Mitteilungspflichten entstandenen Kosten werden mit 44,5 Millionen Euro angegeben.

Eine ähnliche Regelung gibt es für Totalverluste zum Beispiel wegen der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter. Die Regelungen sollen nach Ablauf von zwei Jahren evaluiert werden, um zu verhindern, dass mit der Verlustberücksichtigung neue steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden können. Während die FDP-Fraktion die Begrenzung der Verlustverrechnung als falsch bezeichnete, wäre es der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lieber gewesen, wenn es bei der Ursprungsfassung geblieben wäre. Denn zunächst hatte die Regierung der Verlustverrechnung in diesen Fällen einen Riegel vorschieben wollen.

Außerdem wurde beschlossen, die Umsatzgrenze für die Beantragung der Inanspruchnahme der sogenannten Istversteuerung bei der Umsatzsteuer von 500.000 auf 600.000 Euro anzuheben, was von der FDP-Fraktion ausdrücklich begrüßt wurde.

Die CDU/CSU-Fraktion begrüßte, dass eine nationale Anzeigepflicht für Steuergestaltungen entfalle. Diese sei auch nicht notwendig. Eine „überbordendene Meldeflut“ werde vermieden. Auch mit der vorgesehenen Erstellung einer „Whitelist“ könne die Zahl der Meldungen reduziert werden. Die SPD-Fraktion wiederum hätte es besser gefunden, auch nationale Gestaltungen in die Meldepflicht einzubeziehen. Insgesamt sei aber ein „hervorragendes Gesetz“ entstanden.

Dagegen befürchtet die AfD-Fraktion ein Anwachsen der Bürokratie. Es handele sich um ein ungeheuer komplexes Thema, das selbst Experten nicht übersehen könnten. Möglich seien bis zu 100.000 Meldefälle. Auch die FDP-Fraktion erwartet Unruhe und Unsicherheit angesichts einer Vielzahl von unpräzisen Rechtsbegriffen.

Linksfraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichneten es übereinstimmend als falsch, rein auf Deutschland beschränkte Steuergestaltungen bei der Meldepflicht außen vor zu lassen. Die Höhe der Bußgelder bei Verstößen gegen die Meldepflicht wurde als zu niedrig bezeichnet.

Kürzung der AfA durch Einbringung

Die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privat­vermögens auf eine gewerbliche Personen­gesell­schaft gegen erstmalige Einräumung einer Mit­unter­nehmer­stellung ist auch dann ein vollent­geltl­iches Geschäft (Einbringung gegen Gewährung von Gesellschafts­rechten), wenn der Wert des über­tragenen Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I (Festkapitalkonto), sondern auch einem gesamt­händerisch gebundenen Rück­lagenk­onto gut­geschrie­ben wird (Bestäti­gung der Recht­sprechung) (BFH, Urteil v. 17.10.2019 – 7 K 67/15; veröffentl­icht am 25.05.2023).

Kfz-Steuer: Steuerpflicht bei Beschlagnahme eines Autos

Wird ein im Inland zugelassenes Fahrzeug, das aufgrund einer Beteiligung an einem Verkehrsunfall in Italien beschlagnahmt wurde, mehrere Monate später verschrottet, endet die Kfz-Steuerpflicht bereits zum Beschlagnahmezeitpunkt (FG Münster, Urteil v. 14.04.2023 – 10 K 824/22 Kfz).

Heizungsgesetz

Ursprünglich war zur Entlastung über 80 Jahre alter Menschen eine Ausnahmeregel im neuen Heizungsgesetz angedacht. Doch diese sei „verfassungsrechtlich nicht tragbar“, heißt es nun von der Ampelregierung. Einen Weg, soziale Härten abzufedern, soll es dennoch geben – unabhängig vom Alter.

Die Ampel-Fraktionen haben beim geplanten Heizungsgesetz eine ursprünglich geplante Sonderregel für über 80-Jährige gestrichen. FDP-Fraktionsvizechefin Carina Konrad sagte: „Die angedachte Altersgrenze von 80 Jahren wäre verfassungsrechtlich nicht tragbar. Wir sorgen mit einer zielgenauen Förderung und einer speziellen Sozialkomponente dafür, dass soziale Härten abgefedert werden. Zudem wird es über ein KfW-Programm die Möglichkeit geben, zinsverbilligte Darlehen in Anspruch zu nehmen.“

Im ursprünglichen Gesetzentwurf war geplant: Für selbstnutzende Eigentümer von Gebäuden mit bis zu sechs Wohnungen, die älter als 80 Jahre sind, sollte im Havariefall einer Heizung – also wenn eine kaputte Heizung nicht mehr repariert werden kann – die Pflicht entfallen, eine Heizung mit 65 Prozent Ökostrom einzubauen. Nach langem Ringen hatte sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf deutliche Änderungen am Gesetzentwurf verständigt. „Durch die grundlegenden Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass wir Klimaschutz im Gebäudebereich wirtschaftlich vernünftig und sozial ausgeglichen erreichen“, sagte Konrad.

Ihr Grünen-Kollege Andreas Audretsch sagte: „Wir wollen, dass allen Hauseigentümern der Umstieg auf klimaneutrale Heizungen ermöglicht wird.“ Dafür gebe es den Einkommensbonus in der Förderung, der alle mit kleinen bis mittleren Einkommen erreiche. Die Förderung betrage bis zu 70 Prozent der Investition. „Für die restlichen Kosten wird es zinsvergünstigte Kreditprogramme geben. Diese stehen auch allen offen, die auf dem regulären Markt keine Kredite bekommen – darunter viele ältere Menschen mit kleineren Renten.“

Es gelte jedoch weiter eine allgemeine Härtefallklausel, sagte Audretsch. „Wer die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes nicht erfüllen kann – gleich aus persönlichen Umständen oder gebäudetechnischen Besonderheiten – kann sich per Antrag von den Pflichten befreien lassen. Das gilt unabhängig vom Alter.“

Beitragssatz zur Pflegeversicherung steigt zum 01.07.2023 (Bundesrat)

Der Bundesrat hat am 16.06.2023 das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz gebilligt (BR-Drucks. 220/23 (Beschluss)). Danach wird der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung zum 01.07.2023 um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 % erhöht.

Hintergrund: Mit dem Gesetz soll die Einnahmensituation der sozialen Pflegeversicherung verbessert werden. Erforderlich ist dies laut Gesetzesbegründung u.a. wegen der demographischen Entwicklung, höherer Ausgaben für die zeitlich gestaffelte Eigenanteilsreduzierung in der vollstationären Pflege sowie den in den letzten Jahren angefallenen Kosten für die Erstattung von pandemiebedingten Mehraufwendungen und Mindereinnahmen der Pflegeeinrichtungen sowie der Kosten für Antigen-Testungen in der Langzeitpflege.

Hierzu führt der Bundesrat u.a. weiter aus:

  • Mit dem Gesetz wird der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung zum 01.07.2023 um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 % erhöht. Dies soll zu Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro pro Jahr führen. Der Arbeitgeberanteil wird paritätisch bei 1,7 % liegen.
  • Um die häusliche Pflege zu stärken, steigt das Pflegegeld zum 01.01.2024 um 5 %. Gleiches gilt für die ambulanten Sachleistungsbeträge. Zum Jahresbeginn 2025 und 2028 werden die Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung dynamisiert. Das Pflegeunterstützungsgeld können Angehörige künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je Pflegefall in Anspruch nehmen.
  • Gestaffelt angehoben werden mit Jahresbeginn 2024 auch die Zuschläge der Pflegekassen an die Pflegebedürftigen in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Je länger die Verweildauer im Heim, desto höher der Zuschlag. Außerdem strukturiert und systematisiert der Gesetzesbeschluss das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und erweitert die Möglichkeit, Pflegebedürftige in die stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung der jeweiligen Pflegeperson mit aufzunehmen. Hierfür gibt es einen neuen Leistungstatbestand im Pflegeversicherungsrecht.
  • Die kürzlich eingeführten Leistungszuschläge, die die von den Pflegebedürftigen zu tragenden Eigenanteile in der vollstationären pflegerischen Versorgung reduzieren, steigen in 2024 nochmals an. 2025 und 2028 werden die Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert.
  • In Umsetzung verfassungsgerichtlicher Vorgaben differenziert das Gesetz den Pflegebeitragssatz weiter nach der Zahl der Kinder. Der Beitragszuschlag für Kinderlose steigt zum 01.07.2023 von derzeit 0,35 auf 0,6 Beitragssatzpunkte. Dazu soll ein digitales Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entwickelt werden. Bis dahin gilt ein vereinfachtes Nachweisverfahren. Für Mitglieder ohne Kinder beträgt der Pflegebeitragssatz vier Prozent.
  • Ein neues Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege soll die Potentiale zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung sowohl für die Betroffenen als auch die Pflegenden identifizieren und verbreiten. Das bestehende Förderprogramm für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen zur Entlastung des Pflegepersonals wird ausgeweitet und entfristet. Die bisher weitgehend freiwillige Anbindung der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur ist künftig verpflichtend.
  • Das sogenannte Entlastungsbudget wird zum 01.07.2025 wirksam. In der häuslichen Pflege können dann Leistungen der Verhinderungspflege (bisher bis zu 1.612 €) und Kurzzeitpflege (bisher bis zu 1.774 €) im Gesamtumfang von 3.539 € flexibel kombiniert werden. Für Eltern pflegebedürftiger Kinder mit Pflegegrad 4 oder 5 steht das Entlastungsbudget schon ab Januar 2024 in Höhe von 3.386 € zur Verfügung und steigt bis Juli 2025 auf ebenfalls 3.539 € an.

Hinweis:

Mit der abschließenden Beratung im Bundesrat ist das parlamentarische Verfahren abgeschlossen. Das Gesetz kann nun nach der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet werden und dann wie geplant in Kraft treten. Teile des Gesetzes werden bereits am 01.07.2023 in Kraft treten, weitere Teile rückwirkend zum 01.01.2023, andere wiederum erst gegen Ende des Jahres oder 2024 bzw. 2025.

Verbraucherschutz: Klage gegen Stromanbieter wegen Preiserhöhung

Das Landgericht Hamburg hat dem Energieversorger Fuxx-Die Sparenergie verboten, Abschlagszahlungen für Stromlieferungsverträge ohne wirksame Preiserhöhungen anzuheben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte geklagt, weil der Stromdiscounter trotz Preisgarantie während der laufenden Abrechnungsperiode eine massive Erhöhung der Abschläge angekündigt hatte.

Hierzu führt der vzbv u.a. weiter aus:

  • Fuxx hatte im Herbst 2021 Kunden per E-Mail mitgeteilt, dass sich ihr „monatlicher Zahlbetrag“ wegen der Energiekrise und den entsprechend gestiegenen Kosten ab dem kommenden Monat erhöht. So sollte ein Kunde statt 69 Euro künftig 106 Euro im Monat zahlen – obwohl das Abrechungsjahr noch nicht vorbei war und der zugrunde gelegte Stromverbrauch geringer war als zuvor.
  • Betroffene Kunden hatten zudem Verträge mit einer eingeschränkten Preisgarantie abgeschlossen. Demnach waren Preiserhöhungen infolge gestiegener Strombeschaffungskosten 24 Monate lang ausgeschlossen.
  • Das Landgericht Hamburg schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass die Erhöhung der Abschlagszahlungen rechtswidrig war. Eine Preiserhöhung aufgrund gestiegener Kosten sei wegen der eingeschränkten Preisgarantie vertraglich nicht zulässig gewesen.
  • Das Unternehmen habe gegenüber seinen Kunden dagegen angegeben, dass es zur einseitigen Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten berechtigt war. Das sei unwahr und irreführend, so das Gericht.

Hinweis:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.