Verzinsung einer unionsrechtswidrig erhobenen Steuer

Wurde eine nach Unionsrecht fakultative Steuerbegünstigung (hier: ermäßigter Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG a.F.) zu Unrecht nicht gewährt, so dass der Steuerpflichtige Vorauszahlungen geleistet hat, ist ein daraus resultierender Erstattungsanspruch zu verzinsen (BFH, Urteil v. 15.11.2022 – VII R 29/21 (VII R 17/18); veröffentlicht am 01.06.2023).

Kindergeld: Opferrente als Bezug

Eine Grundrente nach § 1 Abs. 1 OEG i. V. mit § 31 BVG ist nicht als Bezug eines volljährigen Kindes mit Behinderung zu berücksichtigen (BFH, Urteil v. 20.04.2023 – III R 7/21; veröffentlicht am 01.06.2023).

Selbstcheck Liquidität und Finanzierung für KMU

Zur Unterstützung von KMU bei der Sicherung ihrer Liquidität und der Vorbeugung daraus entstehender Unternehmenskrisen hat die Offensive Mittelstand (OM) die Handlungshilfe „Liquidität und Finanzierung“ entwickelt. Sie zeigt anhand prägnanter Beispiele, wie die Finanzierungs- und Liquiditätssituation von Betrieben spürbar verbessert und das Finanzmanagement zukunftsfest ausgerichtet werden kann.

Ansatzpunkte können sich dabei aus den vier Themenfeldern der Handlungshilfe ergeben:

  • Sicherung der Zahlungsbereitschaft und der Liquidität,
  • Dauerhafter und solider Finanzierungsaufbau,
  • Fördermittel – ein Hilfsmittel zur Überwindung von Krisen,
  • Laufende Optimierung der Unternehmensstrategie.

Die Handlungshilfe „Liquidität und Finanzierung“ ist so aufgebaut, dass in einem ersten Schritt zunächst die Unternehmensinhaber bzw. die mit dem Thema vertrauten Mitarbeitenden selbst überprüfen können, wie sie die Finanzsituation des Unternehmens einschätzen. Darauf aufbauend können in einem zweiten Schritt auf Basis von Praxisanregungen konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation herausgearbeitet werden. Die Handlungshilfe dient somit als Selbstcheck für Führungskräfte aus KMU.

Sie können die Handlungshilfe an Ihre Mandanten weitergeben oder als Ausgangspunkt für ein Beratungsgespräch nutzen. Sie ist über die Website der Offensive Mittelstand kostenlos abrufbar.

Anrechnung ausländischer Steuer

Höchstbetrag für die Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die inländische Steuer nach § 34c EStG ist die festgesetzte und gezahlte ausländische Steuer; dabei gilt eine zeitliche und sachliche Begrenzung, so dass nur die Steuer anrechenbar ist, die auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen und in die inländische Veranlagung als „ausländische Einkünfte“ i. S. des § 34d EStG einbezogenen Einkünfte entfällt („Verhältnisrechnung“) (BFH, Urteil v. 15.03.2023 – I R 8/20; veröffentlicht am 01.06.2023).

Laufendes Insolvenzverfahren – anfallende Einkommensteuer

Während eines laufenden Insolvenz­verfahrens sind die Einkommen­steuer und der Solidaritäts­zuschlag für alle dem Insolvenz­schuldner im Veran­lagungs­zeitraum nach materiellem Steuer­recht zuzu­ordnenden Einkünfte einheitlich zu ermitteln und zwischen dem Insolvenz­schuldner, der Einkünfte aus nicht­selbständiger Arbeit erzielte, und dem Insolvenz­verwalter als Vertreter der Insolvenz­masse im Verhältnis der Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 EStG aufzu­teilen (BFH, Urteil v. 19.01.2023 – III R 44/20; veröffent­licht am 01.06.2023).

Gewerbesteuer: Hausreinigung

Die Reinigung von Gemeinschaftsflächen und Zuwegen zu den bei der Verwaltung eigenen Grund­besitzes genutzten Räumlich­keiten kann unab­hängig davon, wem das Gebäude gehört und ob es sich um ein reines Wohn­gebäude oder um eine Gewerbe­immo­bilie handelt, unmittelbar zur Verwal­tung des eigenen Grund­besitzes i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehören. Erhält der Mieter (Nutzer) ein Entgelt für die Reini­gungs­leistungen, sind diese jedoch regel­mäßig nicht mehr der Verwal­tung des eigenen Grund­besitzes zuzuordnen (BFH, Urteil v. 16.02.2023 – III R 49/20; veröffent­licht am 01.06.2023). Hintergrund: Gem. § 6 i. V. mit § 7 GewStG ist die Besteuerungs­grundlage für die Gewerbe­steuer der Gewerbeertrag, d.h. der nach dem Einkommen­steuer- oder Körperschaft­steuergesetz ermittelte Gewinn, vermehrt und vermindert um die in den § 8 und § 9 GewStG genannten Beträge. Gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gemäß § 8 GewStG um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebs­vermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grund­besitzes gekürzt. Aus Gründen der Gleich­behandlung mit Steuerpflichtigen, die private Vermögens­verwaltung betreiben.

Fahrtenbuchauflage wegen unzureichender Ermittlungsmaßnahmen

Eine Fahrtenbuchauflage ist rechtswidrig, wenn die Bußgeldbehörde naheliegenden und wenig aufwendigen Ermittlungsansätzen nicht nachgeht (Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil v. 31.5.2023 – 8 A 2361/22).

Sachverhalt: Mit dem Pkw der Klägerin wurde am 25.12.2021 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts um 26 km/h überschritten. Diese Ordnungswidrigkeit wird regelmäßig mit einem Bußgeld in Höhe von 180 Euro, einem Punkt im Fahreignungsregister sowie im Wiederholungsfall einem Monat Fahrverbot geahndet. Auf dem Radarfoto ist ein junger Mann als Fahrer gut zu erkennen. Die schriftlich als Zeugin befragte Klägerin berief sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. Nachdem der Außendienst der beklagten Straßenverkehrsbehörde (Rhein-Erft-Kreis) die Klägerin an ihrem Wohnort nicht angetroffen hatte, wurde das Bußgeldverfahren eingestellt. Daraufhin verpflichtete der Rhein-Erft-Kreis die Klägerin, für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen.

Im hiergegen eingeleiteten Klageverfahren machte die Klägerin geltend, der Fahrer sei ihr in ihrem Haushalt lebender Sohn gewesen. Über eine Auskunft der Meldebehörde und einen Abgleich des Tatbildes etwa mit dessen Personalausweisfoto wäre es ohne weiteres möglich gewesen, ihn als Fahrer zu identifizieren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

MoPeG: Grunderwerbsteuer oder Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht

Die Bundesregierung hat noch keine einheitliche Meinung zur Frage, inwieweit das Gesetz zur Modernisierung von Personengesellschaften (MoPeG) Auswirkungen auf den Bereich der Grunderwerbsteuer oder des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts hat. Das geht aus der Antwort (BT-Drucks. 20/7216) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucks. 20/7012) der CDU/CSU-Fraktion hervor. Derzeit gebe es keinen Zeitplan für ein Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes. Der konkrete Anpassungsbedarf werde aber bereits auf Bund-Länder-Ebene geprüft.

Hierzu wird weiter ausgeführt:

  • Im Ertragsteuerrecht ist sich die Bundesregierung hingegen einig, dass es keinen Anpassungsbedarf gibt. Sie sieht sich damit „in Übereinstimmung mit den überwiegenden Stimmen der Literatur, aber auch der Länder“, wie in der Antwort zu lesen ist.
  • Für nicht erforderlich hält die Bundesregierung Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz, die darauf zielen, doppelte Grunderwerbsteuer infolge der Ausübung des grundstücksverkehrsrechtlichen Vorkaufsrechts zu vermeiden. Sie verweist darauf, dass hier auf Landesebene Regelungen außerhalb der Grunderwerbsteuer möglich sind.
  • Um Steuerschlupflöcher zu vermeiden, werde ebenfalls auf Bund-Länder-Ebene gearbeitet, schreibt die Bundesregierung weiter. Optionen für eine Anpassung der Ergänzungstatbestände würden geprüft. Keine Informationen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie viel Grunderwerbsteuereinnahmen den Ländern aktuell durch Gestaltungen mit Familienstiftungen entgehen.
  • Die Festlegungen steuerlicher Vergünstigungen auf die Grunderwerbsteuer für selbstgenutzten Wohnraum ist aus Sicht der Bundesregierung Sache der Länder. Gleichwohl sei es ihr ein Anliegen, die Eigentumsquote in Deutschland zu steigern.

Zivilrecht: gemeinschaftlich angeschaffter Hund

Haben die Partner einer Lebensgemeinschaft zusammen einen Hund gehalten, so können sie nach einer Trennung verlangen, dass jedem der Ex-Partner eine Art „Umgangsrecht“ mit dem Tier eingeräumt wird (LG Frankenthal, Urteil v. 12.05.2023 – 2 S 149/22. rechtskräftig).

Ermäßigter Steuersatz für Gastronomie ab 2024

Im Finanzausschuss des Bundestags haben die Ampel-Fraktionen einen Antrag der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks. 20/5810) für die Fortführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent in der Gastronomie über das laufende Jahre 2023 hinaus abgelehnt. Dafür stimmte neben der Antragstellerin die AfD-Fraktion. Die Fraktion Die Linke enthielt sich.

Die Abgeordneten der Koalition verwiesen in ihrer Begründung insbesondere auf die Folgen für den Bundehaushalt und die angespannte Haushaltssituation. Die SPD argumentierte, dass der derzeit geltende ermäßigte Steuersatz im Subventionsbericht der Bundesregierung auf Platz 3 der Subventionen aufgeführt sei. Eine Fortführung könne also erst im Zuge der Haushaltsberatungen diskutiert werden.

Dieser Äußerung entnahm die antragstellende Unionsfraktion immerhin „eine gewisse Offenheit“ für ihr Anliegen. Sie verwies auf Äußerungen sowohl von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die während der Corona-Pandemie als Hilfe für die Gastronomie eingeführte Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes fortzuführen. Ferner kritisierte die CDU/CSU-Fraktion einen generellen Stillstand in der Steuerpolitik.

Aus der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen hieß es, dass die hohen Ausgabenwünsche von CDU/CSU nicht zu deren Eintreten für die Schuldenbremse passten. Eine Fortführung der Steuerermäßigung würde den Bundeshaushalt mit 3,3 Milliarden Euro belasten. Zudem fordere die Union weitere haushaltswirksame Ausgaben. Zugleich habe sich die Situation in der Gastronomie deutlich verbessert, wie eine jüngste Umfrage des Branchenverbandes Degoha zeige.

Die FDP-Fraktion mahnte eine generelle Reform des Umsatzsteuerrechts an mit dem Ziel größerer Einheitlichkeit. Unter Verweis auf die Haushaltslage erklärt die Fraktion, dass der Unionsantrag zur falschen Zeit komme.

Auch die AfD-Fraktion kritisierte das uneinheitliche System der Umsatzsteuer und nannte als Beispiel, dass Mahlzeiten, die in Porzellangeschirr serviert würden, künftig wieder mit 19 Prozent besteuert würden, solche in Einwegmaterial aber mit sieben Prozent.

Auch die Linke ließ Sympathien für den Unionsantrag erkennen und warnte, dass eine Rückkehr zum erhöhten Mehrwertsteuersatz von Unternehmen genutzt werden könnte, die Preise noch weiter zu erhöhen. Sie verwies auf die Debatte über eine „Gierflation“. Für die Gastronomie wären von Anfang an Direkthilfen besser gewesen als Steuerhilfen. Damit begründete die Fraktion ihre Enthaltung zu dem Antrag.