Neuerungen & Gesetze: Das ändert sich ab August 2023

Das zweite Halbjahr ist seit einem Monat bereits im Gange und auch im August gibt es neue, jedoch wenige Änderungen. Was ändert sich in Deutschland?

• Wenige Änderungen im August
• Mindestlohnerhöhung und neuer Ausbildungsberuf
• Steuererklärung und Verbot von Leuchtstoffröhren

Obwohl der August nicht mit rechtlichen Umstellungen überhäuft ist, gibt es dennoch einige bemerkenswerte Änderungen auf nationaler Ebene in Deutschland. Dazu gehören unter anderem aktualisierte Richtlinien für Leuchtstoffröhren, eine Anhebung des Mindestlohns in der Geld- und Werttransportbranche, die Einführung eines innovativen Ausbildungsberufs und die Deadline für die Abgabe der Steuererklärung 2021, sofern sie durch einen Steuerberater erfolgt.

Erhöhung des Mindestlohns in spezieller Branche
Der Mindestlohn für die Geld- und Werttransport-Branche in Nordrhein-Westfalen wird ab dem 1. August erhöht. Laut dem Netzwerk für Beschäftigte der Geld- und Wertdienstbranche in NRW steigt der bisherige Mindestlohn von 20 Euro auf 20,64 Euro – eine Erhöhung um 0,64 Cent. Bei einer Vollzeitstelle mit 160 Stunden im Monat führt dies zu einem zusätzlichen Einkommen von 102,40 Euro.

Einführung eines neuen Ausbildungsberufs
Ein neuer Ausbildungsberuf, der Gestalter für immersive Medien (GIM), wird ab dem 1. August 2023 eingeführt, so die Industrie- und Handelskammer. Die Ausbildung dauert drei Jahre und kann bundesweit absolviert werden. Zum Lehrplan gehören unter anderem 3D-Animation, 3D-Audio, 3D-Modeling, das Arbeiten mit Autoren- und Entwicklungstools wie Unity und Unreal, Streaming und Projektmanagement.

Erhöhte Vergütung für diesen Ausbildungsberuf
Ab dem 1. August 2023 erfolgt eine Anpassung der Ausbildungsvergütung für Auszubildende im Maler- und Lackiererhandwerk. Im ersten Ausbildungsjahr wird die Vergütung auf 770 Euro angehoben, im zweiten Ausbildungsjahr auf 850 Euro und im dritten und letzten Ausbildungsjahr auf 1.015 Euro, so die Deutsche Handwerks Zeitung in einem Online-Beitrag.

Fristen für die Steuererklärung 2021
Personen, die bei ihrer Steuererklärung die Unterstützung eines Steuerberaters in Anspruch genommen haben, sind verpflichtet, diese bis zum 31. August einzureichen. Für jene, die ihre Steuererklärung eigenständig erstellt haben, war der Abgabetermin der 31. Oktober 2022. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden beide Fristen verlängert.

Einschränkungen durch die RoHS-Richtlinie
Entsprechend den RoHS-Richtlinien, die den Gebrauch bestimmter gefährlicher Substanzen in Elektrogeräten limitieren, dürfen Leuchtstofflampen und -röhren für allgemeine Beleuchtungszwecke nicht länger verwendet werden. Ab dem 25. August wird ihr Verkauf in Deutschland unterbunden. Als Alternative können Nutzer unter anderem auf LED-Beleuchtung umsteigen.

Europa: Verbesserung von Quellensteuerverfahren

Die Europäische Kommission hat am 19.6.2023 neue Vorschriften vorgeschlagen, um Quellensteuerverfahren in der EU für Investoren, Finanzintermediäre (z.B. Banken) und die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten effizienter und sicherer zu machen. Die Initiative soll zu einer faireren Besteuerung und zur Bekämpfung des Steuerbetrugs beitragen und grenzüberschreitende Investitionen in der ganzen EU fördern.

Hintergrund: Der Begriff „Steuerabzug an der Quelle“ bezieht sich auf den Fall, wenn beispielsweise ein in einem EU-Mitgliedstaat ansässiger Anleger für die in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Zinsen oder Dividenden Steuern zahlen muss. Dies ist häufig bei grenzüberschreitenden Investitionen der Fall. Für Fälle dieser Art haben viele EU-Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, um zu verhindern, dass Personen oder Unternehmen zweifach besteuert werden. Dank dieser Abkommen kann ein grenzüberschreitend tätiger Anleger die Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat zu viel gezahlten Steuern beantragen.

Diese Erstattungsverfahren sind allerdings oft langwierig, kostspielig und umständlich, sorgen für Frustrationen bei Anlegern und wirken abschreckend auf grenzüberschreitend tätige Investoren aus der EU und aus Drittländern. Derzeit wendet jeder EU-Mitgliedstaat eigene Quellensteuerverfahren an, die sich sehr voneinander unterscheiden. Anleger sind mit mehr als 450 verschiedenen Verfahren in der EU konfrontiert, von denen die meisten nur in der Landessprache verfügbar sind. Die Cum/Ex- und die Cum/Cum-Skandale haben außerdem gezeigt, dass die Erstattungsverfahren missbraucht werden können: Im Zeitraum 2000-2020 haben diese Praktiken Steuerausfälle von schätzungsweise 150 Mrd. EUR verursacht.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sollen Anlegern, Finanzintermediären und nationalen Steuerbehörden das Leben erleichtern:

  • Ein gemeinsamer digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz soll für schnellere und effizientere Erstattungsverfahren sorgen. So sollen Anleger mit einem breit gestreuten Portfolio in der EU künftig nur noch einen einzigen digitalen Nachweis über den Steuerwohnsitz benötigen müssen, um im selben Kalenderjahr mehrere Erstattungen zu beantragen. Ein digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz sollte innerhalb eines Arbeitstages nach Beantragung ausgestellt werden. Noch gelten in den meisten Mitgliedstaaten papiergestützte Verfahren.
  • Zwei Schnellverfahren zur Ergänzung des geltenden Standard-Erstattungsverfahrens: ein Verfahren für die „Steuererleichterung an der Quelle“ und ein „Schnellerstattungsverfahren“, die die Erstattungsprozesse in der gesamten EU beschleunigen und stärker harmonisieren werden. Die Mitgliedstaaten sollen sich selbst für eines der beiden Verfahren – oder für eine Kombination aus beiden – entscheiden können. Beim Verfahren für die „Steuererleichterung an der Quelle“ soll zum Zeitpunkt der Ausschüttung von Zinsen oder Dividenden ein ermäßigter Steuersatz gemäß den anwendbaren Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens angewandt werden. Im Rahmen des „Schnellerstattungsverfahrens“ soll zunächst eine Zahlung unter Berücksichtigung des Quellensteuersatzes des Mitgliedstaats geleistet werden, in dem die Dividenden oder Zinsen ausgeschüttet werden; zu viel gezahlte Steuern sollen jedoch innerhalb von 50 Tagen nach dem Zeitpunkt dieser Zahlung erstattet werden.

Der Kommission zufolge sollen dank dieser standardisierten Verfahren die Anleger Schätzungen zufolge rund 5,17 Mrd. EUR jährlich einsparen.

Durch die Einführung einer standardisierten Meldepflicht sollen die nationalen Steuerverwaltungen die erforderlichen Instrumente erhalten, um zu prüfen, ob der ermäßigte Steuersatz in Anspruch genommen werden darf, und um potenziellen Missbrauch aufzudecken. Zertifizierte Finanzintermediäre sollen der zuständigen Steuerverwaltung die Ausschüttung von Dividenden oder Zinsen melden müssen, sodass diese die Transaktion zurückverfolgen kann. Insbesondere große Finanzintermediäre in der EU werden verpflichtet, sich in einem nationalen Register zertifizierter Finanzintermediäre zu registrieren. Finanzintermediäre aus Drittländern und kleinere EU-Finanzintermediäre können sich freiwillig registrieren lassen. Steuerpflichtige, die über zertifizierte Finanzintermediäre in der EU investieren, können Schnellverfahren für die Erstattung der Quellensteuer in Anspruch nehmen und die Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen vermeiden. Je mehr Finanzintermediäre sich registrieren, desto einfacher wird es für Steuerbehörden, Anträge auf Steuererstattungen – unabhängig von dem gewählten Verfahren – zu bearbeiten.

Operative Fettabsaugung als agB

Aufwendungen für eine operative Fettab­saugung (Liposuktion) zur Behand­lung eines Lipödems können jedenfalls ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärzt­lichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheini­gung eines Medizini­schen Dienstes der Kranken­versicherung als außer­gewöhn­liche Belastung zu berück­sichtigen sein (BFH, Urteil v. 23.03.2023 – VI R 39/20; veröffent­licht am 29.06.2023).

Entnahme von Alt-PV-Anlagen

Im Hinblick auf das aktuelle BMF-Schreiben vom 27.02.2023 III C 2 – S 7220/22/10002 :010 sind viele Mandanten verunsichert bezüglich der Entnahme von Alt-Photovoltaikanlagen. Die Finanzämter in Nordrhein-Westfalen beziehen hierzu Stellung.

Hintergrund: In der Vergangenheit (vor dem 1.1.2023) ist eine gemischt-genutzte Photovoltaikanlage regelmäßig dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden und der Betreiber hat unter Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Anlage in Anspruch genommen. Der Betreiber musste in diesem Fall neben der Lieferung des erzeugten Stroms auch eine unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterwerfen. Nach Einführung des Nullsteuersatzes in § 12 Abs. 3 UStG zum 1.1.2023 erklären viele Betreiber eine Entnahme der Photovoltaikanlage zum Nullsteuersatz, um dann eine unentgeltliche Wertabgabe hinsichtlich des selbst genutzten Stroms nicht mehr der Besteuerung unterwerfen zu müssen.

Das FinMin NRW führt hierzu aus:

  • Eine Entnahme der gesamten Photovoltaikanlage ist hiernach nur möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90% der Anlage für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Aus Vereinfachungsgründen ist stets von einer mehr als 90%igen nichtunternehmerischen Verwendung auszugehen, wenn ein Teil des mit der Anlage erzeugten Stroms z.B. in einer Batterie gespeichert wird. Dies gilt auch dann, wenn mit Hilfe einer Wall-Box die Autobatterie des privat genutzten Fahrzeugs geladen wird; ebenso, wenn eine Wärmepumpe verwendet wird. Auf die konkrete Wärmepumpe (Luft-Luft-Wärmepumpe; Luft-Wasser-Wärmepumpe etc.) kommt es nicht an. Nicht umfasst sind tragbare Batterien und Powerbanks. Diese Vereinfachungsregelung ist auch dann anzuwenden, wenn nach der Entnahme tatsächlich mehr als 10% des erzeugten Stroms weiter veräußert wird.
  • Liegen die Voraussetzungen für die Entnahme vor, ist diese dem Nullsteuersatz zu unterwerfen. Die Entnahme kann entweder im Rahmen der Voranmeldung in Kz. 87 bzw. in der Jahressteuererklärung in Kz. 158 oder schriftlich gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklärt werden. Die Erklärung bedarf insoweit grundsätzlich keiner weiteren Erläuterung. Da sich die Verhältnisse für den Vorsteuerabzug durch die steuerpflichtige Entnahme nicht geändert haben, ist eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG nicht vorzunehmen. Es ist auch nicht möglich, den ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug rückwirkend zu versagen.
  • Auch nach der Entnahme der Photovoltaikanlage stellt die Lieferung des Stroms an den Netzbetreiber weiterhin eine unternehmerische Tätigkeit dar. Die Lieferung ist steuerbar und zum Steuersatz von 19% steuerpflichtig. Wenn die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung kommt, wird diese Steuer nicht erhoben. Hat der Betreiber auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung beim Erwerb der Anlage verzichtet, ist er hieran für fünf Jahre gebunden (§ 19 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Deutschlandticket und Minijob

Die Minijob-Zentrale informiert über die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung des Deutschlandtickets, welches einem Minijobber gestellt wird.

Hintergrund: Ein Unternehmen kann für Beschäftigte Zuschüsse zu den Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gewähren oder ganz übernehmen. Diese sind steuerfrei, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden, § 3 Nr. 15 EStG. In der Sozialversicherung sind diese dann ebenfalls beitragsfrei.

Hierzu führt die Minijob-Zentrale u.a. weiter aus:

  • Finanzieren Arbeitgeber das 49-Euro-Ticket zusätzlich zum laufenden Lohn, ist dieses bei der Ermittlung des regelmäßigen Verdienstes im Minijob nicht zu berücksichtigen. Verdient eine Minijobberin zum Beispiel 520 Euro im Monat, kann sie zusätzlich noch das Deutschland-Ticket erhalten, ohne dass sich für den Minijob etwas ändert.
  • Als Jobticket ist das 49-Euro-Ticket oder der Zuschuss zu diesem Ticket steuerfrei. Steuerfreie Entgeltbestandteile zählen auch in der Sozialversicherung nicht zum beitragspflichtigen Verdienst. Bei der Berechnung der Beiträge haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Wert des Zuschusses oder des Tickets also nicht zu berücksichtigen. Es fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an. Auch Umlage U1, U2 oder die Insolvenzgeldumlage sind hierauf nicht zu entrichten.
  • In Entgeltmeldungen wie beispielsweise Jahres- oder Abmeldungen darf der Zuschuss zum Job- bzw. Deutschlandticket ebenfalls nicht berücksichtigt werden.

Hinweis:

Weitere Informationen zum 49-Euro-Ticket hat die Bundesregierung auf ihrer Homepage veröffentlicht.

Gewerbesteuer: Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags

Die Beteiligung einer GmbH als Komple­mentärin an einer grund­besitz­verwal­tenden, nicht gewerblich geprägten Kommandit­gesell­schaft (Zebra­gesell­schaft) ist keine Verwaltung und Nutzung eines nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzu­rech­nenden eigenen Grund­besitzes und berechtigt nicht zur erweiterten Kürzung des Gewerbe­ertrags (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG), wenn die GmbH am Vermögen der Zebra­gesell­schaft nicht beteiligt ist. Die Komple­mentär-GmbH nutzt insofern fremden Grund­besitz (BFH, Urteil v. 20.04.2023 – III R 53/20; veröffent­licht am 22.06.2023). Hintergrund: Kapitalgesell­schaften sind kraft ihrer Rechtsform gewerbe­steuer­pflichtig (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GewStG). Besteue­rungs­grund­lage für die Gewerbe­steuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG), d.h. der nach dem EStG oder KStG ermittelte Gewinn, vermehrt und vermindert um die in § 8 und § 9 GewStG genannten Beträge (§ 7 GewStG). Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzu­rechnungen gemäß § 8 GewStG um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebs­vermögen des Unter­nehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Auf Antrag tritt gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG an Stelle der Kürzung nach Satz 1 bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapital­vermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungs­bauten betreuen oder bestimmte Immo­bilien errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Schlachtvieh, Marktgebühren

Das BMF hat zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von sog. Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe sowie zur Behandlung sog. Vermarktungsgebühren von Erzeugerorganisationen im Bereich Obst und Gemüse Stellung genommen und den UStAE entsprechend angepasst (BMF, Schreiben v. 20.06.2023 – III C 2 – S 7200/19/10006 :001).

Hintergrund: Der BFH hat in seinem Beschluss v. 11.10.2022 – XI R 12/20 (NV), entschieden, dass ein Schlachthof die Tätigkeiten im Vorfeld des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs bei Anlieferung von Vieh im eigenen Interesse vornimmt. Das bloße Weiterberechnen von sog. Vorkosten für diese Tätigkeiten an die Lieferanten der Tiere führe nicht zum Leistungsaustausch.

Mit Beschluss v. 13.09.2022 – XI R 8/20, BStBl II 2023 S. XXX (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 22.12.2022 mit Anmerkung Nacke), hat der BFH entschieden, dass in dem Falle, in dem eine Erzeugergenossenschaft Lebensmittel von ihren Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Erzeuger ankauft und diese Lebensmittel in eigenem Namen und auf eigene Rechnung an Abnehmer weiterliefert, sog. Marktgebühren, die die Erzeugergenossenschaft von dem an die Erzeuger zu zahlenden Kaufpreis abzieht, nicht als Entgelt für eine Vermarktungsleistung anzusehen seien.

Der BFH verneint nach Rz. 23 des o.g. Beschlusses eine dem Regelsteuersatz unterliegende Vermarktungsleistung der Erzeugerorganisation gegenüber den jeweiligen Landwirten damit, dass die Vermarktung der von ihr verkauften Erzeugnisse in eigenem Namen vor allem in ihrem eigenen Interesse liegen würde. Infolge der Tätigkeit der Genossenschaft bei der zentralen Vermarktung sei davon auszugehen, dass diese für die Waren höhere Verkaufspreise erzielen kann.

Dementsprechend wird nach Abschnitt 1.1 Abs. 25 UStAE folgender Absatz 26 angefügt:

Sogenannte Marktgebühren, die eine Erzeugerorganisation beim Ankauf von Lebensmitteln von ihren Mitgliedern für die Vermarktung der Lebensmittel erhebt, stellen kein Entgelt für eine sonstige Leistung der Erzeugerorganisation dar, sondern mindern die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Mitglieder an die Erzeugerorganisation, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Aufwendungen im eigenen Interesse der Erzeugerorganisation liegen (vgl. BFH, Beschluss v. 13.09.2022 – XI R 8/20, BStBl II 2023 S. XXX).

Ein Schlachthof, der beim Erwerb von zur Schlachtung bestimmten Tieren die im Rahmen der Schlachtung anfallenden Kosten (sog. Vorkosten, z.B. die Kosten für das Qualitätsmanagement einschließlich Kosten für den Veterinär, für die Prüfung der Betriebe der Kunden, für die Einhaltung der erhöhten Hygienevorschriften und die Kosten zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit der Tiere) vom Kaufpreis für das jeweilige Tier abzieht, erbringt ebenfalls keine sonstigen Leistungen an die Lieferanten der Tiere, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Vorgänge auch im eigenen Interesse des Schlachthofs liegen. Auch in diesem Fall liegt eine Minderung des Entgelts für die Lieferung der Tiere vor.

Gesetzgebung: Regulierung künstlicher Intelligenz

Als Teil ihrer digitalen Strategie will die EU künstliche Intelligenz (KI) regulieren, um bessere Bedingungen für die Entwicklung und Nutzung dieser innovativen Technologie zu schaffen. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im April 2021 den ersten EU-Rechtsrahmen für KI vorgeschlagen. Darin wird empfohlen, dass KI-Systeme, die in verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden können, je nach dem Risiko, das sie für die Nutzer darstellen, analysiert und eingestuft werden.

Hierzu führt das Europäische Parlament (EP) weiter aus:

Das EP will vor allem sicherstellen, dass die in der EU eingesetzten KI-Systeme sicher, transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. KI-Systeme sollten von Menschen und nicht von der Automatisierung überwacht werden, um schädliche Ergebnisse zu verhindern.

Das Parlament möchte außerdem eine technologieneutrale, einheitliche Definition für KI festlegen, die auf zukünftige KI-Systeme angewendet werden könnte.

Die neuen Vorschriften sollen Verpflichtungen für Anbieter und Nutzer festlegen, die sich nach dem Risiko, das von dem KI-System ausgeht, richten. Obwohl viele KI-Systeme ein minimales Risiko darstellen, müssen sie bewertet werden. Differenziert werden soll zwischen unannehmbarem Risiko, hohem Risiko und begrenztem Risiko. Generative Foundation-Modelle wie ChatGPT sollen zusätzliche Transparenzanforderungen erfüllen müssen.

KI-Systeme stellen ein unannehmbares Risiko dar, wenn sie als Bedrohung für Menschen gelten. Diese KI-Systeme sollen verboten werden. Sie umfassen:

  • kognitive Verhaltensmanipulation von Personen oder bestimmten gefährdeten Gruppen, zum Beispiel sprachgesteuertes Spielzeug, das gefährliches Verhalten bei Kindern fördert;
  • Soziales Scoring: Klassifizierung von Menschen auf der Grundlage von Verhalten, sozioökonomischem Status und persönlichen Merkmalen;
  • biometrischen Echtzeit-Fernidentifizierungssystemen, z.B. Gesichtserkennung.

Einige Ausnahmen sollen zulässig sein: So sollen beispielsweise System zur nachträglichen biometrischen Fernidentifizierung, bei denen die Identifizierung erst mit erheblicher Verzögerung erfolgt, zur Verfolgung schwerer Straftaten und nur nach gerichtlicher Genehmigung zugelassen werden.

KI-Systeme, die ein hohes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit oder für die Grundrechte natürlicher Personen darstellen, gelten als hochriskant und sollen in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden.

  1. KI-Systeme, die in Produkten verwendet werden, die unter die Produktsicherheitsvorschriften der EU fallen. Dazu gehören Spielzeug, Luftfahrt, Fahrzeuge, medizinische Geräte und Aufzüge.
  2. KI-Systeme, die in acht spezifische Bereiche fallen, und die in einer EU-Datenbank registriert werden müssen:
  • biometrische Identifizierung und Kategorisierung von natürlichen Personen;
  • Verwaltung und Betrieb von kritischen Infrastrukturen;
  • allgemeine und berufliche Bildung;
  • Beschäftigung, Verwaltung der Arbeitnehmer und Zugang zur Selbstständigkeit;
  • Zugang zu und Inanspruchnahme von wesentlichen privaten und öffentlichen Diensten und Leistungen;
  • Strafverfolgung;
  • Verwaltung von Migration, Asyl und Grenzkontrollen;
  • Unterstützung bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzen.

Alle KI-Systeme mit hohem Risiko sollen vor dem Inverkehrbringen und während ihres gesamten Lebenszyklus bewertet werden.

Generative KI-Modelle wie ChatGPT sollen zusätzliche Transparenzanforderungen erfüllen müssen:

  • Offenlegung, dass der Inhalt durch KI generiert wurde;
  • Gestaltung des Modells, um zu verhindern, dass es illegale Inhalte erzeugt;
  • Veröffentlichung von Zusammenfassungen urheberrechtlich geschützter Daten, die für das Training verwendet wurden.

KI-Systeme mit begrenztem Risiko sollten minimale Transparenzanforderungen erfüllen müssen, die es den Nutzern ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Nach der Interaktion mit den Anwendungen soll der Nutzer dann entscheiden können, ob er sie weiter verwenden möchte. Die Nutzer sollten darauf aufmerksam gemacht werden, wenn sie mit KI interagieren. Dies gilt auch für KI-Systeme, die Bild-, Audio- oder Videoinhalte erzeugen oder manipulieren (z.B. Deepfakes).

Die nächsten Schritte:

Das EP wird seine Verhandlungsposition voraussichtlich auf der Plenartagung im Juni 2023 festlegen. Danach werden die Gespräche mit den EU-Mitgliedstaaten im Rat über die endgültige Form des Gesetzes beginnen.

Ziel ist es, bis Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen.

Weitere Informationen zum Thema sind auf der Homepage des EP veröffentlicht.

Produktinformationsblatt für zertifizierte Riester- und Basisrentenverträge

Das BMF hat am 09.06.2023 eine Broschüre zum Produktinformationsblatt für steuerlich geförderte Altersvorsorgeverträge (Stand: Juli 2020) veröffentlicht. In der Broschüre werden die verbindlichen Informationen, die Anbieter vor Vertragsabschluss für einen zertifizierten Riester- oder Basisrentenvertrag auf dem Produktinformationsblatt angeben müssen, näher erläutert.

Hintergrund: Seit dem 01.01.2017 erhält jeder Verbraucher vor Abschluss eines steuerlich geförderten Vertrags zur privaten Altersvorsorge ein individuelles Produktinformationsblatt. Es enthält die wichtigsten Angaben zum geplanten Vertrag. Welche Informationen in welcher Form auf dem Blatt darzustellen sind, ist im Wesentlichen gesetzlich vorgegeben und soll dem Verbraucher insbesondere dabei helfen die möglichen Ertragschancen und Risiken, sowie die Kosten des Produkts zu verstehen und einen Produktvergleich zu erleichtern. Unabhängig davon können sich Verbraucher auch ohne die Angabe persönlicher Daten über die jeweiligen Produkte informieren. Dazu müssen die Anbieter zertifizierter Riester- und Basisrentenprodukte sog. Muster-Produktinformationsblätter im Internet veröffentlichen und zwar auf allen Webseiten auf denen das jeweilige Produkt beworben wird. Die Muster-Produktinformationsblätter zeigen die entsprechenden Informationen für einen einheitlich vorgegebenen „Muster-Kunden“ für vier verschiedene Laufzeiten. Eine Auflistung aller veröffentlichten Muster-Produktinformationsblätter ist auf der Internetseite des BZSt zu finden.

Hierzu führt das BMF weiter aus:

Zum verbindlichen Produktinformationsblatt für zertifizierte Riester- und Basisrentenverträge hat das BMF eine Informationsbroschüre veröffentlicht. Darin wird erläutert, welche wesentlichen Daten zum Vertrag auf dem Produktinformationsblatt zu finden sind. Dazu zählen beispielsweise die persönlichen Daten des Sparers, in welcher Höhe Einzahlungen auf den Vertrag geplant sind und in welcher Höhe der Anbieter Leistungen zu Beginn der Auszahlungsphase für die Altersvorsorge garantiert. Zusätzlich werden auf dem Produktinformationsblatt die Ergebnisse für vorgegebene beispielhafte Wertentwicklungen, die Chancen-Risiko-Klasse und die Effektivkosten des Vertrags angegeben. Werbende Inhalte sind auf dem Produktinformationsblatt nicht zulässig.

Energiekrise: Abschöpfung von Überschusserlösen im Rahmen der Strompreisbremse

Die Abschöpfung von Überschusserlösen bei der Stromerzeugung läuft zum 30.06.2023 aus. Die Bundesregierung wird den zeitlichen Anwendungsbereich der entsprechenden Reglung des Strompreisbremsegesetzes nicht verlängern. Hierauf weist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aktuell hin.

Hintergrund: Die Abschöpfung von Überschusserlösen diente dazu, stromerzeugende Unternehmen bei unerwarteten Zufallserlösen an der Verteilung der Lasten aufgrund krisenbedingt hoher Stromkosten zu beteiligen.

Hierzu führt das BMWK weiter aus:

  • Angesichts der gesicherten Stromversorgung, aktuell sinkender Strompreise und damit ausbleibender Einnahmen aus der Abschöpfung sowie nicht auszuschließender Investitionshemmnisse ist eine Verlängerung der Abschöpfung nicht gerechtfertigt.
  • Auch europarechtlich erfolgte keine Verlängerung der entsprechenden europäischen Rechtsgrundlage. So ist die „Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise“ ebenfalls bis 30. Juni 2023 befristet. Die Europäische Kommission hat sich in ihrem am 5. Juni vorgelegten Bericht gegen eine Verlängerung ausgesprochen.
  • Konkret bedeutet das für die betroffenen Betreiber von Stromerzeugungsanlagen, dass die Abschöpfung auf die ersten beiden Abrechnungszeiträume (01.12.2022 bis 31.03.2023 und 01.04.2023 bis 30.06.2023) begrenzt bleibt. Die jeweiligen Abschöpfungsbeträge müssen bis Ende Juli 2023 bzw. Oktober 2023 dem regelzonenverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber mitgeteilt werden.