Gesetzgebung: Stellungnahme Wachstumschancengesetz

Der DStV hat zum BMF-Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes Stellung genommen. Der Entwurf setzt positive Impulse für die Entlastung der Wirtschaft – darunter auch für kleinere und mittlere Unternehmen. Gleichzeitig sieht der DStV Verbesserungspotenzial. Allen voran kritisiert er die geplante Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen.

Der DStV führt hierzu aus:

  • Die Einführung einer Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen soll ausweislich der Gesetzesbegründung ungewollte Gesetzeslücken früher als bisher aufspüren. Ferner soll sie veranlagungsunterstützend wirken. Primär melden müssen sog. Intermediäre, z.B. der steuerberatende Berufsstand. Übersetzt heißt das: Mal wieder mehr Bürokratie! Außerdem schwingt der bittere Beigeschmack des Misstrauens mit. Das verwundert umso mehr, als dem Berufsstand im Zuge der Corona-Wirtschaftshilfen die Bürde der Funktion des prüfenden Dritten auferlegt wurde. Im Moment der Krise erachteten die maßgeblichen politischen Entscheidungsträger die Steuerberaterinnen und Steuerberater als in höchstem Maße vertrauenswürdig – zu Recht. Bund und Länder legten den Schutz vor Missbrauch in die Hände des Berufsstands – mit allen Konsequenzen. Noch heute ist der Berufsstand im Rahmen der Schlussabrechnungen mit den bürokratischen Folgen konfrontiert. In diesem Lichte erscheint dem Berufsstand die nun geplante Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen umso mehr als ein Schlag ins Gesicht. Der DStV fordert daher, auf die geplante Einführung zu verzichten.
  • Bessere Nachrichten gibt es an der umsatzsteuerlichen Front mit Blick auf die eRechnung. So soll die Pflicht zur Ausstellung von eRechnungen zeitlich gestaffelt werden. Für im Jahr 2025 ausgeführte Umsätze sollen Unternehmer Rechnungen demnach auch in Papierform ausstellen dürfen bzw. – sofern der Empfänger einverstanden ist – auch in einem elektronischen Format, welches nicht den künftigen Anforderungen einer eRechnung entspricht. Für Umsätze im Jahr 2026 und 2027 soll die Möglichkeit der Papierrechnung im B2B-Bereich dann entfallen. Weiterhin möglich sollen aber – das Einverständnis des Empfängers vorausgesetzt – alternative elektronische Formate sein, sofern sie mittels EDI‑Kanal übermittelt werden. Kleinbetragsrechnungen sollen gänzlich von der eRechnungspflicht ausgenommen bleiben. Ab 2028 müssten alle Unternehmer für B2B-Umsätze eRechnungen ausstellen. Grundsätzlich begrüßt der DStV das Vorhaben. Er fordert jedoch Erleichterungen für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer.
  • Auch für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer enthält der Entwurf ein Schmankerl parat. Sie sollen grundsätzlich ab dem Besteuerungszeitraum 2023 keine Umsatzsteuererklärung mehr abgeben müssen. Kurz gesagt: Weniger Bürokratie! Der DStV begrüßt den Vorstoß.

Abgeltungszahlung für Versorgungsbezüge an NATO-Mitarbeiter

Eine Einmalzahlung zur Abgeltung von Versorgungsbezügen der NATO an einen ehemaligen Angestellten führt zu steuerpflichtigen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit (FG Münster, Urteil v. 17.05.2023 – 14 K 3421/20 E).

Elektronisches Antragsverfahren im Entlastungsverfahren

Für Anträge im Entlastungsverfahren von der Steuer auf Kapitalerträge, die ab dem 01.01.2023 gestellt werden, gilt die Pflicht zur elektronischen Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle (vgl. § 50c Absatz 5 Satz 1 i.V.m. § 52 Absatz 47a Satz 2 EStG).

Die Übermittlung erfolgt über das BZSt-Online-Portal (BOP):

Hier erhalten Sie Informationen zum verpflichtenden elektronischen Antragsverfahren zur Entlastung von der Steuer auf Kapitalerträge nach § 50c Abs. 3 EStG/ § 44a Abs. 9 EStG und § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Industriestromtarif für Deutschland

Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim BMF hat am 20.07.2023 seine Stellungnahme „Ein Industriestromtarif für Deutschland?“ vorgelegt (Stand: 11.07.2023). Der Beirat rät vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Strompreiskompensation von der Einführung eines Industriestromtarifs im Sinne des BMWK ab.

Hierzu führt das BMF u. a. weiter aus:

  • Die Stellungnahme diskutiert den Vorschlag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), einen mittelfristigen Brückenstrompreis für energieintensive Unternehmen einzuführen, und nimmt eine kritische Einordnung vor.
  • Der Beirat rät vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Strompreiskompensation von der Einführung eines Industriestromtarifs im Sinne des BMWK ab.
  • Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF arbeitet unabhängig. Seine Gutachten und Stellungnahmen sind als Beitrag zum allgemeinen Diskurs zu verstehen und geben nicht notwendigerweise die Meinung des Bundesministeriums der Finanzen wieder.

Gewerbesteuer: Erschließungsmaßnahmen

Ein Landwirt begründet keinen gewerblichen Grundstückshandel, wenn die Kommune das Erschließungsunternehmen beauftragt und sich der Landwirt diesem gegenüber zur Übernahme der anfallenden Erschließungskosten verpflichtet (FG Münster, Urteile v. 20.04.2023 – 8 K 259/21 G,F; 8 K 280/21 E,G; 8 K 328/21 E und 8 K 666/21 E,G; Revisionen anhängig, BFH-Az. VI R 10/23, VI R 11/23, VI R 8/23 und VI R 9/23).

Korrekturnormen bei Veranlagungen unter Verwendung eines Risikomanagementsystems

In den Fällen des teilautomatisierten Erlasses von Steuerbescheiden, in denen die Bearbeiter des Finanzamts unter Anwendung des Risikomanagementsystems nur die als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte überprüfen, kann die Finanzbehörde vom Steuerpflichtigen bei der Steuererklärungserstellung verursachte Schreib- und Rechenfehler sowie sonstige offenbare Unrichtigkeiten nach § 129 AO nur berichtigen, soweit sie sich die Unrichtigkeit zu Eigen macht. Dies ist ausgeschlossen, soweit der Besteuerungssachverhalt, dem die Unrichtigkeit anhaftet, nicht ausgesteuert und überprüft wird (Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.05.2023 – 9 K 90/22; Revision zugelassen).

Vertretung im ambulanten Notdienst, Entnahme von Blutproben im Auftrag der Polizei

Die von einem Arzt vereinnahmten Entgelte für die vertretungsweise Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes und die Entnahme von Blutproben für die Polizeibehörden sind keine nach § 4 Nr. 14 Buchst. a) Satz 1 UStG steuerfreien Heilbehandlungsleistungen (FG Münster, Urteil v. 09.05.2023 – 15 K 1953/20 U; Revision zugelassen).

Nacherhebung von Schaumweinsteuer

Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein – wirksamer – Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten besteht, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH, Urteil v. 18.04.2023 – VII R 59/20; veröffentlicht am 20.07.2023).

Hintergrund: Ein Verwaltungsakt ist nichtig und nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird (vgl. BFH, Urteil v. 13.10.2016 – IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475, Rz 42, m.w.N.).

International: Anwendung des Außensteuergesetzes

Mit Schreiben vom 19.07.2023 hat das BMF den Entwurf eines aktuellen BMF-Schreibens zu den Grundsätzen zur Anwendung des Außensteuergesetzes an bestimmte Verbände versandt. Ihnen wird bis zum 04.09.2023 Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Entwurf per E-Mail an IVB5@bmf.bund.de gegeben.

Hintergrund: Die Vorschriften des Außensteuergesetzes wurden durch das Gesetz zur Umsetzung der AntiSteuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz) vom 25.06.2021 (BGBl. I S. 2035, BStBl I S. 874) weitgehend geändert.

Körperschaftsteuer: Pensionskasse

§5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG schränkt den Personenkreis, dem eine steuerbefreite Pensionskasse einen Rechtsanspruch gewähren darf, konditional („wenn“) in der Weise ein, dass als Leistungsempfänger ausschließlich natürliche Personen in Betracht kommen (BFH, Urteil v. 11.05.2023 – V R 1/21; veröffentlicht am 20.07.2023).

Hintergrund: Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG und dem diese Vorschrift in Bezug nehmenden § 3 Nr. 9 GewStG sind (u.a.) rechtsfähige Pensionskassen, die den Personen, denen die Leistungen der Kasse zugute kommen oder zugute kommen sollen (Leistungsempfängern), einen Rechtsanspruch gewähren, von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, wenn sich die Kasse betriebsbezogen auf bestimmte Personen beschränkt. Hierzu gehören Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe (Doppelbuchst. aa), Zugehörige oder frühere Zugehörige der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten und sonstiger gemeinnütziger Wohlfahrtsverbände (Doppelbuchst. bb) oder Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. der §§ 1 und 2 KStG (Doppelbuchst. cc).