Grundsteuer: Verbände klagen wegen Untätigkeit der Finanzämter

Millionen Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide werden von den Finanzämtern seit über einem halben Jahr nicht bearbeitet. Gegen diese Untätigkeit wollen nun der Bund der Steuerzahler Deutschland (BdSt) und der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland gerichtlich vorgehen.
Hintergrund: Der Verfassungsrechtler Professor Dr. Gregor Kirchhof hat im Auftrag des Bundes der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland ein Rechtsgutachten erstellt. Das Ergebnis: Die Bewertungsmethode nach dem Bundesmodell ist aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Da dies letztlich nur das Bundesverfassungsgericht feststellen kann, ist der Klageweg unumgänglich. Dieser steht allerdings erst dann offen, wenn ein grundsteuerpflichtiger Eigentümer gegen seinen Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt hat und dieser vom Finanzamt zurückgewiesen wurde. Um diese Entscheidung zu erzwingen, gibt es das Mittel der Untätigkeitsklage.

Hierzu führt der BdSt u. a. weiter aus:

• In zunächst vier Musterfällen werden beide Verbände gemeinsam eine Untätigkeitsklage gegen die jeweiligen Finanzämter unterstützen und dann die verfassungsrechtliche Überprüfung bis nach Karlsruhe auf den Weg bringen. Dies sind Fälle aus den Ländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Berlin und Bremen.
• Bei diesen Musterklagen bestehen nach Ansicht der Verbände wegen extrem hoher Miet- und Bodenwerte begründete Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des zugrundeliegenden Bundesmodells zur Berechnung der neuen Grundsteuer. Dieses Modell wird in insgesamt elf Bundesländern angewandt.
• „Eine Untätigkeitsklage ist aktuell der einzige Weg, um eine gerichtliche Klärung zu den Musterklagen schnellstmöglich herbeizuführen – es muss Rechtssicherheit geschaffen werden! Dass wir diesen Weg gehen müssen, ist juristisch und politisch bitter“, betont BdSt-Präsident Reiner Holznagel.

Sozialversicherung: SV-Meldeportal ersetzt sv.net

Wer die A1-Bescheinigung elektronisch in sv.net beantragt, muss dies künftig, d.h. ab dem 04.10.2023, spätestens jedoch Anfang 2024, im SV-Meldeportal vornehmen. Hierauf macht die Deutsche Rentenversicherung Bund aufmerksam.

Hintergrund: Die Sozialversicherungsträger sind gem. § 95a SGB IV gesetzlich verpflichtet, eine Ausfüllhilfe zum elektronischen Austausch von Meldungen, Beitragsnachweisen, Bescheinigungen und Anträgen zur Verfügung zu stellen. Am 04.10.2023 wird das neue SV-Meldeportal freigeschaltet. In einer Übergangszeit bis zum 31.12.2023 kann das Vorläuferprodukt sv.net uneingeschränkt weiterhin genutzt werden.

Für die Nutzung des neuen Portals ist in der Regel eine Registrierung mit einem Unternehmenskonto basierend auf einem Elster-Organisationszertifikat erforderlich. Soweit eine deutsche betriebliche Steuernummer, die zur Einrichtung des Unternehmenskontos benötigt wird, nicht vorhanden ist, ist eine Registrierung über die BundID als alternative Zugangsmöglichkeit vorgesehen.

Hinweis:

Weitere Informationen zum SV-Meldeportal erhalten Sie auf der Webseite „SV-Meldeportal“ sowie in der aktuellen Ausgabe der summa summarum der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Statistik: Gewerbesteuereinnahmen 2022

Die Gemeinden in Deutschland haben im Jahr 2022 rund 70,2 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer erzielt. Dies bedeutet ein Plus von rund 9,1 Milliarden Euro beziehungsweise 14,9 % gegenüber dem Vorjahr, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit.

Damit wurde auch in 2022 ein neuer Rekord bei den Gewerbesteuereinnahmen erreicht. Nach einem Rückgang im ersten Corona-Jahr 2020 hatten die Gewerbesteuereinnahmen bereits 2021 einen neuen Höchststand seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991 erreicht.

Die höchsten Anstiege gegenüber dem Vorjahr bei den Flächenländern verzeichneten Sachsen-Anhalt mit 34,8 % und Rheinland-Pfalz mit 26,7 %. Bei den Stadtstaaten hatte Hamburg mit 23,6 % das stärkste Plus. Dagegen hat Brandenburg mit einem Minus von 3,8 % als einziges Bundesland einen Rückgang zum Vorjahr zu verbuchen.

Grundsteuereinnahmen leicht im Plus

Die Einnahmen aus der Grundsteuer A, die auf das Vermögen der land- und fortwirtschaftlichen Betriebe erhoben wird, betrugen 2022 insgesamt 0,4 Milliarden Euro. Dies war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 0,3 %. Aus der Grundsteuer B, die auf Grundstücke erhoben wird, nahmen die Gemeinden im Jahr 2022 insgesamt 14,9 Milliarden Euro ein und damit 2,0 % mehr als 2021.

Insgesamt erzielten die Gemeinden in Deutschland im Jahr 2022 Einnahmen aus den Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer) von rund 85,5 Milliarden Euro. Gegenüber 2021 ist dies ein Anstieg um 9,4 Milliarden Euro beziehungsweise 12,4 %.

Durchschnittlicher Gewerbesteuerhebesatz leicht erhöht

Die von den Gemeinden festgesetzten Hebesätze zur Gewerbesteuer sowie zur Grund­steuer A und B entscheiden maßgeblich über die Höhe ihrer Realsteuereinnahmen. Im Jahr 2022 lag der durchschnittliche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland für die Gewerbesteuer bei 403 % und ist damit gegenüber dem Vorjahr gleichgeblieben. Bei der Grundsteuer A stieg der Hebesatz im Jahr 2022 gegenüber 2021 um 3 Prozentpunkte auf durchschnittlich 350 %. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B nahm gegenüber 2021 ebenfalls bundesweit um 5 Prozentpunkte zu und lag im Jahr 2022 bei 486 %.

Abhängige Beschäftigung von Fitnesstrainern

Fitnesstrainer, die in die betriebliche Organisation des Fitnessstudios eingebunden sind, nach abgeleisteten Stunden bezahlt werden und lediglich die Aufgabe haben, ein vorgegebenes Programm auszufüllen, sind abhängig beschäftigt (Bayerisches LSG, Beschluss v. 18.08.2023 – L 7 BA 72/23 B ER).

Hintergrund: In Fitnessstudios betreuen oft Fitnesstrainer Kunden oder halten Kurse im Fitnessstudio ab, die nicht im Fitnessstudio angestellt sind, sondern vertraglich als freie Mitarbeiter geführt werden und damit als Selbständige auf Rechnung tätig sein sollen. Wer allerdings als Fitnesstrainer – wie üblich – eine Stundenvergütung erhält, wird im Rahmen von Betriebsprüfungen durch die zuständige Prüfbehörde regelmäßig als abhängig Beschäftigter angesehen mit der Folge, dass vom Fitnessstudio Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen sind.

DBA Österreich: Änderungsprotokoll

Deutschland und Österreich haben am 21.08.2023 ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterzeichnet. Das Änderungsprotokoll zu dem bestehenden DBA trägt durch die Anpassung der Grenzgängerregelung und deren Ausweitung auf im öffentlichen Dienst Beschäftigte der veränderten Arbeitswelt und dem damit verbundenen flexibleren Arbeiten und der Nutzung der Homeoffice-Möglichkeiten Rechnung.

Die Eckpunkte des Änderungsprotokolls:

• Um den jüngsten Entwicklungen der Arbeitswelt und den geänderten Arbeitsformen (vor allem der Arbeit im Homeoffice), Rechnung zu tragen, wurde die Grenzgängerregelung neu gefasst. Damit wird Beschäftigten in der Grenzzone mehr Flexibilität eingeräumt. Zukünftig erfüllen Personen bereits dann die Grenzgängereigenschaft, wenn sie in der Grenzzone arbeiten und ihren Hauptwohnsitz haben. Ein tägliches Pendeln über die Grenze ist nicht mehr erforderlich.
• Arbeitstage im Homeoffice sind daher von nun an keine schädlichen Tage im Sinne der Grenzgängerregelung mehr. Darüber hinaus wird die Grenzgängerregelung auch auf im öffentlichen Dienst Beschäftigte ausgedehnt. Die Bestimmung der Grenzzone wird zudem administrativ vereinfacht und geographisch leicht ausgeweitet.
• Schließlich werden die beiderseitigen Auswahlentscheidungen zum BEPS – Multilateralen Instrument implementiert, um Steuerumgehungen mittels DBA entgegenzuwirken. Zudem werden weitere Anpassungen des Abkommens an die aktuelle deutsche Verhandlungspolitik vorgenommen.

Hinweis:
Das Protokoll vom 21.08.2023 zur Änderung des DBA Österreich in der durch das Protokoll vom 29.12.2010 geänderten Fassung ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht.
Es wird nach seinem Inkrafttreten in beiden Vertragsstaaten ab dem 1. Januar des Kalenderjahres anzuwenden sein, das dem Jahr folgt, in dem das Änderungsprotokoll in Kraft getreten ist.
Die angepasste Grenzgängerregelung ist ab dem 01.01.2024 anzuwenden, auch wenn das Inkrafttreten des Protokolls später erfolgt.

Forschung: Verbreitung von Homeoffice nach Corona

Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim (ZEW) hat eine Studie zur aktuellen und geplanten Nutzung von Homeoffice veröffentlicht. Die Studie basiert auf einer repräsentativen Umfrage des ZEW Mannheim unter rund 1.500 Unternehmen zur Homeoffice-Nutzung im sogenannten New Normal – der Arbeitswelt nach der Corona-Pandemie.

Danach hat sich das Homeoffice dem ZEW zufolge – im Gegensatz zur Situation vor der Corona-Pandemie – in deutschen Unternehmen dauerhaft etabliert: In 80 Prozent der Unternehmen in der Informationswirtschaft arbeiten Beschäftigte aktuell mindestens einmal wöchentlich im Homeoffice.

Auch im stärker ortsgebundenen Verarbeitenden Gewerbe sind es 45 Prozent. Für die kommenden zwei Jahre erwarten Unternehmen einen weiteren Anstieg der Homeoffice-Nutzung.

Turnierpreisgelder mit fremden Pferden (EuGH)

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin auszulegen ist, dass die einheitliche Leistung des Inhabers eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn der Eigentümer der Pferde diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme seiner Pferde zustehenden Anspruchs auf die gewonnenen Preisgelder vergütet (EuGH, Urteil v. 09.02.2023 – C 713/21 „Finanzamt X“).

DBA Schweiz: Änderungsprotokoll

Deutschland und die Schweiz haben am 21.08.2023 das Revisionsprotokoll zur Änderung des DBA Schweiz unterzeichnet. Das Abkommen war zuletzt im Jahr 2010 geändert worden.

Die Eckpunkte des Änderungsprotokolls:

• Das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft abgeschlossene Revisionsprotokoll wird das Abkommen an zwischenzeitliche Ergebnisse der internationalen Arbeiten gegen „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“ und an Entwicklungen im OECD-Musterabkommen und der Abkommenspolitik der beiden Vertragsstaaten anpassen.
• Von den abkommensbezogenen Empfehlungen des G20/OECD Aktionsplans gegen BEPS ist u. a. die Aufnahme einer Generalklausel gegen Abkommensmissbrauch (Principal Purpose Test – PPT) und die Verpflichtung zur Gegenberichtigung von Gewinnkorrekturen bei verbundenen Unternehmen vorgesehen. Zudem ist auch ein klarstellender Hinweis auf die Anwendbarkeit künftiger innerstaatlicher Mindestbesteuerungsregeln enthalten, die der sog. Global Anti-Base Erosion-Regelung nach der internationalen Zwei-Säulen-Lösung zu den steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung entsprechen.
• Weiter wurden Anpassungen an das aktuelle OECD-Musterabkommen für Doppelbesteuerungsabkommen vorgenommen.
• Ferner wurde u. a. Einigkeit über eine Definition des öffentlichen Dienstes in Abgrenzung von unternehmerischer Tätigkeit öffentlicher Arbeitgeber sowie zum Komplex der Besteuerung von Ruhegehältern im öffentlichen Dienst erzielt. Damit wird eine ausgewogene und praktikable Aufteilung der Besteuerungsrechte in zwei Bereichen ermöglicht, die durch grundlegende Systemunterschiede zwischen beiden Staaten gekennzeichnet sind.
• Schließlich wird das Protokoll zum Abkommen um den Inhalt verschiedener, in der Vergangenheit von den zuständigen Behörden zur Beilegung von Schwierigkeiten oder Zweifeln bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens (insbesondere zur Grenzgängerregelung) abgeschlossener Konsultationsvereinbarungen ergänzt.
• Nach der Unterzeichnung ist auf beiden Seiten die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften einzuholen. Angestrebt wird ein Inkrafttreten des Änderungsabkommens zum 01.01.2025.

Körperschaftsteuer: Stellungnahme zur Debt-Equity Bias Reduction Allowance – DEBRA

Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim BMF hat seine Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zu einer Debt-Equity Bias Reduction Allowance (DEBRA) vorgelegt.

Der Wissenschaftliche Beirat teilt die Bedenken der Kommission zur steuerlichen Bevorzugung von Fremdkapital, hält den Richtlinienvorschlag aber nicht für den richtigen Weg.

Hinweis

Die Vorabversion der Stellungnahme (Stand: 11.07.2023) ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht.

Berücksichtigung des Verlusts aus Gesellschafterbürgschaft

Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des § 20 EStG ist zwar im Grund­satz jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Allerdings bedarf es im Fall einer stehen gelas­senen Gesellschafterbürgschaft einer „Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürg­schaft/Regressforderung. Danach sind die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte maßgebend, d.h. sowohl Wertsteigerun­gen als auch Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG). Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht ist auch ohne Vereinbarung einer Bürgschaftsprovision nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheidet (BFH, Urteil v. 20.06.2023 – IX R 2/22; veröffentlicht am 24.08.2023). Hintergrund: Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei gilt als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG).