Vorlage von E-Mail-Korrespondenz, insbesondere eines Gesamtjournals

Die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO stehen der Finanzverwaltung nur in Bezug auf solche Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Es besteht kein Anspruch der Finanzverwaltung auf Vorlage eines elektronischen Gesamtjournals, welches nach den Vorgaben der Finanzverwaltung Informationen zu jeder einzelnen empfangen bzw. versandten E-Mail des Steuerpflichtigen enthalten soll (FG Hamburg, Urteil v. 23.03.2023 – 2 K 172/19; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 15/23).

Hintergrund: Nach § 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AO kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung verlangen, dass ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen in einem maschinell verwertbaren Format zur Verfügung gestellt werden.

Auflösung einer Rücklage nach Ausscheiden eines Mitunternehmers

Über die später wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist erforderliche Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG ist nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Mitunternehmer­schaft, sondern im Einkommensteuerverfahren des früheren Mitunternehmers zu entscheiden (BFH, Urteil v. 12.07.2023 – X R 14/21; veröffentlicht am 05.10.2023).

Werbungskostenabzug für ehrenamtliche Gewerkschaftstätigkeit

Aufwendungen einer Ruhestandsbeamtin im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit sind als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen zu berück­sichtigen; Anschluss an BFH, Urteil v. 28.11.1980 – VI R 193/77 (BFH, Urteil v. 28.06.2023 – VI R 17/21; veröffentlicht am 05.10.2023). Hintergrund: Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht.

Neuregelungen im November (Bundesregierung)

Fluggastrechte und Anerkennung der Qualifikation zugewanderter Fachkräfte – über diese und weitere Neuerungen im November informiert die Bundesregierung.

 

Justiz

Verbandsklage: Ansprüche bei Flugverspätungen oder Produktmängeln

Das Gesetz für eine neuartige Verbandsklage verhilft Verbraucherinnen und Verbraucher leichter und schneller zu ihrem Recht. Die Verbandsklage erlaubt Verbraucherverbänden, gleiche Leistungsansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen ein Unternehmen unmittelbar gerichtlich einzuklagen. Dabei kann es um mangelhafte Produkte, verspätete Flüge oder unzulässige Kontogebühren gehen. Zugleich wird die Justiz von massenhaften Einzelklagen entlastet.

 

Inneres und Arbeit

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Neue Wege zur Fachkräftegewinnung

Fachkräfte können nun schneller und unbürokratischer in Deutschland arbeiten. Das neue Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung baut bisher bestehende Hürden ab. Wer beispielsweise zwei Jahre Berufserfahrung und einen Abschluss im Heimatland hat, kann als Fachkraft nach Deutschland einwandern. Zudem wird die Verdienstgrenze für die sogenannte Blaue Karte abgesenkt. Neu ist auch eine Chancenkarte mit einem Punktesystem.

 

Braunkohlekraftwerke als Versorgungsreserve

Weitere Nutzung sichert Stromversorgung im Winter

Braunkohlekraftwerke können zur Stromproduktion befristet weiter genutzt werden, um die ausbleibenden russischen Gaslieferungen zu kompensieren. Das hilft auch im Winter 2023/24, Engpässen in der Energieversorgung vorzubeugen. Die entsprechende Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums ist am 11.10.2023 in Kraft getreten.

Steuerfreiheit von Feiertags- und Nachzuschlägen

Liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 3b Abs. 1 EStG unstreitig vor, dann bildet der bloße Umstand, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit beinhalten, keinen Grund, um von einer Anwendung des § 3b EStG abzusehen (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 09.11.2022 – 4 K 145/20; rechtskräftig).

Berufsrecht: Neue FAQ zum Transparenzregister

Das Bundesverwaltungsamt hat eine neue Version der FAQ zum Transparenzregister veröffentlicht. Die aktualisierten Fragen und Antworten enthalten insbesondere neue Ausführungen zu den Mitteilungspflichten von ausländischen Vereinigungen (Immobilien-Fälle).

Besteuerungsrecht für Schenkungen mit Auslandsbezug

Nach Abschaffung der Schenkungsteuer in Schweden zum 01.01.2005 kann Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweden (1992) bei einer Doppelansässigkeit des Schenkers im Inland und in Schweden kein Besteuerungsrecht in Schweden begründen. Dies hat zur Folge, dass die Schenkung eines in der Bundesrepublik Deutschland und zugleich in Schweden ansässigen Schenkers dem deutschen Schenkungssteuerrecht unterliegt (BFH, Urteile v. 24.05.2023 – II R 27/20, II R 28/20 und II R 29/20; veröffentlicht am 12.10.2023).

BMF gibt Vorabhinweise zur e-Rechnung

Mit dem Wachstumschancengesetz werden die Regelungen zur Einführung der elektronischen Rechnung für inländische B2B-Umsätze im UStG verankert. Das BMF hat bereits vor Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens erste Hinweise dazu verlautbaren lassen, ob die bereits bekannten Formate XRechnung und ZUGFeRD die Anforderungen an eine elektronische Rechnung erfüllen. Hierauf macht der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) aktuell aufmerksam.

Hintergrund: Nach aktuellem Sachstand soll eine eRechnung eine Rechnung sein, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Sie muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2015/55/EU vom 16.04.2014 entsprechen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 f. UStG-E).

Das BMF führt hierzu aus:

  • Das BMF und die obersten Finanzbehörden der Länder haben frühzeitig die Frage erörtert, ob ein hybrides Format die geplanten gesetzlichen Anforderungen erfüllen wird. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass insbesondere sowohl eine Rechnung nach dem bekannten XStandard als auch nach dem ZUGFeRD-Format ab Version 2.0.1 grundsätzlich eine Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format darstellt, die den geplanten Anforderungen entspricht.
  • Das BMF äußert sich ferner auch zum Einsatz von EDI-Verfahren. Demnach würde aktuell an einer Lösung gearbeitet, die die Weiternutzung der EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen so weit wie möglich sicherstellen soll. Es könne jedoch aktuell nicht ausgeschlossen werden, dass hierbei technische Anpassungen vorgenommen werden müssen. Man sei jedoch bemüht, den Umstellungsaufwand im Interesse der Wirtschaft auf das Notwendige zu begrenzen.
  • Der Regierungsentwurf sieht zwar für die Pflicht zum Ausstellen einer elektronischen Rechnung eine gestaffelte Übergangsregelung vor. Vorsorglich weist das BMF darauf hin, dass nach aktuellem Zeitplan jedoch alle Unternehmer ab dem 01.01.2025 verpflichtet sein werden, elektronische Rechnungen entgegennehmen zu können.

Aufrechnung in sog. Bauträgerfällen (BFH)

Finanzgerichte entscheiden bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Abrechnungsbescheiden in sog. Bauträgerfällen auch über den Bestand und die Durchsetzbarkeit der dem Finanzamt von Bauleistenden abgetretenen zivilrechtlichen Werklohnforderungen (BFH, Beschluss v. 26.09.2023 – V B 23/22 (AdV); veröffentlicht am 12.10.2023).

Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums

Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird (BGH, Urteil v. 15.09.2023 – V ZR 77/22).