Unterbringung in einer Pflege-WG

Aufwendungen für die krankheits-, pflege- und behinderungsbedingte Unterbringung in einer dem jeweiligen Landesrecht unterliegenden Wohngemeinschaft sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (BFH, Urteil v. 10.08.2023 – VI R 40/20; veröffentlicht am 19.10.2023). Hintergrund: Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der über­wiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Kosten für Privatschule

Eine Hochbegabung kann für Lehrkräfte und Schüler herausfordernd sein. Im kürzlich vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall (Urteil vom 13. Juni 2023; 2 K 1045/22 E) litt eine Schülerin aufgrund ihrer zunächst nicht erkannten Hochbegabung und entsprechend mangelnder Förderung in der Regelschule an diversen psychosomatischen Beschwerden, die sich innerhalb eines Jahres zu einem besorgniserregenden gesundheitlichen Zustand entwickelten. Eine amtsärztliche Stellungnahme empfahl eine Unterbringung an einer Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten. Dies war für die Eltern mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die sie steuerlich geltend machen wollten – als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen.

Die Eltern setzten in ihrer Einkommensteuererklärung zunächst das Schulgeld als Sonderausgaben an. Die darüberhinausgehenden Kosten für das Internatsgymnasium wollten sie als krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastungen abziehen. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht versagten den Abzug. Die Revision wurde zwar nicht zugelassen. Jedoch ist unter dem Aktenzeichen VI B 35/23 eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig und es bleibt abzuwarten, ob der BFH diese annimmt.

Grundsätzlich können Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig und den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Die Eltern begehrten daher für die weiteren Kosten wie den Schulgeldanteil, der nicht als Sonderausgaben abziehbar ist, Betreuungskosten, Aufnahmegebühr, Verpflegung/Projekte, Bahncard 50 Abo, Kosten für Bahnfahrten, Fahrtkosten, Hotelkosten und Steuerberatungskosten den Abzug als außergewöhnliche Belastungen.

 

Das Finanzgericht folgte dem nicht und begründete seine Ablehnung damit, dass der Schulbesuch der Tochter auch im Hinblick auf deren Hochbegabung erfolgt ist. Eine Hochbegabung als solche stellt aber keine Erkrankung dar. Kosten, die zur schulischen Förderung des Kindes aufgewendet werden, sind nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, auch wenn der Besuch der (auswärtigen) Schule aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen erfolgt.

Im Streitfall war für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolgt ist und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattgefunden hat. Dass an der besuchten Privatschule eine Therapie hinsichtlich der vorhandenen Beschwerden durch medizinisches und/oder psychotherapeutisches Personal stattgefunden hätte, war auch nicht ersichtlich.

Auch dem amtsärztlichen Schreiben können weder eine zwangsläufige medizinische Indikation des Schulbesuchs noch das Angebot und die Durchführung entsprechender Heilbehandlungen in der Privatschule entnommen werden. Der Schulbesuch als solcher kann auch bei günstigen Auswirkungen auf die Krankheit ebenfalls nicht als eigentliche Heilmaßnahme anzusehen sein, da es sich in diesem Fall nicht um unmittelbare Krankheitskosten, sondern um nicht abziehbare Kosten der Vorbeugung bzw. Folge einer Krankheit handelt.

Fazit: Die Aufwendungen für die Privatschule sind, bis auf den als Sonderausgaben abzugsfähigen Teil des Schulgelds, als Kosten der privaten Lebensführung steuerlich nicht zu berücksichtigen.

Freie Fitnesstrainer

In vielen Fitnessstudios arbeiten Trainer nicht als Angestellte, sondern sind als freie Mitarbeiter auf selbständiger Basis tätig. Sie halten Kurse ab und betreuen die Kunden vor Ort im Studio. In Betriebsprüfungen der Sozialversicherungsträger werden solche freien Mitarbeiter vermehrt als abhängig Beschäftige angesehen, mit der Folge, dass den Betreibern der Studios hohe Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen drohen. So auch im Fall des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) in seinem Urteil vom 18. August 2023 (L 7 BA 72/23 B ER).

Das betroffene Fitnessstudio bietet den Kunden Einzel- und Gruppentrainings sowie Fitnesskurse an. Dafür wurden diverse Trainer als sogenannte freie Mitarbeiter eingesetzt, die Kurse in den Räumlichkeiten des Studios anboten. Daneben wurden weitere Personen als freie Mitarbeiter an der Rezeption eingesetzt, die zum Teil zusätzliche Aufgaben erfüllten. Alle Betroffene stellten Rechnungen nach vereinbarten Stunden- bzw. Minutensätzen.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden für 17 Personen, die als freie Mitarbeiter behandelt wurden, Statusfeststellungsverfahren durchgeführt. Die Rentenversicherung beurteilte die Tätigkeit der Mitarbeiter als abhängige und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und forderte rund 60.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen zzgl. Säumniszuschlägen nach. Dagegen wendete sich das Fitnessstudio mit einem Eilantrag an das Bayerische LSG.

Das LSG lehnte den Eilantrag ab und bestätigte die Auffassung der Rentenversicherung. Nach den Ausführungen des Gerichts müssen eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers und eine Weisungsgebundenheit nicht kumulativ vorliegen. Indizien für eine selbständige Tätigkeit, wie die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, die eher abstrakte Möglichkeit der Delegation der Aufträge sowie eine Gewerbeanmeldung fallen nicht entscheidend ins Gewicht. Nach Abwägung der Gesamtumstände kam das LSG zu dem Schluss, dass den Trainern keine wesentlichen unternehmerischen Gestaltungsspielräume verblieben, insbesondere, da sie auch über keine alternativen Räumlichkeiten verfügten. Sie haben ihre Arbeitskraft zu einem fest vereinbarten Stundensatz verwertet und somit kein Unternehmerrisiko getragen.

Fazit: Freie Mitarbeiter, für die bislang kein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt wurde, stellen ein hohes Risiko für Unternehmer bei Betriebsprüfungen dar. Dabei ist zu beachten, dass der sozialversicherungsrechtliche Status für jede einzelne Tätigkeit separat zu beurteilen ist. Kommt es zu Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen, wird es für den Auftraggeber teuer, denn er muss hier im Regelfall nicht nur den Arbeitgeber- sondern auch den Arbeitnehmeranteil wirtschaftlich tragen.

Gewinnerzielungsabsicht trotz Verlusten

Die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit, die als Hobby ausgeübt wird und somit steuerlich unbeachtlich ist und einer ernsthaften, auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichteten Tätigkeit ist immer wieder Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt. So auch im Fall eines Unternehmensberaters, der in den ersten Jahren seiner selbständigen Tätigkeit fast ausschließlich Verluste erwirtschaftete. Ob die notwendige Gewinnerzielungsabsicht vorlag und die Verluste somit steuerlich zu berücksichtigen waren, hatte das Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 13. Juni 2023 (2 K 310/21 E) zu entscheiden.

Der Steuerpflichtige ist Diplom-Kaufmann und besitzt verschiedene weitere berufliche Qualifikationen. Er war bis zu seiner Kündigung im Jahr 2015 als Unternehmensberater im Projekt- und Prozessmanagement angestellt tätig. Seit dem Jahr 2014 war er ebenfalls selbständig als Unternehmensberater tätig. In diesem Zusammenhang übte er auch eine Dozententätigkeit mit dem Schwerpunkt Arbeitspsychologie an einer Hochschule aus und promovierte zudem.

In den Jahren 2014 bis 2018 erklärte der Steuerpflichtige in seinen Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die das Finanzamt jedoch mangels vorliegender Gewinnerzielungsabsicht nicht berücksichtigte. Das Finanzamt war der Auffassung, die geringen Betriebseinnahmen und die Dozententätigkeit lassen darauf schließen, dass der Kläger sich seiner Tätigkeit als Unternehmensberater nicht mit der Intensität gewidmet habe, wie es von einem Gewerbetreibenden zu erwarten sei. Die Tätigkeit des Klägers stelle keine ernstzunehmende Tätigkeit dar, die auf Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt sei, mit Gewinn zu arbeiten. Der Steuerpflichtige habe die über mehrere Jahre anlaufenden Verluste in nicht unerheblicher Höhe allein durch die hohen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seiner Ehefrau kompensieren und finanzieren können. Das private Motiv für die Hinnahme der Verluste über einen längeren Zeitraum sei die Minderung der Einkommensteuerschuld der Kläger gewesen.

Dem widersprach der Steuerpflichtige. In den Streitjahren habe er maßgeblich an seinem Außenauftritt gearbeitet und verschiedene (Werbe-)Maßnahmen ergriffen. So habe er eine Homepage erstellt, Kontakte in sozialen Netzwerken geknüpft, Veranstaltungen zum Netzwerken besucht und sei Mitgliedschaften sowie Kooperationen eingegangen. Für seine Tätigkeit sei es erforderlich, Zugang zu Führungspersonen zu bekommen. Mithin habe er „Aushängeschilder“ oder „Türöffner“ benötigt. Daher habe er ein Promotionsstudium und auch eine Dozententätigkeit aufgenommen, da beides von den Führungspersonen häufig auch selbst ausgeübt werde.

Das Finanzgericht schloss sich der Argumentation des Klägers an und erkannte die ausgeübte Tätigkeit als selbständige Tätigkeit als beratender Betriebswirt an. Die Verluste seien steuerlich zu berücksichtigen. Die Gewinnerzielungsabsicht war für das Finanzgericht nach Würdigung aller Gesamtumstände gegeben.

So kann ein Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht trotz langjähriger Verluste kann sprechen, dass der Steuerpflichtige hierauf reagiert und Maßnahmen ergriffen hat, um die Gewinnsituation zu verbessern.

Bei neu gegründeten Betrieben, wie im Streitfall zu Beginn des Jahres 2014, spricht der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich für eine Gewinnerzielungsabsicht. Verluste der Anlaufzeit können nur dann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebes eindeutig feststeht, dass der Betrieb von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dargestellt.

Die Anlaufzeit eines neu aufgebauten Betriebs ist je nach der Eigenart betriebsspezifisch festzulegen und beträgt grundsätzlich fünf Jahre. Diese hat der Kläger in den Streitjahren nicht überschritten. Zudem hat der Kläger nach Ansicht des Finanzgerichts hinreichend dargelegt, wie seine berufliche Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater in den Streitjahren ausgesehen und welche verschiedenen Maßnahmen er ergriffen hat. Dieses Betriebskonzept ist belastbar und jedenfalls dem Grunde nach geeignet, zukünftig Gewinne zu erwirtschaften.

Auch der ehemalige Arbeitgeber des Klägers war ernsthaft davon ausgegangen, dass der Kläger mit seiner selbständigen Tätigkeit als Unternehmensberater Erfolg haben könnte. Dafür spricht das Wettbewerbs- bzw. Kontaktverbot hinsichtlich der von dem Kläger im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit beratenen Führungspersönlichkeiten. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Verluste aus persönlichen Beweggründen hingenommen worden sind.

Allein die Möglichkeit der Verrechnung mit anderen positiven Einkünften der Ehefrau lässt nicht den Schluss zu, dass eine Tätigkeit aufgrund persönlicher Gründe oder Neigungen ausgeführt wird.

Belege via Elster-APP sammeln

Die App „MeinELSTER+“ steht seit Anfang des Jahres zum Download für iOS und Android-Geräte kostenfrei zur Verfügung. Mit ihr können Steuerpflichtige wichtige Belege für die Einkommensteuererklärung über das ganze Jahr online sammeln. Hierauf macht das Finanzministerium Thüringen aktuell aufmerksam.
Das FinMin Thüringen macht auf Folgendes aufmerksam:
Mit der App „Mein ELSTER+“ können derzeit nur Belege online gesammelt und geordnet werden, ein automatischer Abruf durch die Finanzbehörden ist aktuell noch nicht möglich.
Der Vorteil für Nutzerinnen und Nutzer besteht darin, steuerlich relevante Belege direkt nach Ausstellung mit Hilfe der App abfotografieren und kategorisieren zu können. Steuerpflichtige ordnen die Belege schon bei der Erfassung in die entsprechenden Kategorien zu ihrem Steuerfall ein (Bsp. Handwerkerleistungen, Spenden, Arbeitsmittel, außergewöhnliche Belastungen). Der gespeicherte Beleg wird automatisch mit dem entsprechenden Eingabefeld, welches bei der Erstellung der Steuererklärung genutzt wird, gekoppelt. Die digitalisierten Belege bleiben im persönlichen ELSTER-Nutzerkonto gespeichert.
Wer dann später vom Finanzamt aufgefordert wird, bestimmte Belege nachzureichen, kann diese einfach digital und schnell per Smartphone von unterwegs übermitteln. Eine Übersendung von Originalbelegen ist damit in der Regel entbehrlich.
Es wird damit gerechnet, dass die Finanzämter die verknüpften Belege Ende des Jahres 2024 oder spätestens Anfang des Jahres 2025 automatisch elektronisch abrufen können. Bis dahin sind noch umfangreiche Programmierungsarbeiten nötig.
Hinweise
Die App muss zwingend mit dem persönlichen Benutzerkonto bei MeinELSTER verknüpft werden. Das funktioniert mittels QR-Codes. Der Datenschutz ist damit gewährleistet.
Mithilfe von drei Kurzvideos wird die Nutzung der App auf den Seiten der Thüringer Finanzämter erklärt.

Wirtschaftsprüfung: Neue IDW Hinweis-Art

Das IDW hat seine Verlautbarungskategorie „IDW Hinweise“ um eine neue Art erweitert. Künftig wird es neben Prüfungshinweisen und Rechnungslegungshinweisen auch Bewertungshinweise geben. Die Abkürzung lautet: BewH.

Es wird weiter ausgeführt:

  • Die Nummerierung orientiert sich an den übrigen IDW Hinweisen. Der vollständige Name des ersten IDW BewH lautet: „IDW BewH 5.011“. Dabei zeigt die vorangestellte Ziffer 5, dass es sich um einen Bewertungshinweis handelt. Die zwei ersten der folgenden Ziffern beziehen sich auf den Standard (S1 =01, S13 = 13), auf den Bezug genommen wird. Die dritte Ziffer zeigt die Anzahl der BewH zu dem jeweiligen Standard.
  • Bewertungshinweise werden üblicherweise vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) herausgegeben und zählen neben den beiden anderen Hinweisarten des IDW zu den Verlautbarungen mit Empfehlungscharakter. Bindenden Charakter haben die IDW Prüfungsstandards, die ISA [DE], die Stellungnahmen zur Rechnungslegung, die IDW Standards und die IDW Qualitätssicherungsstandards. Die dritte Kategorie bilden Praxishinweise sowie Frage & Antwort-Papiere, die hilfestellenden Charakter haben. Alle Verlautbarungen werden künftig entsprechend ihres Verbindlichkeitsgrades in den IDW Veröffentlichungen sortiert.

Gesetzesentwurf zur Neuregelung des StBerG

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem im Steuerberatungsgesetz (StBerG) neu geregelt werden soll, wer in beschränktem Umfang zur Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten befugt ist (BT-Drucks. 20/8669).

Hintergrund: Handlungsbedarf bestehe, „nachdem die Europäische Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2018/2171 die Auffassung vertreten hat, dass die im StBerG vorgesehenen Ausnahmen von der Beschränkung der Erbringung von Hilfeleistung in Steuersachen unsystematisch und inkohärent seien“, erklärt die Bundesregierung.

Zum Entwurf wird ausgeführt:

  • Künftig soll auf eine abschließende Aufzählung der befugten Personen und Vereinigungen verzichtet werden. Stattdessen soll die Befugnis neu geordnet und um eine (generalklauselartig formulierte) Regelung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, die als Nebenleistung zu einer nichtsteuerberatenden Haupttätigkeit erbracht wird, ergänzt werden.
  • In diesem Zusammenhang soll auch die Befugnis von Lohnsteuerhilfevereinen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aus dem bisherigen Regelungssystem herausgenommen und gesondert geregelt werden.
  • Mit ihrem Gesetzentwurf sollen Berufs- und Interessenvereinigungen und genossenschaftliche Prüfverbände sowie Spediteure und sonstige Zollvertreter unter niedrigschwelligen Voraussetzungen (weiterhin) geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen erbringen dürfen.
  • Außerdem ist vorgesehen, die Vorschrift über die unentgeltliche Hilfeleistung in Steuersachen weitestgehend an die Regelung des § 6 RDG anzugleichen, die für die unentgeltliche Rechtsdienstleistung auf allen anderen Rechtsgebieten gilt. Damit entsteht ein kohärentes Regelungsgefüge.
  • Einen Vorschlag des Bundesrats will die Bundesregierung prüfen: Die Länderkammer will, dass sich die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch Vereine von Land- und Forstwirten neben den jeweiligen Mitgliedern auch (weiterhin) auf deren mitarbeitende Familienangehörige und Altenteiler erstreckt.

Fiskalvertretung im Umsatzsteuerrecht

Die Regelungen zur Fiskalvertretung wurden insbesondere aufgrund der gesetzlichen Änderungen durch das JStG 2019 überarbeitet und werden in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass aufgenommen (BMF, Schreiben v. 09.10.2023 – III C 3 – S 7395/19/10001 :003).

Hintergrund: Seit dem 1. Januar 1997 besteht für ausländische Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, in Deutschland einen Fiskalvertreter zu bestellen und sich von diesem bei der Erfüllung der umsatzsteuerrechtlichen Pflichten vertreten zu lassen. Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2451) wurde § 22b UStG, in dem die Rechte und Pflichten des Fiskalvertreters im Rahmen des Instituts der Fiskalvertretung (§§ 22a bis 22e UStG) geregelt werden, mit Wirkung zum 01.01.2020 geändert.

Fiskalvertreter sind nach § 22b Abs. 2 UStG nunmehr verpflichtet, neben der Umsatzsteuer-Jahreserklärung auch vierteljährliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben sowie der Umsatzsteuer-Jahreserklärung als Anlage eine Aufstellung beizufügen, die die von ihnen vertretenen Unternehmer mit deren jeweiligen Besteuerungsgrundlagen enthält. Zudem ist mit dem neu eingefügten § 22b Abs. 2a UStG geregelt, dass die Abgabe von Zusammenfassenden Meldungen (ZM) durch Fiskalvertreter nach den in § 18a UStG genannten Voraussetzungen zu erfolgen hat.

Steuerbefreiung NATO

Das BMF hat ein Schreiben zu den Regelungen zu Umsatzsteuervergünstigungen aufgrund des Ergänzungsabkommens zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere und zur Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchstabe d UStG veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 09.10.2023 – III C 3 – S 7493/19/10001 :004).

Hintergrund: Auf Grund des Artikels 14 Abs. 2 des Ergänzungsabkommens zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere (BGBl. 1969 II S. 2009) sind Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Hauptquartier ausführt, sowie Lieferungen und sonstige Leistungen an ein Hauptquartier unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für diese Umsatzsteuerbefreiungen entsprechen weitgehend den Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiungen nach Artikel 67 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Die Abschnitte B, C, E bis G und I des BMF-Schreibens vom 22. Dezember 2004 – IV A 6 – S 7492 – 13/04 – (BStBl I S. 1200) sind daher sinngemäß anzuwenden.

Zurückgezahlte Erstattungszinsen als negative Einkünfte

Wer freut sich nicht, wenn der Steuerbescheid eine Erstattung ausweist und das Finanzamt zusätzlich auch noch Erstattungszinsen auszahlt? Dass die Erstattungszinsen zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führen, die der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent unterliegen, ist zwar ärgerlich, aber angesichts der Steuererstattung verkraftbar.

Manchmal jedoch muss der Steuerbescheid noch einmal geändert werden. Sei es, dass das Finanzamt oder der Steuerpflichtige einen Fehler gemacht haben oder dass bestimmte Einkünfte noch nicht feststanden und jetzt nachträglich im Bescheid berücksichtigt werden. Dann kann aus der Erstattung schnell eine Nachzahlung werden und auch die Zinsen werden neu berechnet, sodass Erstattungszinsen zurückgezahlt werden müssen. Inwieweit es sich dabei um negative Einkünfte aus Kapitalvermögen oder um steuerlich unbeachtliche Nachzahlungszinsen handelt, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich in seinem Urteil vom 1. August 2023 (VIII R 8/21) zu entscheiden.

Der Steuerpflichtige erklärte im Streitjahr bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen negative Einnahmen aus der Rückzahlung von Zinsen zur Einkommensteuer. Erstattungszinsen stellen steuerrechtlich Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, wohingegen Nachzahlungszinsen steuerlich unbeachtlich sind. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass auch bei einer vom Finanzamt „erzwungenen“ Kapitalüberlassung in Höhe der zu viel erhobenen Steuer eine entgeltliche Kapitalüberlassung vorliegt. Die Steuererstattungsforderung wird dann so verzinst, als habe der Fiskus ein Darlehen erhalten, das ihm der Steuerpflichtige – wenn auch gezwungenermaßen – gewährt hat. Rückzahlungen dieser Erstattungszinsen führen daher grundsätzlich zu negativen Einnahmen.

Die vom Steuerpflichtigen ermittelte negative Summe der Einnahmen resultierte aus Zinsfestsetzungen aus früheren Jahren. Dabei war jeweils zunächst eine hohe Erstattungssumme und nachfolgend in einem geänderten Bescheid eine Nachzahlung ermittelt worden. Dem Ursprungsbescheid und dem geänderten Bescheid lagen dabei unterschiedlich lange Zinslaufzeiträume zugrunde. Den an das Finanzamt zurückgezahlten Betrag berücksichtigte der Steuerpflichtige als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in seiner Steuererklärung.

Das Finanzamt erkannte die von dem Steuerpflichtigen im Streitjahr gezahlten Zinsen nur insoweit als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an, als diese auf dieselbe Bemessungsgrundlage und denselben Verzinsungszeitraum wie die zuvor festgesetzten Erstattungszinsen zur Einkommensteuer entfielen. Im Übrigen behandelte es die gezahlten Beträge als nicht abzugsfähige Nachzahlungszinsen. Dieser Einschätzung folgten sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof.

Negative Einnahmen liegen nur bei Rückabwicklung der Zinszahlung vor. Ausweislich der Urteilsbegründung liegen negative Einnahmen in diesem Sinne nur dann vor, wenn die Rückzahlung der Zinseinnahmen durch das der Auszahlung zugrundeliegende Rechtsverhältnis veranlasst ist, es also zu einer Rückabwicklung der früheren Zinszahlung kommt. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich und so auch im Streitfall nur insoweit erfüllt, als die aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung von dem Steuerpflichtigen an das Finanzamt gezahlten Zinsen für denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum anfallen. Denn nur insoweit ist die Rückzahlung der Zinsen an das Finanzamt durch das der Auszahlung von Erstattungszinsen zugrundeliegende Rechtsverhältnis veranlasst.

Soweit es hingegen an einer zeitlichen und betragsmäßigen Überschneidung der gegenläufigen Unterschiedsbeträge und Verzinsungszeiträume fehlt, liegt keine Rückzahlung erhaltener Erstattungszinsen, sondern die (erstmalige) Zahlung von Nachzahlungszinsen vor.

Nachzahlungszinsen wirken sich nicht steuermindernd aus. Würde man bei der Frage, in welchem Umfang die Rückzahlung erhaltener Zinsen als Rückerstattung von Erstattungszinsen oder als erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen anzusehen ist, an den im Festsetzungsteil des Zinsbescheids enthaltenen Saldo anknüpfen, wären im Ergebnis auch einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Nachzahlungszinsen steuermindernd berücksichtigt, was der gesetzlichen Regelung zuwiderliefe. Zudem würden bei einer solchen Betrachtung auch solche Zinsbeträge berücksichtigt, die außerhalb des ursprünglichen Verzinsungszeitraums liegen und deshalb schon begrifflich nicht „rückabgewickelt“ werden können.

Fazit: Werden Steuerbescheide und zeitgleich auch Zinsfestsetzungen geändert, muss sehr genau geschaut werden, in welcher Höhe diese als (negative) Einnahmen aus Kapitalvermögen im Zahlungsjahr zu berücksichtigen sind. Nur soweit die Zinszahlungszeiträume übereinstimmen, ist ein Ansatz möglich.