Tonnagebesteuerung: Vorlage an das BVerfG

Der BFH hat das BVerfG angerufen, um die Frage zu klären, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG i.d.F. des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) v. 02.06.2021 (BGBl I 2021, 1259) gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt, soweit diese Vorschrift die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.F. des AbzStEntModG für Wirtschaftsjahre anordnet, die nach dem 31.12.1998 beginnen (BFH, Beschluss v. 19.10.2023 – IV R 13/22; veröffentlicht am 01.02.2024).

Hintergrund: Gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG ist ein nach Maßgabe des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ermittelter und nach Satz 2 gesondert und einheitlich festgestellter Unterschiedsbetrag in dem Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils aufzulösen und dem Gewinn hinzuzurechnen. Der aufzulösende Betrag wird dem Gewinnanteil desjenigen Mitunternehmers anlässlich seines Ausscheidens aus der Gesellschaft zugerechnet, für den im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechende Anteile an Unterschiedsbeträgen festgestellt wurden.

Nach der jahrzehntelang geltenden Verwaltungsauffassung und -praxis ging der Unterschiedsbetrag bei einer Buchwertfortführung auf den Rechtsnachfolger über. Entsprechend erfolgte beim Rechtsvorgänger keine Hinzurechnung (BMF, Schreiben v. 12.06.2002 – IV A 6 – S 2133a – 11/02, BStBl. I 2002, 614, Rd. 28, in der Fassung des BMF-Schreibens v. 31.08.2008 – IV C 6 – S 2133-a/07/10001, BStBl. I 2008, 956). Diese sich im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut befindliche Anwendungspraxis hatte ihren Hintergrund in einer sachlichen Billigkeit, weil anderenfalls in den Fällen eine erhebliche Schlechterstellung vorgelegen hätte, in denen die Sonderabschreibung nach § 82 f EStDV in Anspruch genommen worden war.

Nach dem Urteil des FG Hamburg v. 19.12.2017 – 2 K 277/16 sollte der Unterschiedsbetrag bei steuerneutralen Anteilsübertragungen zu Buchwerten (§ 6 Abs. 3 EStG, § 24 UmwStG) hingegen nicht auf den Rechtsnachfolger des Gesellschafters übergehen. Der BFH hatte mit Urteilen v. 28.11.2019 – IV R 28/19 und v. 29.04.2020 – IV R 17/19 die vom FG Hamburg vertretene Ausfassung bestätigt und entschieden, dass der in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG angeführte Tatbestand des Ausscheidens eines Gesellschafters auch Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG umfasse: Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasse jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, d.h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheide. Danach scheide auch derjenige im Sinne des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aus, der seinen Anteil unentgeltlich auf einen anderen übertrage, sei es im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge (BFH, Urteil v. 01.10.2020 – IV R 4/18, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 11.03.2021).

Die Neufassung des § 5a Abs. 4 EStG durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz v. 02.06.2021 (BGBl. I 2021, 1259) stellt nach Auffassung der Vorinstanz eine Reaktion des Gesetzgebers auf diese Rechtsprechung dar (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 27.04.2022 – 5 K 48/21). Die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG geregelte rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.1998 hält die Vorinstanz für verfassungsgemäß. Eine echte Rückwirkung liege nicht vor, da der Gesetzgeber die bestehende, über Jahrzehnte geübte Verwaltungspraxis formal in Gesetzesform gegossen habe (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 04.10.2022).

Dem folgten die Richter des BFH nicht:

  • Die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG n.F. angeordnete rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. ist nach Überzeugung des vorlegenden Senats verfassungswidrig (gleiche Ansicht: FG Hamburg, Vorlagebeschluss v. 24.11.2022 – 6 K 68/21; HHR/Barche, § 5a EStG Rz 74; kritisch zur Rückwirkung auch Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 5a Rz 27a; andere Ansicht: z.B. Brandis/Heuermann/Hofmeister, § 5a EStG Rz 88).
  • Die Regelung stellt für das Streitjahr 2013 sowohl in formaler als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Ausnahmen von dem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze sind nicht ersichtlich.
  • So wurde durch die Neuregelung nicht etwa eine Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, die zuvor einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprochen hat.
  • Zwar hat es über einen langen Zeitraum eine einheitliche Verwaltungspraxis gegeben, die inhaltlich mit § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. übereinstimmt.
  • Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt von den Instanzgerichten oder dem BFH geteilt (s. FG Hamburg, Urteil v. 19.12.2017 – 2 K 277/16 sowie Beschluss v. 10.12.2019 – 6 V 278/19, BFH, Urteile v. 28.11.2019 – IV R 28/19 und v. 29.04.2020 – IV R 17/19 sowie BFH, Urteil v. 21.02.2022 – I R 13/19, Rz 16).
  • Nach Auffassung des Senats kann eine – das Vertrauen des Bürgers in die Geltung eines Gesetzes zerstörende – einheitliche „Rechtsüberzeugung“ nicht gegeben sein, solange die in Rede stehende Verwaltungspraxis keine Zustimmung durch die Rechtsprechung erfahren hat. Erst recht liegt keine einheitliche „Rechtsüberzeugung“ vor, wenn die zuständige Fachgerichtsbarkeit – so wie hier – einheitlich eine von der Verwaltungspraxis abweichende Rechtsauffassung vertritt.
  • Verfassungsrechtlich ist das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Verlässlichkeit der durch den Gesetzgeber geschaffenen und in die durch die Gerichte für richtig erkannte Rechtslage schutzwürdig, nicht aber ein Vertrauen in die veröffentlichte Verwaltungsauffassung. Wollte man dies anders sehen, könnte die Finanzverwaltung die Gesetzesauslegung stark vorprägen und die nach der Verfassung allein den Gerichten anvertraute rechtsprechende Gewalt inhaltlich nachhaltig beschneiden. Denn der Gesetzgeber könnte in derartigen Fällen eine ihm nicht genehme Auslegung eines Gesetzes durch die Rechtsprechung auch mit echter Rückwirkung im Sinne der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ändern.
  • Die vom FA und dem BMF angeführten Argumente führen ebenfalls zu keiner abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung.
  • Ebenso ist eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG n.F. im Streitjahr nicht anwendbar ist, nicht möglich.

Bewertung: Ermittlung des Gebäudesachwerts

Das BMF hat gem. § 190 Abs. 4 Satz 4 BewG die maßgebenden Baupreisindizes zur Anpassung der Regelherstellungskosten aus der Anlage 24, Teil II., BewG bekannt gegeben, die für Bewertungsstichtage im Kalenderjahr 2024 bei Ermittlung des Gebäudesachwerts anzuwenden sind (BMF, Schreiben v. 30.01.2024 – IV D 4 – S 3225/20/10001 :005).

Sie lauten:

Baupreisindizes (nach Umbasierung auf das Jahr 2010 = 100)
Gebäudearten*

1.01. bis 5.1. Anlage 24, Teil II., BewG

Gebäudearten*

5.2. bis 18.2. Anlage 24, Teil II., BewG

177,9 181,3

*Die Bestimmungen in der Anlage 24, Teil II., BewG zum Teileigentum und zur Auffangklausel gelten analog.

Körperschaftsteuer: Unionsrechtmäßigkeit der Fondsbesteuerung

Ein nach luxemburgischem Recht errichteter Fonds für gemeinsame Anlagen in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds kann als Zweckvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes zu qualifizieren sein und mit seinen inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen (BFH, Urteil v. 11.10.2023 – I R 23/23 (I R 33/17), veröffentlicht am 01.02.2024.

Kuchenverkauf an Schulen in NRW und Baden-Württemberg

Die Finanzministerien Baden-Württemberg und NRW haben sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Kuchenverkaufs an Schulen und Kitas geäußert.
Hintergrund: Aufgrund europarechtlicher Vorgaben hat der Bund die Umsatzsteuerbesteuerung der öffentlichen Hand neu geregelt. Ab 2025 ist auch die öffentliche Hand grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Allerdings gibt es Ausnahmen bei bestimmten hoheitlichen Aufgaben, etwa bei der Ausstellung von Personalausweisen. Die künftige Neuregelung der Besteuerung der öffentliche Hand sorgte vielfach für Nachfragen, ob künftig beispielsweise auch der Kuchenverkauf an Schulen besteuert werden muss.

Hierzu führt das FinMin NRW weiter aus:

  • Ein Verkauf durch wechselnde Schülergruppen bzw. Klassen, Elterninitiativen oder die Schülervertretungen ist auch künftig nicht umsatzsteuerpflichtig, wenn die Leistungen nicht der Schulträgerkommune zugerechnet werden, sondern der jeweiligen Schülergruppe oder Elterninitiative. Dies ist der Fall, wenn diese nach außen z.B. auf Aushängen, Plakaten und Handzetteln oder mittels elektronischer Medien auftritt und insoweit neben der Schule als selbständiges unternehmerfähiges Gebilde anzusehen ist.
  • Für den Kuchenverkauf im Rahmen von Schulfesten fällt somit in aller Regel keine Umsatzsteuer an, da die einzelne Schülergruppe oder Elterninitiative nicht nachhaltig tätig wird und damit nicht als Unternehmer anzusehen ist. Diese Regel gilt auch für andere gelegentliche Verkäufe von Schülern oder Eltern wie zum Beispiel für den Pizzaverkauf. Auch Eintrittsgelder für Aufführungen von Schülergruppen in Schulen wie der Theater-AG oder des Schulchors unterliegen in diesen Fällen nicht der Umsatzsteuer. Damit ändert sich an Schulen nichts an der bestehenden Praxis.
  • Die Regelung gilt auch für Kindertagesstätten oder andere Bildungseinrichtungen.
  • Ausnahmen gelten nur, wenn die entsprechende Gruppe regelmäßig und nachhaltig, z.B. wöchentlich, solche Veranstaltungen durchführt. Allerdings entsteht auch in diesen Fällen keine Umsatzsteuer, wenn die Einnahmen im vorangegangenen Jahr weniger als 22.000 € betragen haben und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen werden.

Das FinMin Baden-Württemberg schreibt hierzu:

  • Um bürokratischen Aufwand zu vermeiden, sind Verkäufe durch Schüler oder Eltern auch weiterhin nicht umsatzsteuerpflichtig. Das gilt für Verkäufe in den Schulen und Kindertagesstätten, ebenso wie für Verkäufe auf Wochenmärkten oder anderen Anlässen außerhalb von Schulen und Kindertagesstätten.
  • Die Regel gilt auch für andere gelegentliche Verkäufe von Schülern oder Eltern wie zum Beispiel für den Pizzaverkauf. Auch Eintrittsgelder für Aufführungen von Schülergruppen in Schulen wie der Theater-AG oder des Schulchors unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
  • Die Regelung ist kompakt am Beispiel Kuchen auf diesem Schaubild dargestellt.

Quellen: FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 8.12.2023 sowie FinMin NRW, Pressemitteilung v. 28.12.2023 (il)

Neuregelungen im Februar 2024 (Bundesregierung)

Die Zuzahlung bei Medikamenten wird neu geregelt. Die Herkunft von unverpacktem Fleisch muss nun auch gekennzeichnet werden – und Batterien enthalten mehr recycelte Metalle. Die Bundesregierung informiert über die gesetzlichen Neuregelungen zum Februar 2024.

Gesundheit

Zuzahlung bei Medikamenten

Rezeptpflichtige Medikamente aus der Apotheke sind in der Regel zuzahlungspflichtig. Ist das Medikament nicht in der gewünschten Packungsgröße vorrätig und werden stattdessen mehrere kleinere Packungen ausgegeben, wird es ab dem 01.02.2024 preiswerter: Wer zum Beispiel statt einer 100-Stück-Packung zwei 50-Stück-Packungen erhält, für den wird die Zuzahlung nur einmal fällig statt bisher zweimal.

Weitere Informationen

Verbraucherschutz

Herkunftsangabe bei unverpacktem Fleisch

Die Herkunft von Fleisch muss gekennzeichnet sein – das gilt ab dem 1.2.2024 auch bei nicht verpacktem, unverarbeitetem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Darauf müssen sich vor allem Fleischtheken und Metzgereien, aber auch Hofläden und Wochenmärkte einstellen. Die Kennzeichnung war bisher nur bei verpacktem Fleisch vorgeschrieben. Für unverpacktes Rindfleisch besteht bereits eine Pflicht zur Herkunftskennzeichnung.

Weitere Informationen

Mehr recycelte Metalle in Batterien

Ab dem 18.02.2024 gilt die Europäische Batterieverordnung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dann müssen Batterien einen gewissen Prozentsatz recycelter Metalle enthalten. Ab 2025 werden schrittweise Vorgaben zum Recyceln und Sammeln alter Batterien eingeführt und erhöht. Ab 2027 sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Geräte-Batterien und -Akkus selbst ein- und ausbauen können – was etwa die Lebensdauer von Handys erhöht. Auf jeder Batterie steht dann ein Etikett und ein QR-Code mit Angaben zur Lebensdauer, Ladekapazität, Haltbarkeit, chemischer Zusammensetzung, gefährlichen Inhaltsstoffen und Sicherheitsrisiken.

Justiz

Ersatzfreiheitsstrafe wird halbiert

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, muss dafür ersatzweise ins Gefängnis. Künftig wird die Dauer der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe halbiert. Betroffene müssen zudem in Zukunft auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass sie alternativ zur Haft auch soziale Arbeit zugunsten der Allgemeinheit verrichten können.

Anwendung des DBA-Luxemburg

Das BMF hat eine Konsultationsvereinbarung zur einheitlichen Anwendung und Auslegung des DBA-Luxemburg veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 15.01.2024 – Z IV B 3 – S 1301-LUX/23/10001 :001).

Hintergrund: Zur einheitlichen Anwendung und Auslegung des DBA-Luxemburg haben die zuständigen Behörden gestützt auf Artikel 24 Absatz 3 DBA-Luxemburg eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen.

Hierzu führt das BMF weiter aus:

Die Abschnitte III. und VI. der Konsultationsvereinbarung sind entsprechend Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d) des Änderungsprotokolls vom 6. Juli 2023 ab dem 1.1.2024 anzuwenden. Im Übrigen ist die Konsultationsvereinbarung auf alle Fälle anzuwenden, die zum Zeitpunkt ihrer Anwendung noch nicht abgeschlossen oder die Gegenstand eines Verständigungsverfahrens sind.

Die Konsultationsvereinbarung ersetzt die folgenden Vereinbarungen entsprechend der jeweils in Abschnitt VIII. Absätze 1 und 2 vereinbarten Anwendungszeitpunkte:

  • Verständigungsvereinbarung betreffend die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern vom 26.05.2011;
  • Verständigungsvereinbarung betreffend die Besteuerung von Abfindungszahlungen, Abfindungen und Entschädigungen in Folge einer Kündigung und/oder eines Sozialplans sowie Arbeitslosengeld vom 07.09.2011;
  • Verständigungsvereinbarung betreffend die Besteuerung der Löhne von Berufskraftfahrern, Lokomotivführern und Begleitpersonal, die in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig und für ein in dem anderen Vertragsstaat ansässiges Unternehmen tätig sind vom 07.09.2011.

Besteuerung der Energiepreispauschale

Zur Besteuerung der Energiepreispauschale (EPP) ist ein Verfahren vor dem FG Münster anhängig. Hierauf macht der DStV aufmerksam.

Hintergrund: Ab September 2022 wurde die EPP als Kompensation für die hohen Energiekosten ausgezahlt. Von der Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro profitierten Arbeitnehmer, Selbständige und schließlich auch Rentner. Aber: sie unterlag der Einkommensteuer. Beanstandet wurde die Besteuerung der EPP schon damals im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerentlastungsgesetz 2022 von vielen Seiten.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hatte bereits im April 2022 in seiner Stellungnahme S 05/22 gefordert, von einer Besteuerung der EPP abzusehen. Aus rechtssystematischen Gründen kritisierte er, dass dieser Zuschuss einer Einkunftsart im EStG zugeordnet wird. Leider ist das Steuerentlastungsgesetz 2022 ohne Anpassungen bei der Steuerpflicht der EPP in Kraft getreten.

Aktuell ist zur Frage der Rechtmäßigkeit der Besteuerung der EPP eine Klage beim FG Münster anhängig (Az. 14 K 1425/23 E). Somit bleibt abzuwarten, ob schon bald der BFH oder das BVerfG die Steuerpflicht dieser Entlastungsmaßnahme unter die Lupe nehmen wird. Inwieweit das Einlegen eines Einspruchs und ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens – zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder später – sinnvoll ist, hat der Steuerberater mit seinen Mandanten im konkreten Einzelfall zu entscheiden.

(Abschluss-)Provision des Mobilfunkanbieters

Das BMF hat zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer (Abschluss-)Provision eines Mobilfunkunternehmens an den Vermittler von Mobilfunkverträgen für den Fall Stellung genommen, in dem die Provision unabhängig von der Abgabe eines Mobilfunkgeräts gezahlt wird und den UStAE entsprechend angepasst (BMF, Schreiben v. 23.01.2024 – III C 2 – S 7200/19/10003 :019).

Hintergrund: Abschnitt 10.2 Abs. 5 Sätze 7 und 8 UStAE lauten wie folgt: Liefert der Vermittler eines Mobilfunkvertrags im eigenen Namen an den Kunden ein Mobilfunkgerät oder einen sonstigen Elektronikartikel und gewährt das Mobilfunkunternehmen dem Vermittler auf Grund vertraglicher Vereinbarung eine von der Abgabe des Mobilfunkgeräts oder sonstigen Elektronikartikels abhängige Provision bzw. einen davon abhängigen Provisionsbestandteil, handelt es sich bei dieser Provision oder diesem Provisionsbestandteil insoweit nicht um ein Entgelt für die Vermittlungsleistung an das Mobilfunkunternehmen, sondern um ein von einem Dritten gezahltes Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG für die Lieferung des Mobilfunkgeräts oder des sonstigen Elektronikartikels (vgl. BFH, Urteil v. 16. 10.2013 – XI R 39/12, BStBl 2014 II S. 1024. Dies gilt unabhängig von der Höhe einer von dem Kunden zu leistenden Zuzahlung.

Hierzu führt das BMF weiter aus:

In Abschnitt 10.2 Abs. 5 UStAE wird nach Satz 8 folgender Satz 9 angefügt:

„Wird zwischen dem Mobilfunkunternehmen und dem Vermittler ein Vertrag geschlossen, nach dem das Mobilfunkunternehmen dem Vermittler eine (Abschluss-) Provision unabhängig von der Abgabe eines Mobilfunkgeräts (vertragliche Entkopplung) an den Endkunden zahlt, stellt die Provision insgesamt Entgelt für die Vermittlungsleistung dar.“

Zivilrecht: Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Der BGH hat über fünf Revisionen entschieden, in denen sich in unterschiedlichen Konstellationen die Frage stellte, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko: BGH, Urteile v. 16.01.2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23).

Hintergrund: Schon nach bisheriger Rechtsprechung liegt das Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. In einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Nicht erfasst vom Werkstattrisiko sind Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mitausgeführt worden sind. Der Geschädigte trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein und die Unfallbedingtheit der jeweiligen Fahrzeugschäden.

Hierzu führt der BGH u. a. weiter aus:

  • Im Verfahren VI ZR 253/22 hat der BGH klargestellt, dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit überhöht sind. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch insofern findet die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt. Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten.
  • Der BGH hat ferner entschieden (VI ZR 51/23), dass der Geschädigte bei Beauftragung einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er ist daher nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen. Aber auch wenn der Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholt und die Auswahl des Sachverständigen der Werkstatt überlässt („Schadensservice aus einer Hand“), führt allein dies nicht zur Annahme eines Auswahl- oder Überwachungsverschuldens.
  • Die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen (VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23):
  • Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt nicht (vollständig) beglichen, ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht. Zugleich wäre der Geschädigte durch den Schadensersatz bereichert, wenn er vom Schädiger den vollen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag erhielte, gegenüber der Werkstatt aber die Zahlung eines Teilbetrages unter Berufung auf den insoweit fehlenden Vergütungsanspruch oder auf einen auf Freistellung gerichteten Gegenanspruch verweigerte. Demgegenüber wäre der Schädiger schlechter gestellt, als wenn er die Reparatur der beschädigten Sache selbst veranlasst hätte; denn im letzteren Fall hätte er als Vertragspartner der Werkstatt die Zahlung der zu hoch berechneten Vergütung verweigern können.
  • Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt. Wählt der Geschädigte bei unbezahlter Rechnung hingegen Zahlung an sich selbst, so trägt er und nicht der Schädiger das Werkstattrisiko. Er hat dann im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Reparaturmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden und dass die Reparaturkosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt nicht erforderlich sind. Schließlich steht es dem Geschädigten im Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO frei, vom Schädiger statt Zahlung Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber der Werkstatt zu verlangen. In diesem Fall richtet sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber der Werkstatt eingegangen ist, beschwert ist. Es ist also die Berechtigung der Forderung, von der freizustellen ist, und damit die werkvertragliche Beziehung zwischen Geschädigtem und Werkstatt maßgeblich.
  • Schließlich hat der Senat entschieden (VI ZR 38/22, VI ZR 239/22), dass sich die Option des Geschädigten, sich auch bei unbeglichener Rechnung auf das Werkstattrisiko zu berufen, nicht im Wege der Abtretung auf Dritte übertragen lässt (Rechtsgedanke des § 399 BGB). Denn der Schädiger hat insoweit ein besonders schutzwürdiges Interesse daran, dass der Geschädigte sein Gläubiger bleibt. Allein im Verhältnis zu diesem ist nämlich die Durchführung des Vorteilsausgleichs in jedem Fall möglich, weil der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und die im Wege des Vorteilsausgleichs abzutretenden (etwaigen) Ansprüche gegen die Werkstatt in einer Hand (beim Geschädigten) liegen. Im Ergebnis trägt daher bei Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht stets der Zessionar das Werkstattrisiko.

Behandlung von Vorsorgeaufwendungen

Das BMF ändert das BMF-Schreiben v. 24.05.2017 (zuletzt geändert durch BMF-Schreiben v. 16.12.2021) im Hinblick auf Bonuszahlungen auf der Grundlage von § 65a SGB V (BMF, Schreiben v. 28.12.2023 – IV C 3 – S 2221/20/10012 :005).

Das BMF ändert die Rz. 89b wie folgt:

Aus Vereinfachungsgründen wird davon ausgegangen, dass Bonuszahlungen auf der Grundlage von § 65a SGB V bis zur Höhe von 150 Euro pro versicherte Person Leistungen der GKV darstellen. Übersteigen die Bonuszahlungen diesen Betrag, liegt in Höhe des übersteigenden Betrags eine Beitragsrückerstattung vor. Etwas anderes gilt nur, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf Leistungen der GKV gemäß Rz. 89 beruhen. Diese Regelung gilt für bis zum 31.12.2024 geleistete Zahlungen.