Bürokratieentlastungsgesetz IV

Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat den Referentenentwurf für ein „Viertes Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ veröffentlicht (Stand: 11.01.2024).

Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

  1. Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Steuer- und Handelsrecht:

Nach bisher geltendem Recht sind Buchungsbelege grundsätzlich zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist für diese Belege soll auf acht Jahre verkürzt werden. Im Einzelnen betrifft dies Änderungen des HGB, des Einführungsgesetzes zum HGB, der AO und des EGAO sowie des UStG.

  1. Abbau von Melde- und Informationspflichten

Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige soll entfallen. Zudem sieht das Gesetz die Abschaffung von Anzeige- beziehungsweise Informationspflichten in weiteren Bereichen vor, wie die Aufhebung einer Anzeigepflicht nach dem Mess- und Eichgesetz sowie einer Informationspflicht nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz.

  1. Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung

Der digitale Wandel soll insbesondere durch den Verzicht oder die Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht gefördert werden. So soll beispielsweise das Schriftformerfordernis für Gewerberaum-Mietverträge gestrichen werden. Weitere Erleichterungen im Hinblick auf Formerfordernisse betreffen das Vereinsrecht und das Schuldrecht. Auch im Wirtschaftsrecht und in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen sollen Schriftformerfordernisse herabgestuft werden; dort soll dann künftig überwiegend die Textform gelten.

Darüber hinaus soll die Digitalisierung insbesondere durch folgende Maßnahmen gefördert werden:

  • Änderungen im Passgesetz: Bei der Flugabfertigung sollen Reisepässe künftig digital ausgelesen werden können.
  • Änderungen des BGB, des HGB, der BNotO und der Versteigererverordnung sollen es künftig erlauben, öffentliche Versteigerungen online per Live-Stream mit Online-Gebotsabgaben oder in hybrider Form (vor Ort und virtuell) durchzuführen.
  • Vermieter sollen künftig bei Betriebskostenabrechnungen Belege auch digital zur Einsichtnahme bereitstellen können.
  • Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer soll künftig die Nutzung einer Portallösung für Anmeldungen zum Wirtschaftsprüferexamen und zur Eignungsprüfung sowie für Mitteilungen an das Berufsregister ermöglichen. Auf die Vorlage von Urschriften und beglaubigten Abschriften soll verzichtet werden. Ferner soll eine IT-gestützte Durchführung von schriftlichen Examensprüfungen ermöglicht werden.
  • Die Einführung der Textform für Anträge auf Elternzeit soll die Kommunikation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern erleichtern. Zudem soll der automatisierte Datenabruf bei den Standesämtern den Nachweis von Geburten bei der Beantragung von Elterngeld erleichtern.
  • Auch Änderungen im Arbeitszeitgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz sollen die stärkere Nutzung digitaler Verfahren widerspiegeln.
  • Die Änderung des SGB II und des SGB IV soll die elektronische Übertragung der Daten über die Arbeitsunfähigkeit von Empfängern von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den gesetzlichen Krankenkassen an die zuständigen Behörden erlauben.
  1. Projekte zur Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung

Weitere Änderungen zielen auf eine Vereinfachung von Verwaltungsabläufen beziehungsweise deren Beschleunigung ab.

Quelle: Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie, veröffentlicht auf der Homepage des BMJ (il)

Vermittlungsausschuss beschließt Kompromiss beim Wachstumschancengesetz

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am 21. Februar 2024 Änderungen zum umstrittenen Wachstumschancengesetz vorgeschlagen. Diese würden zu Entlastungen von 3,2 Milliarden Euro führen.

Das Vermittlungsergebnis enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, wie die

  • Einführung einer degressiven Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude in Höhe von 5 Prozent,
  • Einführung einer degressiven AfA auf bewegliche Wirtschafsgüter für 9 Monate,
  • auf vier Jahre befristete Anhebung des Verlustvortrags auf 70% (ohne Gewerbesteuer),
  • Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.

Außerdem sind u. a. Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau enthalten.

Der Vermittlungsausschuss hat außerdem beschlossen, aus dem Wachstumschancengesetz u.a. die Einführung einer Klimaschutz-Investitionsprämie und die Mitteilungspflichten innerstaatlicher Steuergestaltungen zu streichen.

BESTÄTIGUNG IN BUNDESTAG UND BUNDESRAT ERFORDERLICH

Im nächsten Schritt stimmt der Bundestag am 23. Februar 2024 über das geänderte Gesetz ab. Damit es in Kraft treten kann, muss ihm auch der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung am 22. März 2024 zustimmen.

ERGEBNIS DER 3. SITZUNG DES VERMITTLUNGSAUSSCHUSSES:

  • Ergebnis der 3. Sitzung des Vermittlungsausschusses am 21. Februar 2024 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/downloads/DE/va/20240221-ergebnis-va-sitzung.pdf;jsessionid=E8BDFD09D34A664ABBD83EA8977AFC2D.live541?__blob=publicationFile&v=1

Geänderte Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug für/ab 2024

Das BMF hat den Entwurf des Bekanntmachungsschreibens zu den geänderten Programmablaufplänen für den Lohnsteuerabzug für/ab 2024 und die Entwürfe der Programmablaufpläne (Anlagen 1 bis 3) mit Stand: 29.01.2024 veröffentlicht.

Hierzu führt das BMF weiter aus:

  • Die Programmablaufpläne berücksichtigen u. a. die Anpassungen des Einkommensteuertarifs, der Zahlenwerte in § 39b Absatz 2 Satz 7 EStG und des Kinderfreibetrags durch das Inflationsausgleichgesetz, die Beitragsbemessungsgrenzen für 2024, einen Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung von 1,7 % sowie Änderungen nach dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 in Bezug auf die Berücksichtigung des Beitragsabschlags für zu berücksichtigende Kinder bei Arbeitnehmern, die in der inländischen sozialen Pflegeversicherung versichert sind.
  • Die Programmablaufpläne sind spätestens ab dem 1. April 2024 anzuwenden.
  • Es wird an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um Entwürfe handelt, die rechtlich nicht verbindlich sind und noch Änderungen unterliegen können. Die verbindlichen Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug für/ab 2024 werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht.

Wirtschaftsförderung: Bund erweitert Kapitalzugang für Start-up-Firmen

Die Bundesregierung will den Kapitalzugang für junge, innovative Technologie-Unternehmen erweitern. Damit sollen Start-ups, die z. B. in Künstliche Intelligenz, Klima-, Quanten- oder Biotechnologie investieren, noch stärker gefördert sowie die Exitmöglichkeiten für deutsche und europäische Start-ups vergrößert werden. Zudem sollen bestehende Kooperationen mit institutionellen Investoren vertieft und junge Start-ups beim Impact Investing unterstützt werden.

Die Bundesregierung sieht hierfür 1,6 Miliarden Euro aus dem Zukunftsfonds vor, die bisher als strategische Reserve gehalten wurden, sowie 150 Milionen Euro aus dem ERP-Sondervermögen.

Die Mittel sollen wie folgt investiert werden:

  • 850 Millionen Euro soll KfW Capital gemeinsam mit privaten Venture Capital-Fonds für Direktinvestitionen in junge Start-ups in innovativen Technologiebereichen einsetzen. Die Unternehmen sollen auf ihrem kapitalintensiven Wachstumspfad so unterstützt werden, dass sie sich auf dem Weltmarkt behaupten können und den Standort Deutschland zukunftsfest machen.
  • Bis zu 500 Millionen Euro sind als deutscher Beitrag zur Stärkung der Exit-Finanzierung europäischer Tech-Champions vorgesehen. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern ist der Aufbau einer europäischen Exit-Initiative vorgesehen. Hiermit soll der Grundstein gelegt werden, dass erfolgreiche deutsche und europäische Start-ups für Exits nicht in außereuropäische Märkte ausweichen müssen.
  • 200 Millionen Euro sollen KfW Capital für eine Fortsetzung des erfolgreich angelaufenen Wachstumsfonds Deutschland zur Verfügung gestellt werden. Es gilt das Erfolgsmodell des Wachstumsfonds zu verstetigen und weiteres Kapital institutioneller Anleger zu mobilisieren.
  • 200 Millionen Euro sind für Investitionen von KfW Capital in sog. Impact Venture Capital-Fonds vorgesehen, die zusätzlich zur finanziellen Rendite auf eine messbare positive, soziale oder ökologische Wirkung abzielen. Hiermit soll das neue Marktsegment des Impact Investing gezielt unterstützt werden.

Hinweis:

Mit der Ausgestaltung und Entwicklung der einzelnen Produkte wird nun gestartet. Die sukzessive Einführung der Produkte soll voraussichtlich bereits zum Jahresende 2024 beginnen.

Reiserecht: Entschädigung bei Flugverspätung

Der EuGH hat entschieden, dass ein Fluggast keinen Anspruch auf Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung hat, wenn er sich wegen eines mit großer Verspätung angekommenen Fluges nicht zum Flugsteig begeben hat oder wenn er mit einem selbst gebuchten Ersatzflug das Ziel mit weniger als drei Stunden Verspätung erreicht (EuGH, Urteile v. 25.01.2024 – C-474/22 „Laudamotion“ (Verzicht auf einen verspäteten Flug) sowie C-54/23 „Laudamotion und Ryanair“ (Ersatzflug).

Streitfälle: Für zwei Flüge der Fluggesellschaft Laudamotion von Düsseldorf nach Palma de Mallorca wurde eine Verspätung von mehr als drei Stunden angekündigt. Zwei Fluggäste beschlossen, den Flug nicht anzutreten, da sie befürchteten, dass sie durch die Verspätung des von ihnen gebuchten Fluges einen Geschäftstermin verpassen würden. Der Flug des ersten Fluggasts kam tatsächlich mit drei Stunden und 32 Minuten Verspätung an. Der zweite Fluggast buchte selbst einen Ersatzflug, dank dessen er den Zielort mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden gegenüber dem ursprünglichen Flug erreichte.

Die Rechtshilfegesellschaft flightright, an die der erste Fluggast seine Ansprüche abgetreten hat, und der zweite Fluggast erhoben bei den deutschen Gerichten Klagen gegen Laudamotion, um die pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro zu erhalten, auf die jeder Fluggast nach der Fluggastrechteverordnung bei einer Verspätung eines Fluges von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit grundsätzlich Anspruch hat. Der BGH hat die Verfahren ausgesetzt und den EuGH zur Beantwortung der streitigen Fragen angerufen.

Der EuGH hat entschieden, dass diese beiden Fallgestaltungen keinen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung begründen:

  • Das Gericht verweist auf seine Rechtsprechung, wonach Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichsanspruchs Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden, wenn die Verspätung drei Stunden oder mehr beträgt (EuGH, Urteile v. 19.11.2009 – C-402/07 „Sturgeon u.a.“ sowie C-432/07 und v. 07.07.2022 – C-308/21 „SATA International“).
  • Der entscheidende Gesichtspunkt, der den Gerichtshof zu dieser Gleichstellung veranlasst hat, besteht darin, dass die Fluggäste eines Fluges mit großer Verspätung ebenso wie die Fluggäste eines annullierten Fluges einen Schaden erleiden, der in einem irreversiblen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr besteht.
  • Ein Fluggast, der sich nicht zum Flughafen begeben hat, hat aber aller Wahrscheinlichkeit nach keinen solchen Zeitverlust erlitten. Außerdem soll ein Flug, der eine große Verspätung hat, dennoch durchgeführt werden, so dass die Abfertigung vorgenommen werden muss.
  • Daraus folgt, dass Fluggäste eines solchen Fluges nicht von der Pflicht, sich zur Abfertigung einzufinden, befreit sind – anders als Fluggäste eines annullierten Fluges, für den eine solche Befreiung in der Fluggastrechteverordnung ausdrücklich vorgesehen ist.
  • Die Fluggastrechteverordnung zielt darauf ab, Schäden wiedergutzumachen, die für alle betroffenen Fluggäste praktisch identisch sind. Ein Schaden, der durch das Versäumen eines Geschäftstermins verursacht wurde, ist allerdings ein individueller Schaden. Er könnte daher nur mittels eines „weiter gehenden Schadensersatzes“ ausgeglichen werden.
  • Darüber hinaus hat ein Fluggast, der den Flug, für den er über eine bestätigte Buchung verfügte, freiwillig nicht angetreten hat und der dank eines Ersatzflugs, für den er auf eigene Initiative einen Platz reserviert hat, das Endziel mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden gegenüber der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht hat, keinen Zeitverlust erlitten, der zu einer pauschalen Ausgleichszahlung berechtigt.
  • Der Gerichtshof weist darauf hin, dass mit der Fluggastrechteverordnung Ärgernissen und „großen Unannehmlichkeiten“, die Fluggäste im Zusammenhang mit einem Flug erleiden, abgeholfen werden soll. Eine solche Unannehmlichkeit, die sich möglicherweise daraus ergibt, dass ein Fluggast selbst einen Ersatzflug finden musste, kann jedoch nicht als „groß“ im Sinne der Fluggastrechteverordnung angesehen werden, wenn der Fluggast sein Endziel mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden erreicht hat.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 25.01.2024 (il)

Körperschaftsteuer: Leasing-Restwertmodell

Die beim Leasing-Rest­wert­modell von einem Kraft­fahr­zeug-Händler an einen Auto­mobil­produ­zenten zur Über­nahme des Rest­wert­risikos (Rest­wert­absiche­rung) zu leistenden „Beteili­gungs­beträge“ sind im Zeit­punkt der Zusage der Rest­wert­absiche­rung nicht als Verbind­lich­keit zu passivieren (BFH, Urteil v. 13.09.2023 – XI R 20/20; veröffent­licht 08.02.2024).

Amtshaftungsrecht: Haftung der BaFin im „Wirecard-Bilanzskandal“

Der BGH hat die gegen den im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ergangenen Beschluss des OLG Frankfurt am Main v. 30.03.2023 – 1 U 183/22 von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen (BGH, Beschluss v. 10.01.2024 – III ZR 57/23).

Hintergrund: Der BaFin obliegt u.a. die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Dies betrifft vor allem die Bilanzkontrolle und die Marktmissbrauchsüberwachung. In dem Zeitraum vom 21.12.2004 bis zum 31.12.2021 wurde die Bilanzkontrolle auf der Grundlage eines zweistufigen „Enforcement-Verfahrens“ durchgeführt (§§ 37n ff WpHG aF bzw. – ab 03.01.2018 – §§ 106 ff WpHG a.F.).

Sachverhalt und Prozessverlauf: Der Kläger nimmt die beklagte BaFin aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der inzwischen insolventen Wirecard AG unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung und der unionsrechtlichen Staatshaftung auf Schadensersatz in Anspruch.

Als Emittent von Aktien unterlag die Wirecard AG der Finanzmarkaufsicht und der Bilanzkontrolle durch die BaFin. Die Jahres- und Konzernabschlüsse sowie Lageberichte der Wirecard AG hatte der Abschlussprüfer bis einschließlich für das Geschäftsjahr 2018 jeweils mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk testiert.

Am 18.06.2020 veröffentlichte die Wirecard AG eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach der Abschlussprüfer mitgeteilt habe, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. € (etwa ein Viertel der Konzernbilanzsumme) noch keine ausreichenden Prüfungsnachweise vorlägen. Am 22.06.2020 gab der Vorstand der Wirecard AG mittels einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass vermeintliches Vermögen in Höhe von 1,9 Mrd. € bei zwei Banken auf den Philippinen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehe. Drei Tage darauf beantragte die Wirecard AG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, das am 25.08.2020 durch das Amtsgericht München eröffnet wurde. Bereits in den Jahren zuvor hatte es immer wieder Medienberichte, insbesondere in der „Financial Times“, über (bilanzielle) Unregelmäßigkeiten im Wirecard-Konzern gegeben.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 64.833,75 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Richter des BGH wiesen die Nichtzulassungsbeschwerde zurück:

  • Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
  • Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) beziehungsweise unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staathaftungsanspruchs zu Recht verneint.
  • Die von der Beschwerde als grundsätzlich aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere zu den Regelungen der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2011/34/EG (Transparenz-Richtlinie) sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.04.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung), sind nicht entscheidungserheblich.
  • Die Maßnahmen der Beklagten im Rahmen der Marktmissbrauchsüberwachung und der Bilanzkontrolle bezüglich der Wirecard AG in dem Zeitraum von April 2015 bis Juni 2020 sind weder nach § 6 oder §§ 106 ff WpHG aF noch im Hinblick auf die Regelungen der Transparenz-Richtlinie oder der Marktmissbrauchsverordnung zu beanstanden und waren bei voller Wahrung der Belange einer effektiven Bilanzkontrolle jedenfalls vertretbar.
  • Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 1, 3 AEUV ist daher nicht veranlasst. Dies gilt ebenfalls für die Frage, ob § 4 Abs. 4 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) im Hinblick auf unionsrechtliche Vorgaben der Marktmissbrauchsverordnung unanwendbar ist.
  • Auch die anderen Rügen des Klägers (Divergenz zur Senatsrechtsprechung, rechtliches Gehör) greifen nicht durch.
  • Von einer weiteren Begründung hat der Senat gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Abfrage in der Anlage SO zur Gaspreisbremse

Die Abfrage in Zeile 17 der Anlage SO (Sonstige Einkünfte) zur Einkommensteuererklärung 2023 zur Höhe des Bruttoentlastungsbetrags (Soforthilfe Dezember 2022) muss nicht ausgefüllt werden. Hierauf macht der Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen aufmerksam.

Hintergrund: Die Bundesregierung hatte aufgrund der enorm gestiegenen Preise für Gas und Strom Preisbremsen beschlossen, um Verbraucher zu entlasten. Mit der Dezember-Soforthilfe wurden sie von ihren Dezember-Abschlägen 2022 befreit. Ab Januar 2023 mussten Verbraucher mit hohen Energietarifen aufgrund der Preisbremsen nur einen subventionierten Preis zahlen (sog. Gaspreisbremse).

Ursprünglich war vorgesehen, dass die Unterstützung ab einer bestimmten Einkommenshöhe nachversteuert werden muss. Davon hat die Bundesregierung jedoch wegen dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand Abstand genommen: Mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 wurde von der Besteuerung der Gaspreisbremse abgesehen (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 13.12.2023). NWB IAAAJ-54876

Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes waren die Vordrucke und Anleitungen für die Einkommensteuererklärung aber schon gedruckt und an die Finanzämter ausgeliefert worden. Eine Änderung dieser Vordrucke ist also nicht mehr möglich.

Hinweis:

Bei der elektronischen Erklärung mit „Mein ELSTER“ wird die Abfrage in der Anlage SO zum 26.3.2024 komplett entfernt. Bis zu diesem Zeitpunkt erhalten Nutzer einen entsprechenden Hinweis im Hilfetext.

Betriebsprüfung nach dem Tod des Geschäftsinhabers

Die Durchführung einer steuerlichen Betriebsprüfung für zurückliegende Besteuerungszeiträume ist auch dann zulässig, wenn der Betriebsinhaber verstorben ist und der Betrieb von den Erben nicht weitergeführt wird. Die steuerlichen Pflichten gehen mit dem Tod des Betriebsinhabers auf die Erben über. Dazu gehört auch die Duldung der Betriebsprüfung (Hessisches FG, Urteil v. 10.05.2023 – 8 K 816/20; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, BFH-Az. X B 73/23).

Hintergrund: Eine Außenprüfung ist zulässig bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, die freiberuflich tätig sind und bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a AO, § 193 Abs. 1 AO.

Neue Geringfügigkeits-Richtlinien 2024 (Minijob-Zentrale)

Die Minijob-Zentrale weist auf die wichtigsten Änderungen durch die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien 2024 hin.

Hintergrund: In den Geringfügigkeits-Richtlinien finden Arbeitgeber sowie Minijobber alle Informationen rund um die gesetzlichen Regelungen bei Minijobs. Am 14.12.2023 haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung eine neue Version veröffentlicht. Die aktuelle Fassung löst die alten Richtlinien aus August 2022 ab. Sie gelten ab dem 01.01.2024.

Die Geringfügigkeits-Richtlinien wurden aufgrund der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum 01.01.2024 angepasst. Zusammenfassend ergeben sich im Vergleich zur letzten Fassung der Geringfügigkeits-Richtlinien folgende rechtliche Änderungen:

  • Erhöhung der Minijob-Grenze
Seit Oktober 2022 ist die Minijob-Grenze dynamisch und an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt. Das bedeutet, dass sich die Verdienstgrenze immer erhöht, wenn der Mindestlohn steigt. Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,41 € pro Stunde wird die Minijob-Grenze zum 1.1.2024 entsprechend auf 538 Euro im Monat erhöht. Im Jahr 2025 erhöht sich der Mindestlohn auf 12,82 €. Die Minijob-Grenze beträgt dann 556 €.
Weitere Informationen zur neuen Verdienstgrenze finden Sie auf der Homepage des Minijob-Zentrale.
  • Wegfall der Übergangsregelungen für Beschäftigungen mit einem Verdienst von 450,01 bis 520 Euro im Monat 
Für Beschäftigungen mit einem Verdienst von 450,01 bis 520 € im Monat galten bis zum 31.12.2023 besondere Übergangsregelungen. Diese Regelungen entfallen zum 01.01.2024.
Weitere Infos hierzu finden Sie hier.

Hinweis:

Die aktuellen Geringfügigkeits-Richtlinien sind auf der Homepage der Minijob-Zentrale veröffentlicht.