Reihengeschäft: Beiladung des Ersterwerbers

Bei einem Reihengeschäft mit drei Beteiligten (X, Y und Z) und zwei Lieferungen (X an Y sowie Y an Z) muss der Ersterwerber (Y) zu einem Rechtsstreit des ersten Lieferers (X) mit seinem Finanzamt nicht nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig beigeladen werden (BFH, Beschluss v. 22.11.2023 – XI R 1/20; veröffentlicht am25.04.2024).

Gewerbesteuer: Zerlegung eines Gewerbesteuermessbetrags

Die Auswahl der Zerle­gungs­faktoren für die Zerle­gung bei einer mehr­gemeind­lichen Betriebs­stätte muss der Eigen­art der Betriebs­stätte und den Inter­essen der beteilig­ten Gemein­den nur in typi­sierter Form Rech­nung tragen (BFH, Urteil v. 14.12.2023 – IV R 2/21; veröf­fent­licht am 25.04.2024).

Einkommen-/Umsatzsteuer: steuerliche Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen

Das Thüringer Finanzministerium hat Informationen für Steuerzahler zur steuerlichen Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen veröffentlicht.

Hintergrund: In den Finanzämtern häufen sich die Anfragen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen. Viele Steuerpflichtige sind unsicher, ob sie ihre Anlage komplett steuerfrei betreiben können, oder sich die Steuerfreiheit nur auf die Einkommensteuer oder die Umsatzsteuer erstreckt. Die Finanzverwaltung des Landes Thüringen hat daher die steuerlichen Regeln zum Betrieb von Photovoltaikanlagen noch einmal zusammengefasst.

I. Umsatzsteuer

Betreiber, die die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und ihre Photovoltaikanlage zum sog. Nullsteuersatz, also ohne Umsatzsteuer erworben haben, können auf die Anzeige ihrer seit dem 1.1.2023 aufgenommenen Tätigkeit beim Finanzamt verzichten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Photovoltaikanlage nach dem Einkommensteuergesetz begünstigt ist und keine weitere unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird.

Seit dem 1.1.2023 gilt für den Kauf und die Installation bestimmter kleiner Photovoltaikanlagen und für dazugehörige Stromspeicher eine Umsatzsteuer von null Prozent, wenn:

  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen/Wohnungen/Wohngebäuden,
  • auf öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden oder
  • an Wohnwagen, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, installiert sind.

Ist die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage kleiner oder gleich 30 kW(p), dann entfällt ein Nachweis der Belegenheit. Für den Erwerb dieser kleinen Anlagen greift dann automatisch der Nullsteuersatz.

Aus Gründen des Bürokratieabbaus kann auf die steuerliche Erfassung beim Finanzamt und die Vergabe einer Steuernummer verzichtet werden, wenn:

  • das Unternehmen ausschließlich den Betrieb einer Photovoltaikanlage i.S.d. § 3 Nr. 72 EStG und § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG (+ steuerfreie Vermietung) umfasst,
  • die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG angewendet wird und
  • die Erwerbstätigkeit ab dem 1.1.2023 aufgenommen wurde.

Werden die Voraussetzungen erfüllt, wird keine Steuernummer vergeben. Gegenüber den Netzbetreibern ist in diesen Fällen die Marktstammdatenregisternummer der Photovoltaikanlage mitzuteilen. Die Information an den Netzbetreiber bezüglich der Inanspruchnahme der Vereinfachung ist jedoch zwingend erforderlich, da anderenfalls die (vom Netzbetreiber ausgewiesene) Umsatzsteuer für den eingespeisten Strom von den Betreiberinnen oder Betreibern der Anlage geschuldet werden würde.

Erfüllt der Unternehmer hingegen eine der o.g. Voraussetzungen nicht, bedarf es bei erstmaliger unternehmerischer Betätigung einer elektronischen Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung an das zuständige Finanzamt.

Für Anlagen, die vor 2023 installiert wurden, gelten die alten Steuerregeln.

II. Einkommensteuer

Bereits rückwirkend seit dem 1.1.2022 werden Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage von der Einkommensteuer befreit. Für die Anwendung der Steuerbefreiung muss die Photovoltaikanlage bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Anlagenleistung und des Standortes erfüllen:

  • Die installierte Bruttoleistung darf bis zu 30 kW(p) betragen, wenn die Anlage auf einem Einfamilienhaus (einschließlich Nebengebäuden, Garagen oder Carports), oder auf Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen (z.B. Gewerbeimmobilien, Garagenhof), installiert ist. Die Anlage kann auch einkommensteuerfrei betrieben werden, wenn sie auf Mehrfamilienhäusern oder sonstigen Gebäuden (z.B. gemischt genutzte Immobilien, Vermietungsobjekte, Gewerbeimmobilien mit mehreren Gewerbeeinheiten) installiert ist und die installierte Leistung 15 kW(p) nicht überschreitet.
  • Für den Betrieb einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen gilt insgesamt eine Höchstgrenze von 100 kW(p) pro Steuerpflichtigen. Bei Überschreiten der 100 kW(p)-Grenze entfällt die Steuerbefreiung für alle Photovoltaikanlagen.
  • Auch dachintegrierte Photovoltaikanlagen sowie sog. Fassadenphotovoltaikanlagen sind begünstigt. Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind hingegen unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.

Die jeweilige Verwendung des erzeugten Stroms ist für die Steuerbefreiung unerheblich. Es spielt also keine Rolle, ob der erzeugte Strom z.B. vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird oder für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs verbraucht wird.

Mindestlohn in der Altenpflege steigt

Die Mindestlöhne in der Altenpflege steigen. Eine Pflegefachkraft erhält dann 19,50 € pro Stunde brutto. Eine weitere Erhöhung folgt zum 01.07.2025. Hierauf macht die Bundesregierung aufmerksam.

Zum 1. Mai steigt der Pflegemindestlohn: Hilfskräfte erhalten künftig mindestens 15,50 € brutto pro Stunde, qualifizierte Pflegehilfskräfte 16,50 € und Pflegefachkräfte 19,50 €. Eine weitere Erhöhung der Mindestlöhne in der Altenpflege soll dann zum 01.07.2025 folgen. Sie ist nach Qualifikationsstufen gestaffelt und gilt – ebenso wie die erste Erhöhung zum Mai – einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Die Pflegekommission hatte sich einstimmig für die Anhebung ausgesprochen.

Beschäftigte in der Altenpflege haben zudem Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus: bei einer 5-Tage-Woche jeweils neun Tage pro Kalenderjahr. Wenn tarifliche, betriebliche oder arbeitsrechtliche Regelungen schon zusätzliche Urlaubstage vorsehen, gilt diese Regelung nicht.

Die Höhe des Pflegemindestlohns und der Urlaubsanspruch finden sich in der Sechsten Pflegearbeitsbedingungen-Verordnung vom 28.11.2023, die bereits zum 01.02.2024 in Kraft getreten ist.

Die Mindestlöhne im Einzelnen

Mindestlohn für Pflegehilfskräfte

Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte (mit mindestens einjähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit)

Mindestlohn für Pflegefachkräfte

Hinweis:

Dort, wo der spezielle Pflegemindestlohn nicht zur Anwendung kommt, wie zum Beispiel in Privathaushalten, gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von aktuell 12,41 € pro Stunde.

Renten steigen zum 01.07.2024

Die Bundesregierung hat die Rentenwertbestimmungsverordnung 2024 beschlossen. Damit erhöhen sich – vorbehaltlich der Zustimmung durch den Bundesrat – die Renten zum 01.07.2024 in den alten und neuen Bundesländern um 4,57 Prozent.

Hierzu führt die Bundesregierung u. a. weiter aus:

  • Die diesjährige Rentenanpassung liegt deutlich über der Inflationsrate: Die Bundesregierung rechnet laut Jahreswirtschaftsbericht 2024 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,8 Prozent. Grund für die Erhöhung sind der starke Arbeitsmarkt und die guten Lohnabschlüsse.
  • Erstmals steigen die Renten in den alten und neuen Ländern gleichermaßen.
  • Bereits im Jahr 2023 hatte der Rentenwert Ost in den neuen Bundesländern den West-Wert erreicht. Zuvor hatte es noch unterschiedliche Rentenwerte für die Berechnung von Renten in Ost und West gegeben. Diese wurden aufgrund einer Gesetzesänderung 2017 seit dem 01.07.2018 schrittweise aneinander angeglichen.

Hinweis:

Die von der Bundesregierung beschlossene Verordnung braucht nun noch die Zustimmung des Bundesrats. Erst dann kann sie zum 1. Juli in Kraft treten.

Zuschlag für Erwerbsminderungsrenten ab 01.07.2024

Der Bundestags-Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 24.04.2024 der Zahlung von Zuschlägen in der Erwerbsminderungsrente zugestimmt. Dem Gesetzentwurf (BT-Drucks 20/10607) der Koalitionsfraktionen für ein verändertes Verfahren zur Zahlung eines Zuschlags auf Erwerbsminderungsrenten und Renten wegen Todes (EM-Bestandsrentenverbesserungsauszahlungsgesetz) stimmte der Ausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen zu.

Hintergrund ist das 2022 beschlossene Gesetz zur Rentenanpassung und zur Verbesserung von Leistungen für Erwerbsminderungsrentner. Damit wurde eine Verbesserung für die Bezieher einer Erwerbsminderungsrente oder einer Rente wegen Todes der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, deren Rente vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2018 begonnen hat. Die Verbesserung erfolgt in Form eines pauschalen Zuschlags zur Rente ab dem 01.07.2024 und knüpft an die individuelle Vorleistung (persönliche Entgeltpunkte) an. Laufende Altersrenten, die sich unmittelbar an Renten wegen Erwerbsminderung anschließen, erhalten ebenfalls den Zuschlag.

Die automatisierte Umsetzung des Zuschlags für die insgesamt rund drei Millionen Bestandsrenten durch die Deutsche Rentenversicherung habe sich im Nachhinein aufgrund eines erhöhten Umsetzungsaufwands jedoch als deutlich komplexer herausgestellt als ursprünglich geplant, schreiben die Koalitionsfraktionen. Deshalb soll das Verfahren zur Auszahlung nun in zwei Stufen erfolgen: In einer ersten Stufe ab Juli 2024 wird monatlich ein Rentenzuschlag getrennt von der zugrundeliegenden Rente ausgezahlt. Dabei wird für die Berechnung des Rentenzuschlags an den Zahlbetrag der Rente angeknüpft. Durch dieses Vorgehen werden die Berechtigten im Ergebnis hinsichtlich des Gesamtrentenbetrags regelmäßig so gestellt, als hätten sie den Zuschlag über die originäre Rentenberechnung erhalten. In einer zweiten Stufe ab Dezember 2025 wird der Zuschlag dann dauerhaft als unmittelbarer Bestandteil der Rente berechnet und ausgezahlt.

Bewertung von Grundstücken mit Windkraftanlagen oder Freiflächen-Fotovoltaikanlagen

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben sich hinsichtlich der Bewertung von Grundstücken mit Windkraftanlagen oder Freiflächen-Fotovoltaikanlagen zur Bestimmung des Bodenwertes gem. § 179 BewG geäußert (Oberste Finanzbehörden der Länder v. 06.03.2024 – S 3015, BStBl 2024 I S. 378).

Hintergrund: Flächen, auf denen eine Windkraftanlage oder eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage betrieben wird, sind dem Grundvermögen zuzurechnen. Eine Windkraftanlage ist wie eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage regelmäßig als Betriebsvorrichtung gem. § 176 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BewG nicht in das Grundvermögen einzubeziehen (vgl. u.a. „Fotovoltaikanlage“ und „Windkraftanlage“ im Abgrenzungserlass vom 05.06.2013, Anlage 1, BStBl 2013 I S. 734).

Bei der Wertermittlung ist gem. § 179 Satz 3 BewG der Bodenrichtwert anzusetzen, dessen turnusmäßige Ermittlung dem Bewertungsstichtag vorausging. Für Grundstücke, die mit den wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks in der jeweiligen Bodenrichtwertzone übereinstimmen, ist der Bodenrichtwert anzusetzen (vgl. R B 179.2 Absatz 1 Satz 8 ErbStR 2019). Bei einem Grundstück, bei dem die Errichtung einer Windkraftanlage o. Ä. planungsrechtlich zulässig ist, kann der Bodenrichtwert nur angewandt werden, wenn sich dieser auch auf eine derartige Nutzung bezieht.^

Hierzu führen die obersten Finanzbehörden der Länder weiter aus:

  • Wurde für ein Grundstück, auf dem eine Windkraft- oder eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage betrieben wird, durch den örtlichen Gutachterausschuss einBodenrichtwert für eine dementsprechende Nutzung, wie z.B. für Bauflächen für Energieerzeugung (EE), festgestellt, ist dieser anzusetzen.
  • Ist ein derartiger Bodenrichtwert nicht verfügbar, aber werden aus dem Bereich der Gutachterausschüsse der jeweiligen Länder anderweitige geeignete Daten, wie z.B. Faktoren zum Bodenrichtwert für Ackerlandflächen, zur Bodenwertermittlung von Grundstücken mit Windkraftanlagen oder Freiflächen-Fotovoltaikanlagen zur Verfügung gestellt, sind diese anzuwenden.

Hinweis:

Darüber hinaus enthält die Verfügung Ausführungen zur Ermittlung des Bodenwerts für den Fall, in dem durch den zuständigen Gutachterausschuss keine nutzungsentsprechenden Bodenrichtwerte mitgeteilt werden und keine anderweitigen geeigneten Daten vorliegen (ab. Rn 6).

Bewertung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben sich zur Anwendung des BFH-Urteils v. 16.11.2022 – II R 39/20 in Bezug auf die Bewertung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaft-und Schenkungsteuer geäußert. In Bezug auf die tätigkeitsbezogene Auslegung des Begriffs „Betriebs der Land- und Forstwirtschaft“ soll das Urteil nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewendet werden (Oberste Finanzbehörden der Länder v. 19.02.2024 – S 3201, BStBl 2024 I S. 380).

Hintergrund: Nach § 12 Abs. 3 ErbStG ist Grundbesitz i. S. des § 19 BewG, zu dem nach § 19 Abs. 1 BewG auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft gehören, mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 157 Abs. 2 BewG sind für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 158bis 175 BewG zu ermitteln. Wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist gem. § 158 Abs. 2 Satz 1 BewG der „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“.

Der BFH hat mit Urteil v. 16.11.2022 – II R 39/20, BStBl 2024 II S. 246, u.a. entschieden, dass der bewertungsrechtliche Begriff „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ tätigkeitsbezogen ist. § 158 Abs. 1 Satz 1 BewG knüpfe an eine bestimmte Nutzung des Bodens an, aber nicht an das Eigentum am Boden. Einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft habe demnach derjenige inne, der Land- und Forstwirtschaft betreibe. Der Betriebsbegriff sei tätigkeitsbezogen. Zivilrechtlichen Eigentums an Grund und Boden oder am Besatz bedürfe es nicht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 158 Abs. 1 Satz 2 BewG. Die land- und forstwirtschaftliche Zweckbestimmung für den Betrieb eines Dritten reiche nicht aus, land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim Eigentümer zu begründen (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 23.02.2023 mit Anmerkung Loose).

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben beschlossen, insoweit das BFH-Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden:

  • § 158 Absatz 1 BewG sieht eine zweistufige Regelung vor. Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wird durch die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse nach § 158 Absatz 1 Satz 1 BewG begründet. Darüber hinaus begründen nach § 158 Absatz 1 Satz 2 BewG alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu diesem Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt sind, einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Dabei ist es unerheblich, ob die Wirtschaftsgüter einem eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dienen oder Dritten zur Nutzung überlassen werden. Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft kann auch ein einzelnes land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück sein, das gemäß § 159 BewG nicht zum Grundvermögen zu rechnen ist (R B 158.1 Abs. 2 ErbStR 2019).
  • Im Fall der Nutzungsüberlassung entstehen folglich zwei wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Beim Eigentümer des Grund und Bodens liegt ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, weil der Pächter den Grund und Boden land- und forstwirtschaftlich bewirtschaftet. Beim Pächter liegt zumindest tätigkeitsbezogen ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor.
  • Entgegen der Entscheidung des BFH können land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören, auch dann einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden, wenn sieweniger als 15 Jahre lang einem anderen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt sind (sog. unechte Stückländereien; R B 160.1 Absatz 6 Satz 7 ErbStR 2019).
  • Derartige Flächen bilden nur dann eine eigene wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, wenn sie nicht als Teilfläche einem bestehenden Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Überlassenden zugeordnet werden können. Der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und die Abgrenzung zum Betriebs- und Grundvermögen richten sich nach den §§ 158, 159 BewG und können nicht aus § 160 Absatz 7 BewG abgeleitet werden. Der Gesetzgeber hat die zeitliche Komponente des § 160 Absatz 7 BewG insbesondere im Hinblick auf die Bewertungsmethode eingeführt (§ 162 Absatz 2 BewG). Darüber hinaus hat sie in der Praxis Bedeutung für die Frage einer etwaigen Steuerentlastung nach §§ 13a, 13b, 13c, 28a ErbStG.

Hinweis:

Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder sind die Ausführungen des BFH in der o.g. Entscheidung zum verfassungsrechtlichen Übermaßverbot dagegen weiterhin allgemein anwendbar.

BSG: Väter werden bei der Zuordnung von Kindererziehungszeiten nicht diskriminiert

Bundessozialgericht, Pressemitteilung 14/2024 vom 18.04.2024

Es liegt keine verfassungswidrige Benachteiligung von Männern darin, dass Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel bei der Mutter anerkannt werden. Das hat der 5. Senat des Bundessozialgerichts heute entschieden (Aktenzeichen B 5 R 10/23 R).

Ebenso wenig wie die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auffangregelung in § 56 Absatz 2 Satz 9 SGB VI. Danach wird die Erziehungszeit der Mutter zugeordnet, wenn die Eltern keine übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit abgegeben haben und eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorliegt. Zwar führt die Anwendung der Auffangregelung zu einer unmittelbaren Benachteiligung des Kindsvaters. Die Ungleichbehandlung ist aber zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots ausnahmsweise gerechtfertigt. Indem die Erziehungszeit im Zweifel der Mutter zuordnet wird, werden faktische Nachteile ausgeglichen, die infolge der Erziehungsleistung beim Erwerb von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen und die Frauen weiterhin deutlich häufiger betreffen als Männer. Obgleich die Erwerbstätigenquote und teilweise auch der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern unter drei Jahren und auch darüber hinaus gestiegen ist, bleiben sie immer noch deutlich hinter denjenigen der Väter zurück. Diese, die Mütter bevorzugende Auffangregelung ist auch verhältnismäßig. Die übrigen Zuordnungsregelungen in § 56 Absatz 2 SGB VI lassen genügend Raum für eine Zuordnung der Erziehungszeit an einen männlichen Elternteil.

Handelsbilanzrecht: Anhebung der Schwellenwerte

Am 16.04.2024 wurde das „Zweite Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ im BGBl. 2024 I Nr. 120 verkündet. Teil des Gesetzes ist die Änderung des Handelsgesetzbuchs in den §§ 267 Abs. 1 und 2, 267a Abs. 1 Satz 1 sowie 293 Abs. 1 Satz 1 HGB.

Hintergrund: Am 30.08.2023 hatte die Bunderegierung die Eckpunkte für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Dabei wurde u.a. vereinbart, dass die monetären Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen und der größenabhängigen Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts rechtzeitig nach den dafür erforderlichen Änderungen im europäischen Recht um jeweils rund 25 Prozent angehoben werden sollen. Mit der Anhebung soll der inflationären Entwicklung, die seit der letzten Schwellenwertanhebung im Jahr 2015 durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BilRUG) eingetreten ist, Rechnung getragen werden.

Die Anhebung der Schwellenwerte wird für die begünstigten, vielfach kleinen Unternehmen mit einer Neueinstufung in eine niedrigere Größenklasse und damit einer Reduzierung von Berichtspflichten einhergehen. Der Gesetzesbegründung zufolge werden rund 52.000 Unternehmen (Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften) profitieren.

Damit die Entlastungseffekte den Unternehmen bereits für das Geschäftsjahr 2023 zugutekommen können, wurde dieser Eckpunkt nun beschleunigt außerhalb des BEG IV mit dem o.g. Vorhaben umgesetzt.

§ 267 HGB wird wie folgt geändert:
a) Abs. 1 wird wie folgt geändert:

  • In Nummer 1 wird die Angabe „6.000.000“ durch die Angabe „7.500.000“ ersetzt.
  • In Nummer 2 wird die Angabe „12.000.000“ durch die Angabe „15.000.000“ ersetzt.

b) Abs. 2 wird wie folgt geändert:

  • In Nummer 1 wird die Angabe „20.000.000“ durch die Angabe „25.000.000“ ersetzt.
  • In Nummer 2 wird die Angabe „40.000.000“ durch die Angabe „50.000.000“ ersetzt.

§ 267a Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 1 wird die Angabe „350.000“ durch die Angabe „450.000“ ersetzt.
b) In Nummer 2 wird die Angabe „700.000“ durch die Angabe „900.000“ ersetzt.

§ 293 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 1 wird wie folgt geändert:

  • In Buchstabe a wird die Angabe „24.000.000“ durch die Angabe „30.000.000“ ersetzt.
  • In Buchstabe b wird die Angabe „48.000.000“ durch die Angabe „60.000.000“ ersetzt.

b) Nummer 2 wird wie folgt geändert:

  • In Buchstabe a wird die Angabe „20.000.000“ durch die Angabe „25.000.000“ ersetzt.
  • In Buchstabe b wird die Angabe „40.000.000“ durch die Angabe „50.000.000“ ersetzt.

Hinweis:
Die Vorschriften sind erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse, Lageberichte sowie Konzernlageberichte für das nach dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden und dürfen bereits ein Jahr vorher angewendet werden.