Verschmelzung US-amerikanischer Kapitalgesellschaften

Bei der Besteuerung eines im Inland steuer­pflichtigen Aktieninhabers einer US-ameri­kani­schen Kapital­gesellschaft findet § 20 Abs. 4a EStG bei einem aufgrund einer Verschmelzung erfolgten Tausch der Aktien mit Spitzen- und Barausgleich keine Anwendung, wenn bei rechts­vergleichender Betrachtung die Verschmelzung aufgrund der hohen Barzahlungen nicht einmal hypothetisch in den Anwendungs­bereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 Nr. 5 UmwStG fallen könnte (BFH, Urteil v. 14.02.2022 – VIII R 44/18; veröffentlicht am 18.08.2022).

Insolvenz: Erstattungen

Das Finanzamt darf auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch „Erstattungsbescheide“ erlassen.

Bundesfinanzhof, IX-R-27/18

Pressemitteilung vom 11.08.2022

Pressemitteilung Nr. 31/2022

Steuerbescheide, mit denen eine positive Steuer festgesetzt wird, können ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam ergehen, wenn sich unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen insgesamt ein Erstattungsbetrag ergibt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 05.04.2022 – IX R 27/18 entschieden.

Steuerabzug bei Softwareauftragsentwicklung

Bundesministerium der Finanzen, IV B 8 – S-2303 / 19 / 10004 :001

Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 02.08.2022

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für den Steuerabzug nach § 50a Einkommensteuergesetz (EStG) bei sogenannter Softwareauftragsentwicklung Folgendes:

Dieses Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden, bei denen der Abschluss eines Vertrages zur Softwareauftragsentwicklung nach dem 6. Juni 2021 stattgefunden hat, und auf Sachverhalte, die nach diesem Datum entstehen. Aus Vereinfachungsgründen ist dieses Schreiben ferner auf alle Zahlungen anzuwenden, die nach dem 6. Juni 2021 zufließen (zum Zuflusszeitpunkt, siehe § 73c).

Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien-GmbH

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i. S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Management­gesell­schaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH, Urteil v. 23.02.2011 – I R 52/10; BFH, Urteil v. 24.08.2011 – I R 46/10). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unter­nehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (BFH, Urteil v. 23.03.2022 – III R 35/20; veröffentlicht am 11.08.2022). Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG), d.h. soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäfts­einrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient.

Steuerbescheide nach Insolvenzverfahren

Steuerbescheide, mit denen eine positive Steuer festgesetzt wird, können ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenz­verfahrens wirksam ergehen, wenn sich unter Berücksichtigung von Anrechnungs­beträgen insgesamt ein Erstattungs­betrag ergibt und auch keine Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, die die Höhe von Steuer­forderungen beeinflussen, welche zur Tabelle anzumelden sind (BFH, Urteil v. 05.04.2022 – IX R 27/18; veröffentlicht am 11.08.2022). Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwer­wiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Gemäß § 87 InsO, der über die Verweisung in § 251 Abs. 2 Satz 1 AO auch für das Besteuerungs­verfahren zu beachten ist, können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenz­verfahren verfolgen. Daraus hat der BFH in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, dass Steuerbescheide nach Eröffnung des Insolvenz­verfahrens nicht mehr ergehen dürfen, wenn darin Insolvenz­forderungen festgesetzt werden (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 24.08.2004 – VIII R 14/02, BStBl II 2005, 246).

Verordnung über zeitlich befristete Gas-Umlage

Um die Wärme- und Energieversorgung in der kommenden Kälteperiode zu sichern, ist am 09.08.2022 eine befristete Gas-Sicherungsumlage auf Basis des § 26 Energiesicherungsgesetz in Kraft getreten. Hierauf macht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufmerksam.

Ziel ist es, in der durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise Insolvenzen und Lieferausfälle in der Gasversorgung zu verhindern und so die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft aufrechtzuerhalten – insbesondere während der kommenden Heizperiode. Die befristete Umlage soll durch weitere, zielgenaue Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger und eine Verlängerung der Hilfsprogramme für die Wirtschaft flankiert werden.

Die Rechtsverordnung der Bundesregierung wurde am 08.08.2022 im Bundesanzeiger veröffentlicht und war zuvor dem Bundestag gemäß § 26 des Energiesicherungsgesetzes mitgeteilt worden. Die Gas-Sicherungsumlage wird befristet erhoben, vom 01.10.2022 bis zum 01.04.2024. Die Geltung der Rechtsverordnung ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des Energiesicherungsgesetzes zeitlich befristet bis zum 30.09.2024.

Die Rechtsverordnung zur Einführung einer Gas-Sicherungsumlage basiert auf § 26 des Energiesicherungsgesetzes. Übergreifendes Ziel ist es, die Marktmechanismen und Lieferketten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, Insolvenzen von Gashändlern und Dominoeffekte in der Lieferkette der Energiewirtschaft zu verhindern.

Bis Anfang Oktober tragen die betroffenen Gasimporteure weiterhin die hohen Kosten für die Ersatzbeschaffung vollständig allein. Ab dem 1. Oktober haben sie mit der nun beschlossenen Rechtsverordnung die Möglichkeit, für einen Großteil ihrer Ersatzbeschaffungskosten einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, aber nur für eine begrenzte Zeit. Den Ausgleich können die Gasimporteure bei dem Marktgebietsverantwortlichen, der Trading Hub Europe, beantragen. Konkret können sie dabei 90 Prozent der tatsächlichen Mehrbeschaffungskosten geltend machen, und das nur für Bestandsverträge. Ein Wirtschaftsprüfer oder andere in der Verordnung genannte Prüfer müssen die Richtigkeit testieren. Die Bundesnetzagentur begleitet als unabhängige Behörde das Verfahren.

Um den Ausgleich zu finanzieren, können die Kosten über die „saldierte Preisanpassung“, also eine Art Umlage, auf viele Schultern verteilt werden. Damit wird auch verhindert, dass auf einen Teil der Gaskunden – nämlich diejenigen, die mittelbar von Gasimporteuren mit hohen Ersatzbeschaffungskosten versorgt werden, – untragbare Preissteigerungen zukommen und es in der Wirtschaft zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.

Die genaue Höhe der befristeten Umlage berechnet der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe. Sie wird am 15. August mitgeteilt.

Einzelfragen, die im Rahmen der Ressortabstimmung und der Anhörung des Parlaments nicht abschließend geklärt werden konnten, werden unabhängig vom Inkrafttreten der Verordnung weiter geprüft.

Grunderwerbsteuer: Grundstück mit Weihnachts­baum­pflanzung

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerb­steuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Schein­bestandteile gehört nicht zur Bemessungs­grundlage (BFH, Urteil v. 23.02.2022 – II R 45/19; veröffentlicht am 11.08.2022).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Bemessungs­grundlage der Grunderwerb­steuer ist gem. § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung für das Grundstück. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Gemeinnütziges wissenschaftliches Editieren

Eine Körperschaft kann durch das sog. wissenschaftliche Editieren im sog. Peer-Review-Verfahren und der damit verbundenen Open-Access-Publikation ihren steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck der Förderung von Wissenschaft und Forschung selbstlos (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) verfolgen (BFH, Urteil v. 12.05.2022 – V R 37/20; veröffentlicht am 11.08.2022)

Grundsteuerreform: Benutzerhilfen zum Ausfüllen

Das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern hat drei „Klickanleitungen“ zum Ausfüllen der Grundsteuerformulare in Mein ELSTER veröffentlicht.

Dem Ministerium zufolge zeigen die Klickanleitungen anschaulich, wie die Grundsteuererklärungen bearbeitet werden müssen. Angefangen beim richtigen Formular, das verwendet werden muss, über die Eingabe der einzelnen Daten bis hin zum Absenden an das zuständige Finanzamt ist der komplette Weg der Erklärungsabgabe mittels Screenshots nachgezeichnet.

Die in den Anleitungen enthaltenen Links führen zu weiteren Online-Angeboten, beispielsweise zum Grundsteuerportal Mecklenburg-Vorpommern, auf dem der Abruf der Bodenrichtwerte und Ertragsmesszahlen kostenfrei und ohne Registrierung möglich ist.

Die Anleitungen für die Erklärung von

Grundvermögen (Wohngrundstücke),
Wohnungseigentum sowie
Vermögen der Land- und Forstwirtschaft
sind im Steuerportal des Landes Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht.

Leasingsonderzahlung bei Kostendeckelungsregelung

Hält sich ein zunächst im Inland wohnhaftes minderjähriges Kind zu Ausbildungszwecken für mehr als ein Jahr außerhalb des Gebietes der EU und des EWR auf, behält es seinen Inlandswohnsitz in der Wohnung eines oder beider Elternteile nur dann bei, wenn ihm in dieser Wohnung zum dauerhaften Wohnen geeignete Räume zur Verfügung stehen, es diese objektiv jederzeit nutzen kann und tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch nutzt. Eine Beibehaltung des Inlandswohnsitzes kommt dabei im Regelfall nur dann in Betracht, wenn das Kind diese Wohnung zumindest zum überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeiten tatsächlich nutzt (BFH, Urteil v. 28.04.2022 – III R 12/20; veröffentlicht am 11.08.2022).