Steuerfreie Arbeitgeber-Inflationsausgleichsprämie

Die Bundesregierung hat am 28.09.2022 die Steuerbefreiung von freiwillig gezahlten Inflationsausgleichssonderzahlungen durch Arbeitgeber von bis zu 3.000 € beschlossen.
Der Neuregelung zufolge sollen Arbeitgeber Leistungen zur Abmilderung der Inflation bis zu einem Betrag von 3.000 € steuerfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren können (Inflationsausgleichsprämie). Hierbei soll es sich um einen steuerlichen Freibetrag handeln, der unabhängig davon gilt, ob die Leistungen in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewährt werden. Die Regelung ist von der Wirkweise vergleichbar mit der Regelung in § 3 Nummer 11a EStG und zeitlich befristet.
An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung sollen keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.
Mit einer Ergänzung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung soll sichergestellt werden, dass diese Inflationsausgleichsprämie bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt wird, um die steuerliche Privilegierung auch im SGB II nachzuvollziehen.
Hinweise:
Die Neuregelung soll für Arbeitgeberleistungen gelten, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn im Zeitraum vom Tag nach der Verkündung des Gesetzes bis zum 31.12.2024 gewährt werden.

Gesetzgebung: Änderungen des Insolvenzrechts aufgrund schwer kalkulierbarer Energie- und Rohstoffpreise

Die Bundesregierung will verhindern, dass gesunde Unternehmen nur deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Energie- und Rohstoffpreise derzeit schwer kalkulierbar sind. Das Kabinett hat deshalb am 05.10.2022 insolvenzrechtliche Änderungen mit der „Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen für einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Güterrechtsregisters“ auf den Weg gebracht.
Hintergrund: Die Verhältnisse und Entwicklungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten belasten die finanzielle Situation von Unternehmen im Moment sehr. Die schwer berechenbare Entwicklung macht ihnen zudem eine vorausschauende Planung schwierig. Im Hinblick auf diese bestehenden Unsicherheiten will die Bundesregierung vermeiden, dass Unternehmen, die im Grunde gesund sind, in die Insolvenz gedrängt werden. Mit einer nun beschlossenen Gesetzesänderung soll eine Maßnahme aus dem dritten Entlastungspaket umgesetzt werden.

Kürzung des Prognosezeitraums
Dazu soll der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung verkürzt werden. Eine Überschuldung kommt nach geltendem Recht dann in Betracht, wenn eine Unternehmensfortführung über einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Diese Zeitspanne soll nun vorübergehend auf vier Monate herabgesetzt werden. Damit würden Unternehmen in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Lage der Pflicht entgehen, einen Insolvenzantrag stellen zu müssen, wenn ihre Fortführung zumindest für vier Monate hinreichend gesichert ist.

Verlängerung der Antragsfrist
Ein weiteres Anliegen der Bundesregierung ist es, überschuldeten, aber noch nicht zahlungsunfähigen Unternehmen mehr Zeit zu verschaffen. Zeit, in der sie sich um eine Sanierung bemühen können. Daher soll die Frist für die Insolvenzantragstellung vorübergehend von jetzt sechs auf acht Wochen hochgesetzt werden.
Hinweis:
Die Regelungen sollen schnellstmöglich in Kraft treten und bis zum 31.12.2023 gelten.

Anhebung der Midi-Job-Grenze, Energiepreispauschale für Rentner

Rentner sollen eine Energiepreispauschale von 300 Euro brutto erhalten. Außerdem soll die Midi-Job-Grenze auf 2.000 Euro angehoben werden. Die Bundesregierung hat am 05.10.2022 eine Formulierungshilfe für einen „Gesetzentwurf zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs“ beschlossen.

Energiepreispauschale für Rentner
Die Energiepreispauschale erhält, wer zum Stichtag 01.12.2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder dem Soldatenversorgungsgesetz hat. Der Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland.
Die Energiepreispauschale wird bis Mitte Dezember einmalig über die jeweiligen Rentenzahlstellen ausgezahlt. Sie ist einkommensteuerpflichtig, aber nicht sozialversicherungspflichtig.

Anhebung der Midi-Job-Grenze
Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Erweiterung des Übergangsbereichs, der sog. Midijobs, vor. Die Obergrenze soll zum 01.01.2023 auf 2.000 Euro steigen. Profitieren werden besonders Menschen mit kleinen Einkommen, die von den Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln überproportional betroffen sind. Sie behalten mehr Netto vom Brutto.
Derzeit liegt der Übergangsbereich zwischen 520,01 Euro und 1.600 Euro. Innerhalb dieses Bereiches steigen die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer gleitend von null auf den vollen Beitrag. Die geringeren Beiträge vor allem im unteren Einkommensbereich erhöhen den Anreiz, über einen Minijob hinaus erwerbstätig zu sein.

Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Flankenschutzprüfer

Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vorliegt (BFH, Urteil v. 12.07.2022 – VIII R 8/19; veröffentlicht am 29.09.2022).

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken

Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil v. 20.01.2021 – C 288/19 „QM“: BFH, Urteil v. 30.06.2022 – V R 25/21; veröffentlicht am 29.09.2022).

Prozesskostenabzugsverbot im Falle von Kosten Dritter (BFH)

Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind auch die Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, die für die Führung eines Rechtsstreits hier eines Strafverfahrens eines Dritten (beispielsweise eines Angehörigen) aufgewendet worden sind (BFH, Beschluss v. 10.08.2022 – VI R 29/20; veröffentlicht am 29.09.2022).

Zollrecht: Zollwert bei nachträglichen pauschalen Änderungen

Nach der Rechtsprechung des EuGH, Urteil v. 20.12.2017 – C-529/16 „Hamamatsu Photonics Deutschland“ lassen es die Art. 28 bis 31 ZK nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird (BFH, Urteil v. 17.05.2022 – VII R 2/19; veröffentlicht v. 29.09.2022).

Familienheimfahrten bei Zuzahlungen an den Arbeitgeber

Nutzt der Arbeit¬nehmer ein ihm von seinem Arbeitgeber auch zur außerdienstlichen Nutzung überlassenes Kfz für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, so scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat (BFH, Urteil v. 04.08.2022 – VI R 35/20; veröffentlicht am 29.09.2022).

Berufsrecht: mehrstöckige Anwaltsgesellschaften

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer Partnerschaftsgesellschaft und einer Rechtsanwalts-GmbH nicht zur Entscheidung angenommen, die gemeinsam eine doppelstöckige Anwaltsgesellschaft gründen wollten. Es hält jedoch ausdrücklich fest, dass nach der großen BRAO-Reform mehrstöckige Anwaltsgesellschaften zulässig sind. Hierauf weist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) aktuell hin.

Bekämpfung der Rolle von Vermittlern aggressiver Steuerplanung und Steuerhinterziehung

Im ersten Quartal 2023 wird die EU-Kommission mit SAFE eine neue Richtlinie zur Bekämpfung der Rolle von Vermittlern aggressiver Steuerplanung und Steuerhinterziehung verabschieden. Die beratenden und prüfenden Berufe dürften sich dabei im Anwendungsbereich wiederfinden. Der DStV lehnt die Bezeichnung „Vermittler“ für seine Mitglieder kategorisch ab.
Hintergrund: SAFE lautet die neue Initiative der EU-Kommission. SAFE steht für „Securing the Activity Framework of Enablers” und richtet sich gegen die Rolle von „Vermittlern“ bei der Ermöglichung von Steuergestaltungen- oder -modellen, die zu aggressiver Steuerberatung und Steuerhinterziehung führen.
SAFE dürfte neben verschiedener Due-Diligence-Verpflichtungen ein Verbot der Vermittlung grenzübergreifender Steuergestaltungen beinhalten, soweit diese Steuerhinterziehung oder aggressive Steuerplanung erleichtern.
Außerdem erwägt die EU-Kommission die Einführung eines zentralen EU-Registers für solche „Vermittler“. Allein registrierte „Vermittler“ sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission dann noch solche Steuerberatungsleistungen erbringen dürfen. Bei Verstößen könnten registrierte „Vermittler“ aus dem Register gelöscht werden.
Zur Erreichung ihrer Ziele schlägt die EU-Kommission zudem die Einführung eines Verhaltenskodexes vor, der sicherstellen soll, dass „Vermittler“ weder Steuerhinterziehung noch aggressive Steuerplanung erleichtern.
Schließlich sollen EU-Steuerzahler künftig jede Beteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, die 25 % der Anteile, Stimmrechte oder sonstigen Kontrollrechte ausmachen, in ihren Steuererklärungen angeben müssen.