Gutgläubiger Erwerb eines gebrauchten Fahrzeugs

Der bisherige Eigentümer eines Kfz muss beweisen, dass sich der Erwerber des gebrauchten Fahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht hat vorlegen lassen, wenn sich der Erwerber auf den gutgläubigen Erwerb von einem Nichtberechtigten beruft (BGH, Urteil v. 23.09.2022 – V ZR 148/21).

Rechtsprechung: Neue Revisionsverfahren beim BFH

Der BFH hat die Liste der derzeit anhängigen Revisionsverfahren aktualisiert. Die interessantesten Verfahren aus dem Monat September 2022 haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Einkommensteuer
Abfärbung von gewerblichen Beteiligungseinkünften: Führen gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze stets zur Umqualifizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in solche aus Gewerbebetrieb? Folgt daraus die Verfassungswidrigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG? BFH-Az. IV R 18/22 (Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 13.05.2022 – 15 K 26/20 E,F).
Körperschaftsteuer
Unzulässige Rückwirkung der Einschränkung der Verlustnutzung durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG i.d.F. vom 20.02.2013: Ist § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i.d.F. vom 20.02.2013 verfassungskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG i.d.F. vom 20.02.2013 jedenfalls dann keine Anwendung findet, wenn noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Veranlagungen für Veranlagungszeiträume vor 2013 solcher Steuerpflichtiger betroffen sind, die ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland hatten und deshalb nicht erst aufgrund der Änderung in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG i.d.F. vom 20.02.2013 als Organgesellschaft anerkennungsfähig geworden sind? BFH-Az. I R 20/22 (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil v. 30.03.2022 – 7 K 905/19 K,G,F).
Forderungsverluste aus einer mittelbaren GmbH-Beteiligung: Hält eine GmbH mittelbar über eine vermögensverwaltende KG GmbH-Beteiligungen, ist dann für die Ermittlung der für die Überschreitung der in § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG enthaltenen Schädlichkeitsgrenze von 25 % zur Berücksichtigung von Forderungsverlusten auf die (mittelbare) Beteiligungsquote der jeweiligen Gesellschafter der KG abzustellen? BFH-Az. I R 21/22 (Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 6.4.2022 – 13 K 3550/19 K,G,F; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.06.2022).
Umsatzsteuer
Unberechtigter Steuerausweis: Weichen die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung für Rechnungen i.S.v. § 14c UStG von denjenigen des § 15 i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG ab? BFH-Az. XI R 4/22 (Vorinstanz: FG Köln, Urteil v. 19.10.2021 – 8 K 1057/20, s. hierzu Rennar, USt direkt digital 6/2022 S. 14).
Vorsteuerabzug bei einem Schneeballsystem: Kann ein Vorsteuerabzug aus Anschaffungskosten bei unsicherem Nachweis einer Lieferung infolge nicht ausreichender Rechnungsangaben gewährt werden? BFH-Az. V R 42/21 (Vorinstanz: Thüringer FG, Urteil v. 23.11.2021 – 3 K 219/18).
Steuerbefreiung ärztlicher Heilbehandlungen: Sind ärztliche Heilbehandlungen gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auch dann steuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden und diese Krankenhausleistungen ihrerseits nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG begünstigt sind, weil nicht alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind? BFH-Az. V R 10/22 (Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 17.05.2022 – 4 K 119/18, s. hierzu unsere Online-Nachricht, v. 04.10.2022).
Verfahrensrecht
Außenprüfung: Dürfen zusätzlich zu den Pauschbeträgen für unentgeltliche Wertabgaben für Nahrungsmittel und Getränke, welche in den für die Streitjahre jeweils gültigen amtlichen Richtsatzsammlungen für Sachentnahmen bzw. unentgeltliche Wertabgaben betreffend den Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) vorgesehen sind, weitere Hinzuschätzungen für Entnahmen von Nicht-Lebensmitteln, sog. „Non-Food-Artikel“, vorgenommen werden? BFH-Az. III R 28/22 (Vorinstanz: FG Münster Urteil v. 29.04.2022 – 10 K 1297/20)

Befristete Einsätze im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses

Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i.S. des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-) Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis. Besteht der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG (BFH, Urteil v. 12.05.2022 – VI R 32/20; veröffentlicht am 06.10.2022).

DBA: Abkommensrechtliche Dreieckskonstellationen

Die von Deutschland abgeschlossenen DBA stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und sind jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen, so dass sich der Steuerpflichtige grundsätzlich auf jede Begünstigung berufen kann, die ihm eines dieser Abkommen gewährt (BFH, Urteil v. 01.06.2022 – I R 30/18; veröffentlicht am 06.10.2022).

Gesetzgebung: Entlastung kleiner Einkommen von Energiekosten

Der Bundestag hat am 13.10.2022 zwei Gesetze zur Entlastung kleiner Einkommen von Energiekosten beraten.
Mit einem „Wohngeld-Plus-Gesetz“ wollen die Koalitionsfraktionen Bürger mit kleineren Einkommen von den gestiegenen Energiekosten entlasten. Über den dazu von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Entwurf eines „Gesetzes zur Erhöhung des Wohngeldes“ (Wohngeld-Plus-Gesetz, BT-Drucks. 20/3936) hat der Bundestag am Donnerstag, 13.10.2022, debattiert.
Im Verlauf der ersten Lesung beriet das Parlament auch über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf „zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch“ (BT-Drucks. 20/3884). Beide Vorlagen wurden im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.
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Corona: Keine Rückforderung von Corona-Soforthilfen

Neben dem Verwaltungsgericht (VG) Köln und dem VG Düsseldorf hat auch das VG Gelsenkirchen in zwei Verfahren die Rückforderung von Corona-Soforthilfen durch das Land NRW für rechtswidrig erachtet (VG Gelsenkirchen, Urteile v. 23.09.2022 – 19 K 297/22 und 19 K 317/22; nicht rechtskräftig).
Sachverhalt: Als Reaktion auf den Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 und den hiermit einhergehenden Beschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens legte die damalige Landesregierung ein Hilfsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen sowie Freiberufler und Solo-Selbstständige auf. Ab dem 27.03.2020 konnte jeder von den Pandemiebeschränkungen betroffene Angehörige des genannten Personenkreises unter Verwendung eines im Internet bereitgestellten Antragsformulars eine entsprechende Soforthilfe beantragen. Die hierfür zuständigen Bezirksregierungen bewilligten die Soforthilfen umgehend und zahlten diese in Abhängigkeit von der Beschäftigtenanzahl des jeweiligen Antragstellers in Höhe von 9.000, 15.000 oder 25.000 Euro aus.
Ab der zweiten Jahreshälfte 2020 forderte das beklagte Land aufgrund einer Ende Mai veröffentlichten Soforthilfe-Richtlinie sämtliche Hilfeempfänger im Rahmen eines sog. Rückmeldeverfahrens auf, ihre Einnahmen und Ausgaben während des Bewilligungszeitraums mittels eines Online-Formulars mitzuteilen. Anhand dieser Angaben ermittelten die Bezirksregierungen den jeweiligen „Liquiditätsengpass“ des Hilfeempfängers als Differenz aus Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum. Nur in Höhe dieses Liquiditätsengpasses dürften die Hilfeempfänger die Soforthilfe nach seiner Auffassung behalten. Die übrigen zu viel gezahlten Mittel forderte das beklagte Land mittels sogenannter Schlussbescheide zurück.
In beiden Verfahren hat die Kammer den Klagen stattgegeben und die Schlussbescheide aufgehoben:
• Die ursprünglichen Bewilligungen haben nicht unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit, d.h. einer endgültigen Schlussabrechnung gestanden.
• Weder der Bewilligungsbescheid noch das Antragsformular noch die im Internet durch das Land veröffentlichten „FAQ“ haben den Vorbehalt erkennen lassen.
• Der Hinweis des Landes auf seine Ende Mai erlassene Soforthilferichtlinie geht fehl, weil diese erst deutlich nach der Bewilligung veröffentlicht wurde.
• Bei der Endabrechnung durfte das Land außerdem nicht ausschließlich auf einen Liquiditätsengpass abstellen, weil die Soforthilfen nach den Bewilligungsbescheiden auch zur Kompensation von Umsatzeinbußen hätten eingesetzt werden dürfen.

Kurzarbeitergeld für Leiharbeiter

Die Bundesregierung hat am 28.09.2022 die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgeschlagene Verordnung zur Öffnung des Kurzarbeitergeldbezugs für Leiharbeitnehmer beschlossen.
Hierzu führt das BMAS u.a. weiter aus:
• Um Arbeitsplätze in der Leiharbeit zu sichern, wird ab 01.10.2022 erneut eine Regelung geschaffen, die das Kurzarbeitergeld für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer öffnet.
• Die Sonderregelung ist zeitlich befristet bis Ende 2022. Parallel hierzu wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Verordnungsermächtigungen beim Kurzarbeitergeld und anderer Regelungen (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 21.09.2022) auf den Weg gebracht.

Grundsteuer: Frist wird verlängert

Die bisherige Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung bis Ende Oktober wurde bis zum 31.01.2023 verlängert. Dies teilt das BMF aktuell mit.

Corona: Schlussabrechnung für die Überbrückungshilfen

Das IDW hat einen Fachlichen Hinweis zur Schlussabrechnung für die Corona-Überbrückungshilfen erarbeitet. Ziel des Fachlichen Hinweises ist es, Wirtschaftsprüfer bei der Abgabe der Aussagen des prüfenden Dritten im Antragsportal des Bundes im Zusammenhang mit der „Schlussabrechnung Paket 1“ zu unterstützen und dabei sowohl die Vorgaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des BMF zu erfüllen, als auch ihre beruflichen und fachlichen Grundsätze zu beachten.
Hintergrund: Alle Unternehmen, die eine der Corona-Wirtschaftshilfen Überbrückungshilfe I-IV sowie November- und Dezemberhilfe durch prüfende Dritte beantragt haben, sind verpflichtet, bis zum 30.06.2023 eine Schlussabrechnung einzureichen. Die Abrechnung der ersten Programme (Überbrückungshilfe I-III, November- und Dezemberhilfe) ist am 05.05.2022 gestartet.
Hierzu führt das IDW u.a. weiter aus:
Bei dem Auftrag des Wirtschaftsprüfers zur Einreichung der Schlussabrechnung handelt es sich – ebenso wie bei dem Auftrag des Wirtschaftsprüfers zur Beantragung der Coronahilfen – um einen Erstellungsauftrag mit bestimmten vorzunehmenden Würdigungen.
Das im fachlichen Hinweis gegebene Formulierungsbeispiel für die Bescheinigung soll dem Wirtschaftsprüfer ermöglichen, gegenüber dem Auftraggeber eine Bescheinigung nach berufsüblichen Grundsätzen zu erteilen.

Ermäßigter Umsatzsteuersatz in der Gastronomie

Der Bundestag hat am 22.09.2022 das „Achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen“ in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen. Mit dem Gesetz soll neben der Umsetzung der EU-Alkoholstrukturrichtlinie auch die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen als Teil des dritten Entlastungspaketes der Bundesregierung um ein Jahr bis Ende 2023 verlängert werden.
Hintergrund: Mit dem Gesetz sollen die EU-Systemrichtlinie sowie die EU-Alkoholstrukturrichtlinie umgesetzt werden. Darüber hinaus sollen im Biersteuergesetz und in der Biersteuerverordnung verschiedene Änderungen vorgenommen werden, für die nach Angaben der Bundesregierung ein rechtlicher oder praktischer Handlungsbedarf besteht. Diese Änderungen würden im Wesentlichen dem Bürokratieabbau dienen und Erleichterungen für Wirtschaft und Verwaltung bewirken.
Zu den Maßnahmen gehört u.a., dass Bierwürze, welche zur Herstellung von alkoholsteuerpflichtigen Waren verwendet wird, von der Biersteuer befreit wird. Weiterhin sollen mit dem Gesetz Wissenschaft und Forschung durch Hereinnahme eines Steuerbefreiungstatbestands in das Biersteuergesetz gefördert werden, sofern das Bier zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werde. Ferner sollen die ermäßigten Sätze der Biersteuermengenstaffel, die bereits im Zuge der Corona-Hilfsmaßnahmen eingeführt worden waren und die eigentlich zum Ende dieses Jahres auslaufen, weitergeführt werden.
Per Änderungsantrag eingefügt und angenommen wurde die Verlängerung der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Abgabe von Getränken) bis Ende 2023. Dieser sollte eigentlich zum Jahresende auslaufen. Die Umsatzsteuermindereinnahmen sollen sich dadurch auf rund 3,3 Milliarden Euro belaufen. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie unbefristet weiterzuführen, wurde dagegen abgelehnt.
Ebenfalls per Änderungsantrag eingefügt und angenommen wurde eine Anpassung des Durchschnittssatzes und der Vorsteuerpauschale für Landwirte ab 01.01.2023 auf 9,0 Prozent durch die Änderung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 3 UStG.