Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner

Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am 28. Oktober 2022 grünes Licht für die Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende gegeben, indem er den entsprechenden Gesetzbeschluss aus dem Bundestag gebilligt hat.
Weitere Gruppen einbeziehen
In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung, zu prüfen, welche Personengruppen bislang keinen Einmalbetrag zur Entlastung von den steigenden Energiepreisen erhalten haben und wie diese Personengruppen in weitere Entlastungspakete einbezogen werden könnten.
Was das Gesetz vorsieht: 300 Euro Einmalzahlung
Nach dem Gesetz erhalten Rentnerinnen und Rentner eine Energiepreispauschale als Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro. Diese Pauschale bekommt, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsgesetz oder dem ersten und zweiten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes hat.
Automatische Auszahlung Anfang Dezember
Der Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland. Die Energiepreispauschale wird Anfang Dezember 2022 automatisch als Einmalzahlung durch die Rentenzahlstellen oder die Versorgungsbezüge zahlenden Stellen überwiesen. Sie unterliegt nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben des Bundes auf rund 6,4 Milliarden Euro.
Außerdem: Anhebung der Obergrenze des Übergangsbereichs
Das Gesetz hebt überdies die Obergrenze für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im so genannten Übergangsbereich, in dem Arbeitnehmende lediglich einen reduzierten Beitragsanteil zahlen müssen, von 1.600 Euro auf 2.000 Euro im Monat an. Mit der Ausweitung des Übergangsbereichs werden Beschäftigte bei den Sozialversicherungsbeiträgen in einer Größenordnung von rund 1,3 Milliarden Euro jährlich entlastet. Für die Sozialversicherung insgesamt ergeben sich dadurch ab 2023 allerdings jährliche Mindereinnahmen, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Weiteres Verfahren
Das Gesetz kann nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens jetzt wie geplant in Kraft treten – größtenteils am Tag nach der Verkündung; eine Regelung tritt erst am 1. Januar 2023 in Kraft. Die begleitende Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit den Anliegen befasst. Feste Fristen gibt es dazu nicht.

Anschaffungsnahe Herstellungskosten: Entnahme einer Wohnung

Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen ist keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG (BFH, Urteil v. 03.05.2022 – IX R 7/21; veröffentlicht am 20.10.2022). Hintergrund: Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG). Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebs-bereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Herstellungskosten sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten; s. u.a. BFH-Urteile v. 14.06.2016 – IX R 25/14, BStBl II 2016, 992, Rz 15 sowie IX R 15/15, BStBl II 2016, 996, Rz 8 ff.; Schießl, StuB 19/2016, 719). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (Anschluss an das BFH-Urteil v. 16.02.2022 – X R 2/21: BFH, Urteil v. 21.06.2022 – VIII R 25/20; veröffentlicht am 20.10.2022).

Doppelte Haushaltsführung mit Auslandsbezug

Die für eine doppelte Haushaltsführung erforderliche finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung muss bei Fällen mit Auslandsbezug nicht unterstellt werden, nur weil der Arbeitnehmer verheiratet ist. Die Finanzverwaltung ist dazu berechtigt, sich in jedem Einzelfall die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung nachweisen zu lassen (FG Niedersachsen, Urteil v. 21.09.2022 – 9 K 309/20; Revision zugelassen).

Gesetzgebung: Sachverständige für höheren Inflationsausgleich

Angesichts der drastisch steigenden Preise haben mehrere Sachverständige in einer Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages zum Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG (BT-Drucks. 20/3496) am 17.10.2022 die bisher geplanten Maßnahmen als unzureichend bezeichnet und deutlich höhere Entlastungen vor allem der Familien angemahnt.
Das geplante Gesetz sieht verschiedene steuerliche Maßnahmen wie die Anhebung des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages sowie ein höheres Kindergeld vor. Das Kindergeld soll im nächsten Jahr für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat erhöht werden. Diese Erhöhung in einem Schritt soll für die Jahre 2023 und 2024 gelten. Somit steigt das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 18 Euro und für das dritte Kind um 12 Euro monatlich.
Der Bund der Steuerzahler erklärte, im Sinne eines schnellen Inflationsausgleichs für die Steuerzahler wäre es geboten, schon den Steuertarif 2022 mit einer höheren Inflationsrate zu indexieren. Auch die Annahme der Bundesregierung einer Inflationsrate von rund 5,76 Prozent für den Steuertarif 2023 sei kein echter Inflationsausgleich. Der Gesetzgeber müsse den Einkommensteuertarif 2023 um die zu erwartende Inflation 2023 bereinigen, die nach der derzeitigen Prognose der Gemeinschaftsdiagnose 8,8 Prozent betragen werde.

ExtraEnergie: Handlungsempfehlungen bei Lieferstopp

Die Verbraucherzentrale NRW hat Handlungsempfehlungen für (ehemalige) Kunden des Energieversorgers ExtraEnergie für den Fall einer Preiserhöhung oder eines Lieferstopps veröffentlicht.
Hintergrund: Gleich mehrere rechtliche Schritte der Verbraucherzentrale NRW gegen den Anbieter ExtraEnergie gehen der aktuellen Situation voraus:
Bereits im Juli 2022 hat ExtraEnergie Preiserhöhungsschreiben an Verbraucher trotz bestehender Preisgarantien verschickt. Die Verbraucherzentrale NRW hat ExtraEnergie deswegen abgemahnt und eine Einstweilige Verfügung beantragt. Daraufhin hat das Landgericht Düsseldorf am 26.08.2022 der ExtraEnergie GmbH diese Preiserhöhung für den Zeitraum der vereinbarten Preisgarantie untersagt. Wer der Preiserhöhung widersprochen hatte, dem wurde eine Einstellung der Belieferung angekündigt – denn ExtraEnergie hat solche Widersprüche in Vertragskündigungen umgedeutet.
Deswegen hat die Verbraucherzentrale NRW den Anbieter in Bezug auf Gaskundschaft wiederum abgemahnt, woraufhin am 21.09.2022 eine Unterlassungserklärung des Unternehmens folgte. Doch in einigen Fällen ist die Lieferung tatsächlich eingestellt worden.
Die VZ NRW gibt nun Hinweise, wir zu verfahren ist, je nachdem, ob ein Widerspruch, eine Sonderkündigung oder sogar die Einstellung der Lieferung erfolgt ist oder nicht:
• Variante I – Verbraucher haben den Vertrag mit Preisgarantie nicht gekündigt
• Variante II – Verbraucher haben den Vertrag mit Preisgarantie bereits gekündigt

Gesetzgebung des Bundesrates v. 07.10.2022

Am 07.07.2022 hat der Bundesrat sieben Gesetze aus dem Bundestag gebilligt, die die Bevölkerung in der aktuellen Energiepreiskrise entlasten sollen: verabschiedet wurden u.a. die reduzierte Umsatzsteuer auf Gaslieferungen und auf Gastronomieleistungen sowie die Steuerbefreiung für Arbeitgeberprämien zum Inflationsausgleich.
Auch umfangreiche Änderungen im Energierecht zur sicheren Strom- und Gasversorgung, Verordnungsermächtigungen für den vereinfachten Zugang zum Kurzarbeitergeld sowie die 28. BAföG-Novelle fanden die Billigung der Länder – ebenso Vereinfachungen im Infektionsschutzgesetz und im Personenstandsrecht.
Unterstützung für Krankenhäuser und Zivilschutz
Der Bundesrat beschloss eigene Initiativen mit Appellen an die Bundesregierung – unter anderem Vorschläge zur Liquidität von Krankenhäusern, Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes und zu vereinfachten Abläufen in der Justiz.
Neu vorgestellt wurden Länderanträge zu Unternehmensbeihilfen in der Energiepreiskrise, zur elektronischen Gesundheitskarte, zum Ausbau der Kinderbetreuung, zum Tierschutz sowie zur Rechtsbereinigung. Die Fachausschüsse befassen sich in den nächsten Wochen damit.
Kita-Qualität – Triage – Heizkostenzuschuss
Stellung nahm der Bundesrat zu Plänen der Bundesregierung für ein neues KiTa-Qualitätsgesetz, Regeln für die so genannte Triage bei medizinischen Engpässen, Änderungen im Sozialrecht und zum Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger. Die Vorschläge gehen nun über die Bundesregierung in den Bundestag.
Zustimmung zu 10 Verordnungen
Mit Zustimmung des Bundesrates in Kraft treten können 10 Verordnungen der Bundesregierung – vor allem aus den Bereichen Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz sowie Agrarbeihilfen.

Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters

Eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG kommt nicht in Betracht, wenn über das Vermögen eines Dritten, der das vom Leistungsempfänger geschuldete Entgelt für Rechnung des Leistenden eingezogen hat, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, bevor der Dritte das Entgelt an den Leistenden weitergeleitet hat (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 31.03.2022 – 1 K 2073/21; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 15/22).

Sozialversicherung: Neue Beitragsbemessungsgrenzen für 2023

Die Bundesregierung hat die neuen Rechengrößen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für 2023 beschlossen.
Ab 01.01.2023 gelten neue Rechengrößen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 59.850 Euro im Jahr (monatlich 4.987,50 Euro) und die Versicherungspflichtgrenze steigt auf jährlich 66.600 Euro (monatlich 5.550 Euro). Diese Werte sind bundesweit gleich.
Bis zur Beitragsbemessungsgrenze ist das Einkommen eines Beschäftigten beitragspflichtig, alles darüber ist beitragsfrei. Bis zur Versicherungspflichtgrenze müssen Beschäftigte gesetzlich krankenversichert sein. Wer über diesen Betrag hinaus verdient, kann sich privat krankenversichern lassen.
Ab 01.01.2023 wird die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung in den neuen Bundesländern bei 7.100 Euro im Monat (2022: 6.750 Euro) und in den alten Bundesländern bei 7.300 Euro im Monat (2022: 7.050 Euro) liegen.
In der knappschaftlichen Rentenversicherung wird diese Einkommensgrenze bei 8.700 Euro (2022: 8.350 Euro) in den neuen Ländern und bei 8.950 Euro (2022: 8.650 Euro) in den alten Ländern liegen.
Das Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung, das zur Bestimmung der Entgeltpunkte im jeweiligen Kalenderjahr dient, wird für 2023 vorläufig auf 43.142 Euro im Jahr (2022: 38.901 Euro) festgesetzt.

Gesetzgebung: Bessere Erfassung des Plattformhandels

Die geplante bessere steuerliche Erfassung von Umsätzen auf Internet-Handelsplattformen ist von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 12.10.2022 überwiegend begrüßt worden. Andere Punkte des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 20/3436) stießen jedoch zum Teil auf erhebliche Bedenken.
Hintergrund: Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.03.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts sollen Betreiber digitaler Plattformen verpflichtet werden, den Finanzbehörden Informationen über Einkünfte zu melden, die von Anbietern auf diesen Plattformen erzielt worden sind. Um auch ausländische Anbieter zu erfassen, soll es einen automatischen Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union geben. Bei den stark genutzten Portalen, die beispielsweise die Kurzzeitvermietung privaten Wohnraums ermöglichten, der Fahrdienstvermittlung dienten oder zum Verkauf von Waren genutzt würden bestehe Grund zu der Annahme, dass die erzielten Einkünfte vielfach gegenüber den Finanzbehörden gar nicht oder nur unvollständig erklärt würden.
Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßte die Meldepflicht für Plattformen und den geplanten europaweiten Informationsaustausch. Der Kampf für mehr Steuergerechtigkeit erfordere mittlerweile nicht nur nationale, sondern auch internationale Maßnahmen. Es sei derzeit kaum möglich, auf steuerlich relevante Daten von Anbietern auf digitalen Plattformen zuzugreifen. Die Deutsche Steuergewerkschaft rechnet mit einem jährlichen Steuerausfall beim europäischen Plattformhandel in Höhe von mehreren Milliarden Euro.
Auch die Bundessteuerberaterkammer erklärte, die Meldepflicht und der automatische Austausch von Informationen der Plattformbetreiber in Steuersachen könnten einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit und einer gleichmäßigen Steuererhebung darstellen. Angesichts der notwendigen IT-Arbeiten und aufgrund des Fachkräftemangels im IT-Bereich gebe es für die Plattformbetreiber erhebliche Herausforderungen. Der Gesetzgeber sollte eine ausreichende Vorlaufzeit vorsehen, empfahl die Bundessteuerberaterkammer.
Das „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ begrüßte den Gesetzentwurf insoweit, als dass den Finanzbehörden zusätzliche Informationen über die „Steueroase Internet“ zur Verfügung gestellt würden. Es stelle sich aber die Frage, wie in der EU für eine einheitliche und hohe Datenqualität gesorgt werden solle. Zwar würden die Plattformbetreiber verpflichtet, alle Steueridentifikationsnummern und Ansässigkeitsstaaten zu ermitteln, aber es sei zu erwarten, dass vor allem große Plattformbetreiber das Land für die Datenübermittlung gezielt aussuchen und dort auch gezielt Einfluss auf eine möglichst laxe Überwachung nehmen würden.
Für Professor Ekkehart Reimer vom Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg besteht eine zentrale Unklarheit des Gesetzentwurfs darin, welche Arten von Plattform-Geschäften überhaupt den neuen Anzeige- und Meldepflichten unterliegen. So würden Crowdfunding-Geschäfte offenbar nicht erfasst. Es sei nicht zu erkennen, dass der Gesetzentwurf auch andere als immobilienbezogene Plattformgeschäfte betreffe, hieß es in seiner Stellungnahme. Diese Frage sei klärungsbedürftig, denn es gebe einen umfangreichen Handel mit wertvollen beweglichen Gegenständen wie Kraftfahrzeugen, elektronischen Geräten, Kunstgegenständen, Briefmarken und Münzen sowie Dienstleistungen. Reimer bezeichnete das Gesetz als „bürokratisches Monster“.
An den geplanten Änderungen bei der Durchführung von steuerlichen Außenprüfungen, die zeitnaher durchgeführt und beschleunigt werden sollen, wurde zum Teil starke Kritik geübt. So erklärte die Bundessteuerberaterkammer, dass einige Regelungen zu Lasten der Steuerpflichtigen gehen würden, etwa die Widerlegung der Beweiskraft der Buchführung bei fehlenden Schnittstellen, die Einführung der strafbewehrten Berichtigungspflicht bei Prüfungsfeststellungen sowie die Einführung eines „qualifizierten Mitwirkungsverlangens“. Die Steuerberaterkammer empfahl, dem Kooperationsgedanken mehr Raum zu geben. Dazu riet auch Professor Maria Marquardsen (Ruhr-Universität Bochum). Sie argumentierte, besser als das scharfe Schwert sei ein kooperativer Ansatz.
Enttäuscht zeigte sich der Deutsche Steuerberaterverband, dass der Entwurf eine Drohkulisse durch ein neues scharfes Sanktionsregime, eine Erweiterung von Mitwirkungspflichten und eine Schwächung der Beweiskraft der Buchführung aufbaue. Außenprüfungen würden in Deutschland zu spät beginnen und zu lange dauern. Jahrelanges Warten auf Rechtssicherheit, verbunden oftmals mit Zinsbelastungen, sei die Folge. Franziska Peters, Richterin am Finanzgericht Münster, erwartet von einigen Regelungen, dass es durch sie zu einer Beschleunigung der Außenprüfungen kommen werde. Es würden allerdings neue Rechtsunsicherheiten insbesondere mit Blick auf das „qualifizierte Mitwirkungsverlangen“ entstehen.
Das Institut Finanzen und Steuern bemängelte, dem Ziel einer Modernisierung der Betriebsprüfung sei der Gesetzentwurf nur punktuell nachgekommen. Durch die geplanten erheblichen Verschärfungen der Mitwirkungspflichten und Sanktionstatbestände würden „einseitige Beschleunigungen vor dem Hintergrund einer ansteigenden Sanktionskulisse“ erschaffen. Das Institut für Digitalisierung im Steuerrecht begrüßte verschiedene Maßnahmen im Entwurf, kritisierte jedoch auch, dass der Regierungsentwurf keine übergreifende Strategie für die Digitalisierung der Außenprüfung erkennen lasse.
Die Deutsche Steuergewerkschaft bezeichnete diesen Teil des Gesetzentwurfs hingegen als guten Kompromiss.