Hochwasser : Verlängerung der Antrags- und Bewilligungsfrist für die Wiederaufbauhilfe

Das BMF hat entschieden, die Antrags- und die Bewilligungsfrist für die Hochwasserhilfe 2021 um jeweils drei Jahre bis Juni 2026 zu verlängern.
Mit der Entscheidung reagiert das Bundesministerium der Finanzen auf die Notlage in den Regionen. Im letzten Jahr hat die Bundesregierung bereits in großer Solidarität gemeinsam mit den Ländern das Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“ mit einem Finanzvolumen von bis zu 30 Mrd. Euro für die Betroffenen geschaffen.
Mit der nunmehr beschlossenen Fristverlängerung erweitert die Bundesregierung den zeitlichen Rahmen für die Erfassung der Schäden durch die Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen erheblich. Die betroffenen Länder sind nun aufgefordert für die Umsetzung, ihre Antragsverfahren entsprechend anzupassen und die Verwaltungskapazitäten zu erhöhen, so dass die gemeinsam beschlossenen Finanzhilfen zeitnah bei den Betroffenen ankommen können.
Nach der getroffenen Entscheidung ist nun die Verwaltungsvereinbarung zur „Aufbauhilfe 2021“ gemeinsam mit den vier betroffenen Ländern zu ändern. Zudem ist eine Änderung der Aufbauhilfeverordnung zur „Aufbauhilfe 2021“ erforderlich, welcher der Bundesrat zustimmen muss.

Bedenken gegen Übergewinnsteuer

Vertreter der Wissenschaft haben in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 28.11.2022 erhebliche Bedenken gegen die Einführung eines Energiekrisenbeitrages für Unternehmen der Öl-, Gas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft aufgrund einer EU-Verordnung erhoben. Die Maßnahme soll noch in den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (BT-Drucks. 20/3879, 20/4229) eingefügt werden.
Vorgesehen ist, dass in den Wirtschaftsjahren 2022 oder 2023 (bei abweichenden Wirtschaftsjahren in den Jahren 2022/23 und 2023/24) entstandene Gewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die im Vergleich zu den Vorjahren (2018 bis 2021) den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, besteuert werden. Der Steuersatz soll 33 Prozent betragen. Außerdem war die Steuerpflicht der Gasumlage Thema der öffentlichen Anhörung. Vorgesehen ist hier ein sozialer Ausgleich, so dass sich nur bei Steuerpflichtigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse erhöhen soll.
In der vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Anhörung des Finanzausschusses nannte Professor David Hummel (Universität Leipzig) den EU-Energiekrisenbeitrag einen „sehr innovativen Ansatz der EU-Kommission“. Es handele sich um nichts anderes als eine zusätzliche Ertragsteuer. Und bei Steuern gelte das Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat und die Pflicht zur Beteiligung des Europäischen Parlaments. Bei der gewählten Lösung über den Artikel 122 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gebe es Schwierigkeiten, nachzuvollziehen, wie die Sicherstellung der Versorgung mit Energie über neue Steuern erfolgen solle. Auch der gewählte Weg einer Verordnung sei sehr ungewöhnlich. Das Vorhaben hätte besser über eine Richtlinie realisiert werden sollen. Er sehe „jede Menge Schwierigkeiten auf uns zukommen“, erklärte Hummel.
Dietmar Gosch (WTS Group AG) vertrat die Auffassung, dass der Energiekrisenbeitrag ungeeignet sei, um eine drohende Energienotlage im Sinne von Artikel 122, Absatz 1 AEUV zu beseitigen. Mit dem Beitrag werde keine Mangellage behoben, sondern es werde allenfalls die Folge einer eventuellen Mangellage beseitigt. Preissteigerungen und daraus generierte Gewinne seien natürliche Marktreaktionen und keine Störungen des Marktgeschehens. Es sei ein untaugliches Krisenbeseitigungsinstrument gewählt worden. Wie schon Experte Hummel vertrat auch Gosch die Auffassung, dass bei Steuern in der EU das Einstimmigkeitsprinzip gelte. Die Beteiligung des Europäischen Parlaments werde mit dem Weg über die Verordnung unterlaufen.
Heribert Anzinger (Universität Ulm) sagte, die EU-Verordnung betrete an vielen Stellen Neuland, und es gebe rechtliche Unsicherheiten. Als Grundlage für die Verordnung gewählt worden sei der energiepolitische Fragen und nicht Steuern betreffende Artikel 122 Absatz 1 AEUV. Die EU habe offenbar den Weg einer Verordnung gewählt, damit es schneller gehe. Deutschland solle sich unionsrechtsfreundlich verhalten, empfahl Anzinger.
Hinweis:
Weitere Meinungen zur geplanten Regelung (u.a. von Simon Kempny, Universität Bielefeld, vom BDI sowie vom Netzwerks Steuergerechtigkeit) sind in der hib-Meldung v. 28.11.2022 zusammengefasst.

Gewinnverteilungsabrede im Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG

Eine nach Ablauf des Abzugsjahres getroffene Gewinnverteilungsabrede, die für den Fall der Nichtinvestition eine vom bisher geltenden Gewinnverteilungsschlüssel abweichende Zuordnung des Gewinns aus der Rückgängigmachung des IAB trifft, ist steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen (BFH, Urteil v. 29.09.2022 – IV R 18/19; veröffentlicht am 08.12.2022).

Steuermindernde Rückstellung für Altersfreizeit

Betriebe, die ihren Mitarbeitern zusätzliche freie Arbeitstage in Form von Altersfreizeit gewähren, können hierfür eine steuermindernde Rückstellung bilden (FG Köln, Urteil v. 10.11.2021 – 12 K 2486/20; Revision anhängig, BFH-Az. IV R 22/22).
Sachverhalt: Die Klägerin gewährt ihren älteren Beschäftigten neben ihrem vertraglichen Jahresurlaub einen zusätzlichen jährlichen Anspruch auf bezahlte Freizeit. Voraussetzung für den Erhalt ist eine Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren und das Überschreiten der Altersgrenze von 60 Jahren. Im Rahmen einer Betriebsprüfung lehnte das zuständige Finanzamt die steuermindernde Berücksichtigung der Rückstellung ab. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten seien nicht erfüllt. Insbesondere hätten die beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Mehrleistungen erbracht, die der Betrieb zu bezahlen hätte. Hiergegen klagte die Klägerin beim FG Köln.

Die Klage hatte Erfolg:

• Die Klägerin kann eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden.
• Die Klägerin sagt die Gewährung weiterer freier Arbeitstage verbindlich zu. Die Beschäftigten treten mit ihrer Arbeitskraft in Vorleistung, die entsprechende Gegenleistung wird von der Klägerin demgegenüber erst in der Zukunft erbracht.
• Damit ist die Verpflichtung des Betriebs zur Gewährung zusätzlicher freier Arbeitstage bereits vor dem Eintritt in die Arbeitsfreistellung entstanden und wirtschaftlich verursacht worden.
• Dem steht nicht entgegen, dass die Zusage an die vergangene Dienstzeit und an die zukünftige Betriebstreue der einzelnen Beschäftigten gebunden ist.
Hinweis:
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Finanzamt hat die vom BFH zugelassene Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen IV R 22/22 beim BFH geführt wird.

Reisekosten bei betrieblich veranlassten Auslandsreisen ab 01.01.2023

Das BMF hat die Übersicht über die ab 01.01.2023 geltenden Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten für beruflich und betrieblich veranlasste Auslandsdienstreisen bekannt gemacht (BMF, Schreiben v. 23.11.2022 – IV C 5 – S 2353/19/10010 :004).
Hinweis:
Die Übersicht über die ab 01.01.2023 geltenden Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten im Ausland ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht.

Grunderwerbsteuer: Bestimmung des herrschenden Unternehmens

Welches Unternehmen „herrschendes Unternehmen“ und welche Gesellschaft „abhängige Gesellschaft“ i. S. des § 6a GrEStG ist, richtet sich nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Steuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist (BFH, Urteil v. 28.09.2022 – II R 13/20; veröffentlicht am 01.12.2022).

Rechtsprechung: Neue Revisionsverfahren beim BFH

Der BFH hat die Liste der derzeit anhängigen Revisionsverfahren aktualisiert. Die interessantesten Verfahren aus dem Monat November 2022 haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Einkommensteuer
Zufluss einer vertraglich vereinbarten, jedoch nicht ausgezahlten Tantieme an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer: Kommt es -abweichend vom BMF-Schreiben vom 12.05.2014 (BStBl I 2014, 860)- nicht darauf an, ob die unterbliebene Aufwandsbuchung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, soweit dies zu keinem Steuervorteil i.S. des § 42 Abs. 2 Satz 1 AO geführt hat und somit kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt? BFH-Az. VI R 20/22; Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.06.2022 – 12 K 58/20.
Rückabwicklung von widerrufenen Darlehensverträgen: Führt die nach Widerruf eines Darlehens von einer Bank gezahlte Nutzungsentschädigung für bereits geleistete Zahlungen zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen? BFH-Az. VIII R 16/22; Vorinstanz: FG Düsseldorf Urteil vom 29.09.2022 (11 K 314/20 E), s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.11.2022.

Gewerbesteuer
Beginn der Gewerbesteuerpflicht: Beginnt die Gewerbesteuerpflicht einer sog. Ein-Objekt-Personengesellschaft (hier: Gesellschaft mit dem Zweck der Bebauung eines Grundstücks mit einem Hotel) bereits dann, wenn ihre (mehrheitlich beteiligte) Kommanditistin die Veräußerung ihrer Anteile an der Gesellschaft plant, weil dies wirtschaftlich betrachtet der Veräußerung des einzigen Objekts der Gesellschaft gleichkommt? BFH-Az. IV R 23/22; Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 06.09.2021 – 10 K 10009/19.

Umsatzsteuer
Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zwischen einer landwirtschaftlich tätigen KG und ihrem Komplementär: Reicht es zur Bejahung der finanziellen Eingliederung der KG in den Organträger aus, wenn der Landwirt (Organträger) als Komplementär mit seiner 97 %-igen Beteiligung am Kapital in allen Beschlüssen, die mit einfacher Mehrheit zu fassen sind, selbst entscheiden kann? BFH-Az. V R 8/22; Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 26.04.2022 – 15 K 137/18 U, s. hierzu Rennar, USt direkt digital 14/2022 S. 5 .
Unselbständige Stiftung als Leistungsempfänger: Kann eine unselbständige, nicht rechtsfähige Stiftung, die zivilrechtlich nur durch ihren Rechtsträger handeln kann, Leistungsempfängerin im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen mit ihrem Rechtsträger im umsatzsteuerlichen Sinne sein, sodass die Verwaltungsleistungen des Trägers steuerbare Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG begründen? BFH-Az. V R 13/22; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.7.2022 sowie Rennar, USt direkt digital 19/2022 S. 7.

Verfahrensrecht
Beginn der Festsetzungsfrist bei Kenntnis des Erben über den Erwerb von Todes wegen: Bezieht sich die „Kenntnis“ i.S. des § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO auf den tatsächlichen und rechtlich richtigen Erwerb, sodass ein nachträglich gefundenes Testament, welches zu einer abweichenden Aufteilung der Erbmasse führt, eine erneute Anlaufhemmung auslöst? BFH-Az. II R 28/22; Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil v. 29.06.2022 – 4 K 896/20 Erb, s. hierzu Hahn, NWB 37/2022 S. 2612.
Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Finanzbehörden: In welchem Umfang erwächst aus der europäischen Datenschutz-Grundverordnung ein Auskunftsanspruch gegenüber den Finanzbehörden und inwieweit findet eine Beschränkung durch die Regelungen der Abgabenordnung statt? BFH-Az. II R 23/22 und II R 29/22; Vorinstanzen: FG München, Urteil v. 05.05.2022 – 15 K 194/20 sowie FG Münster, Urteil v. 11.05.2022 – 9 K 848/20;

Kindergeld: Wegfall der Arbeitsuchendmeldung

Hat die Agentur für Arbeit das arbeitsuchende Kind aus der Vermittlung abgemeldet, fehlt es aber an einer wirksamen Bekanntgabe der Einstellungsverfügung oder an einer einvernehmlichen Beendigung der Arbeitsuchendmeldung, hängt der Fortbestand der Arbeitsuchendmeldung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG davon ab, ob das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die Agentur für Arbeit nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III (in der Fassung vom 20.12.2011) zur Einstellung der Vermittlung berechtigt hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung). Weder die Löschung der Registrierung noch die einvernehmliche Beendigung eines Berufsberatungstermins führen zum Wegfall der Arbeitsuchendmeldung (BFH, Urteil v. 22.09.2022 – III R 37/21; veröffentlicht am 01.12.2022).

Avalprovisionen als Schuldzinsen (BFH)

Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen i. S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird (BFH, Urteil v. 31.08.2022 – X R 15/21).

Berechnung bzw. Ermittlung der Lohnsteuer ab Januar 2023

Vor dem Hintergrund des derzeit noch laufenden Gesetzgebungsverfahrens zum JStG 2022 hat das BMF nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Übergangsregelungen hinsichtlich des ab Januar 2023 vorzunehmenden Lohnsteuerabzugs getroffen (BMF, Schreiben v. 08.12.2022 – IV C 5 – S 2361/19/10008 :008).

Danach gilt Folgendes:

• Arbeitgeber sind bis zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt nach der Bekanntmachung geänderter Programmablaufpläne 2023 nicht verpflichtet, die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags und des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende beim Lohnsteuerabzug 2023 umzusetzen.
• Arbeitgeber können danach für einen Übergangszeitraum die Lohnsteuer entsprechend der Programmablaufpläne 2023 vom 18. November 2022 (BStBl I S. XXX) berechnen (maschinelle Lohnsteuerberechnung) bzw. ermitteln (manuelle Ermittlung der Lohnsteuer auf Grundlage von Lohnsteuertabellen).
• Arbeitgeber, die die Lohnsteuer manuell ermitteln, können für einen Übergangszeitraum die Lohnsteuer auch auf Grundlage von Lohnsteuertabellen für 2022 (Bekanntmachung vom 20.05.2022, BStBl I S. 682, Anlage 2) ermitteln, wenn der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich widerspricht.