Grundsteuer: Verbände fordern vorläufige Bescheide

Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes sollten vorläufig erlassen werden. Dies fordert eine Verbände-Allianz aus dem Bund der Steuerzahler (BdSt), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), dem Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und Haus & Grund Deutschland.

Hierzu führt der BdSt u.a. weiter aus:

  • Bereits jetzt sind etliche Einsprüche und Klagen anhängig, die sich – aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken – erneut gegen die Berechnungsmethoden der neuen Grundsteuer richten.
  • Erklärtes Ziel der Verbände-Allianz ist es deshalb, eine Einspruchswelle zu verhindern und somit allen Eigentümern Sicherheit zu verschaffen sowie die Finanzverwaltung und Steuerberater zu entlasten.
  • Wenn die gerichtliche Klärung die Verfassungswidrigkeit jetzt geltender Bewertungsregeln ergibt, könnte diese für alle Bescheide gelten und nicht nur für solche Eigentümer, die ihre Bescheide mittels Einspruchs bereits angefochten haben.
  • Deshalb appellieren BdSt-Präsident Reiner Holznagel, DSTG-Vorsitzender Florian Köbler, DStV-Präsident Torsten Lüth und Haus & Grund-Präsident Dr. Kai Warnecke an die Bundesländer, eine vorläufige Festsetzung rasch zu beschließen.
  • Tatsächlich gehen derzeit in fast allen Finanzämtern zahlreiche Einsprüche gegen die Feststellungen des Grundsteuerwertes ein. Der Grund: Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsregeln von Immobilien und Grundstücken im Rahmen der Grundsteuerreform. Demnach sind viele Eigentümer verunsichert, ob die Bewertung richtig ist oder nicht.
  • Deshalb laufen bereits Musterverfahren zur gerichtlichen Klärung: Neben dem Verfahren des BdSt Baden-Württemberg und Haus & Grund Baden-Württemberg im Bundesland selbst, werden der BdST und Haus & Grund Deutschland gemeinsame Klagen gegen das Bundesmodell starten, das in elf Ländern gilt. Die Urteile werden erst in den nächsten Jahren zu erwarten sein.
  • Bis dahin werden Eigentümer, Finanzämter und Steuerberater mit Einsprüchen und deren Bearbeitungen belastet. Dabei sind sowohl die Finanzverwaltung als auch Steuerberater wegen der Grundsteuerreform und den Entlastungspaketen der Bundesregierung schon jetzt am Limit. Vor diesem Hintergrund ist zum Beispiel zu befürchten, dass sich die Bearbeitungszeiten von Einkommensteuererklärungen verlängern und die Steuerpflichtigen demnach länger auf deren Steuererstattung warten müssen.

Gewerbesteuer: Abzug vorweggenommene Betriebsausgaben

Die Annahme eines Gewerbebetriebs im gewerbesteuerrechtlichen Sinne setzt das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG voraus; insbesondere die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Vorab (vor Betriebseröffnung) entstandene Betriebsausgaben sind daher gewerbesteuerrechtlich unbeachtlich. Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Fall eines (von § 2 Abs. 5 GewStG erfassten) Betriebsübergangs im Ganzen (BFH, Urteil v. 30.08.2022 – X R 17/21; veröffentlicht am 02.02.2023).

Solidaritätszuschlag: Erhebung in den Jahren 2020 und 2021

Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig. Das SolZG 1995 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Solidaritätszuschlaggesetzes v. 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4130), geändert durch Art. 4 des 2. FamEntlastG v. 01.12.2020 (BGBl I 2020, 2616), verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 oder Art. 14 GG (BFH, Urteil v. 17.01.2023 – IX R 15/20; veröffentlicht am 30.01.2023). Hintergrund: Ab dem Jahr 2021 wurden aus sozialen und konjunkturellen Gründen rund 90 Prozent der Steuerpflichtigen von der Zahlung des Solidaritätszuschlags befreit. Nur Spitzenverdiener müssen seitdem die Ergänzungsabgabe noch entrichten. In der Begründung des „Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995“ wird ausgeführt, es bestehe weiterhin eine besondere wiedervereinigungsbedingte Finanzlast des Bundes, etwa in der Rentenversicherung, im Arbeitsmarkt, im Bereich der Anspruchs- und Anwartschaftsüberführung und im Hinblick auf besondere Leistungen für die ostdeutschen Bundesländer (BT-Drucks. 19/14103 S. 1). In der Folge sank das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag von rund 19 Milliarden € im Jahr 2020 auf rund 11 Milliarden im Jahr 2021.

Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 EStG

Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt.
§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG kann Vorrang gegenüber einer organ¬schaftlich eigen¬ständigen Einkommens¬zurechnung zukommen. Der Zuordnung von Tieren zum Tierzweig „übriges Nutzvieh“ steht nicht entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren (BFH, Urteil v. 13.9.2022 – XI R 33/20; veröffent¬licht am 2.2.2023). Hintergrund: Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus Gewerbe¬betrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung möglich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 EStG).

Umsatzsteuerfreiheit von Privatkliniken

Die Umsatzsteuerfreiheit von Privatkliniken nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a.F. i. V. mit § 67 Abs. 2 AO erforderte im Jahr 2006 keine Vorauskalkulation der Selbstkosten (Anschluss an BFH, Urteil v. 23.01.2019 – XI R 15/16). Die durch das Jahressteuergesetz 2007 mit Rückwirkung zum 1.1.2003 geänderte Fassung des § 67 Abs. 1 AO ist für das Jahr 2006 verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH, Urteil v. 17.11.2022 – V R 23/20; veröffentlicht am 02.02.2023).

Umsätze eines Vereins für Verkehrserziehung

Bei einem Fahrsicherheitstraining liegen „Kurse belehrender Art“ i. S. von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG vor, wenn es sich um eine Schulungsmaßnahme handelt, die zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse konkret geeignet ist (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL i. V. mit Art. 44 Satz 1 Alternative 2 MwStVO) (BFH, Urteil v. 17.11.2022 – V R 33/21 (V R 26/18); veröffentlicht am 02.02.2023).
Hintergrund: Umsatzsteuerfrei sind nach § 4 Nr. 22a UStG die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Zweckbetriebsvoraussetzungen: Verkauf von Hilfsmitteln für Blinde

Der Verkauf von Waren ist grundsätzlich eine typische Handelstätigkeit, die nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i. S. von § 68 Nr. 4 AO erfüllt. Der Verkauf von Hilfsmitteln für blinde oder sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft kann aber ein Zweckbetrieb sein, wenn über eine im Einzelhandel übliche reine Produktberatung hinaus weitere – fürsorgeorientierte – Hilfestellungen gegeben werden (BFH, Urteil v. 17.11.2022 – V R 12/20; veröffentlicht am 02.02.2023).

Bilanzierung: Kosten für den Vermögensübergang

Die Zuordnung von Kosten zu den „Kosten für den Vermögensübergang“ als Bestandteil des „außer Ansatz bleibenden“ Übernahmeergebnisses (§ 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) folgt dem Veranlassungsprinzip. Objektbezogene Aufwendungen – wie z. B. die Grunderwerbsteuer beim Übergang von Grundstücken – gehören grundsätzlich nicht zu den „Kosten für den Vermögensübergang“. Bei der aufgrund einer sog. Anteilsvereinigung ausgelösten Grunderwerbsteuer fehlt es aber an einem solchen Objektbezug (BFH, Urteil v. 23.11.2022 – I R 25/20; veröffentlicht am 02.02.2023).
Hintergrund: Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 bleibt bei der übernehmenden Körperschaft ein Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang, außer Ansatz.

Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung – Verjährung (BAG)

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, unterliegt der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des EuGH v. 06.11.2018 – C-684/16 und war es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, konnte die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres 2018 beginnen (BAG, Urteil v. 31.01.2023 – 9 AZR 456/20).

Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung – Tarifvertragliche Ausschlussfrist (BAG)

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, kann nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des EuGH v. 06.11.2018 – C-684/16 und oblag es dem Arbeitnehmer aufgrund der gegenläufigen Senatsrechtsprechung nicht, den Anspruch innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend zu machen, begann die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Urteils (BAG, Urteil v. 31.01.2023 – 9 AZR 244/20).