Pflegegelder für die intensivpädagogische Betreuung von Jugendlichen

Pflegegelder, die für die intensivpädagogische Betreuung mehrerer Jugendlicher in einer Einrichtung i. S. des § 34 SGB VIII gezahlt werden, sind keine steuerfreien Beihilfen zur unmittelbaren Förderung der Erziehung (BFH, Urteil v. 30.11.2022 – VIII R 13/19; veröffentlicht am 16.2.2023). Hintergrund: Gem. § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern.

Besteuerung eines Promotionsstipendiums

Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedenfalls dann der Fall, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungs- vorschrift eingreift.
Die Klägerin promovierte an einer Universität im Bundesland X. Zwecks Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde die Klägerin während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 Euro unterstützt. Nach Maßgabe der Vergabebedingungen beteiligte sich ein in X ansässiges privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls monatlich 800 Euro. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht in X. Das Finanzamt (FA) besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen sah das FA dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an. Die Klage hatte keinen Erfolg.

„Sinnlose“ Erklärung kann Einspruch sein

Wird gegenüber dem Finanzamt eine Stellungnahme zu einer streitigen Frage abgegeben, die nicht als Einspruch ausgelegt werden kann, kommt gleichwohl nach dem Rechtsgedanken des § 140 BGB eine Umdeutung in einen Einspruch in Betracht (FG Münster, Urteil v. 12.12023 – 8 K 1080/21; Revision anhängig, BFH-Az. VII R 7/23).

Sachverhalt: Das FA richtete im Hinblick auf eine beabsichtigte Haftungsinanspruchnahme für Steuerschulden einer KG schriftliche Anfragen an die beiden Kläger. Nachdem bis auf einen Fristverlängerungsantrag des Prozessvertreters der beiden Kläger keine weitere Rückmeldung erfolgt war, erließ das Finanzamt jeweils Haftungsbescheide, die es beiden Klägern an ihre Privatanschrift zustellte. Innerhalb der Einspruchsfrist nahm der Prozessbevollmächtigte für beide Kläger inhaltlich zu den zuvor gestellten Anfragen Stellung. Die Haftungsbescheide waren ihm zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Schreiben nicht bekannt. Nach Kenntnisnahme der Bescheide trug der Prozessvertreter vor, seine Schreiben seien als Einsprüche zu werten. Da die Einspruchsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war, verwarf das Finanzamt die Einsprüche wegen Fristablaufs als unzulässig.

Die Klage, mit der die Kläger lediglich die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidungen beantragten, hatte Erfolg:

  • Das FA hat die Einsprüche zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Haftungsbescheide sind zunächst wirksam an die Privatadressen der Kläger zugestellt worden, da der Prozessvertreter zuvor keine Vollmachten vorgelegt hat.
  • Die innerhalb der Einspruchsfrist eingegangenen Schreiben können zwar nicht als Einsprüche ausgelegt, aber in solche umgedeutet werden.
  • Eine Auslegung scheitert daran, dass der wirkliche Wille nicht auf Anfechtung der Haftungsbescheide gerichtet gewesen sein kann, weil dem Prozessvertreter die Bescheide nicht bekannt gewesen sind.
  • Nach dem Rechtsgedanken des § 140 BGB kommt jedoch eine Umdeutung in Betracht. Diese zivilrechtliche Vorschrift regelt, dass ein nichtiges Rechtsgeschäft, das den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, in ein wirksames Rechtsgeschäft umgedeutet werden kann, wenn ein entsprechender Wille anzunehmen ist. Grundsätzlich ist die Umdeutung auch im Steuerrecht anerkannt.
  • Nach Auffassung des Gerichts sind wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes auch „sinnlose“ Verfahrenserklärungen umdeutungsfähig. Im Streitfall ist erkennbares Ziel der beiden Stellungnahmen des Prozessvertreters, auf dessen Kenntnishorizont abzustellen ist, die Verhinderung der Haftungsinanspruchnahme der Kläger gewesen.
  • Dieses Ziel hat er aber nach Erlass der Haftungsbescheide nur durch Einlegung von Einsprüchen erreichen können. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb er nicht gegen die Bescheide Einsprüche eingelegt hätte, wenn ihm deren Existenz bekannt gewesen wäre.
  • Einer Umdeutung steht auch nicht entgegen, dass die Stellungnahmen von einem Rechtsanwalt verfasst wurden, deren Verfahrenserklärungen grundsätzlich beim Wort zu nehmen sind. Hiervon ist eine Ausnahme zu machen, wenn dem Rechtskundigen die tatsächliche Verfahrenssituation nicht bekannt gewesen ist.
  • Da die Umdeutung ein verschuldensunabhängiges Rechtsinstitut darstellt, ist schließlich unerheblich, dass die Kläger ihren Prozessvertreter schuldhaft nicht rechtzeitig über die Zustellung der Haftungsbescheide informiert haben.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision zugelassen. Diese ist beim BFH unter dem Az. VII R 7/23 anhängig.

Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2023 bei Ehegatten

Ehegatten oder Lebenspartner, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können bekanntlich für den Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten oder Lebenspartner in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte oder Lebenspartner ca. 60 Prozent und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens[2] erzielt. Bei abweichenden Verhältnissen des gemeinsamen Arbeitseinkommens kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Aus diesem Grund besteht bei der Steuerklassenkombination III/V generell die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Zur Vermeidung von Steuernachzahlungen bleibt es den Ehegatten oder Lebenspartnern daher unbenommen, sich trotzdem für die Steuerklassenkombination IV/IV zu entscheiden, wenn sie den höheren Steuerabzug bei dem Ehegatten oder Lebenspartner mit der Steuerklasse V vermeiden wollen; dann entfällt jedoch für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner die günstigere Steuerklasse III. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen (siehe „Faktorverfahren“).

Um verheirateten oder verpartnerten Arbeitnehmern die Steuerklassenwahl zu erleichtern, haben das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder die in der Anlage beigefügte Tabelle ausgearbeitet. Aus der Tabelle können die Ehegatten oder Lebenspartner nach der Höhe ihrer monatlichen Arbeitslöhne die Steuerklassenkombination feststellen, bei der sie die geringste Lohnsteuer entrichten müssen. Soweit beim Lohnsteuerabzug Freibeträge zu berücksichtigen sind, sind diese vor Anwendung der Tabelle vom monatlichen Bruttoarbeitslohn abzuziehen.

Die Tabelle erleichtert lediglich die Wahl der für den Lohnsteuerabzug günstigsten Steuerklassenkombination. Ihre Aussagen sind auch nur in den Fällen genau, in denen die Monatslöhne über das ganze Jahr konstant bleiben. Im Übrigen besagt die im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der Jahressteuerschuld. Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an Lohnsteuer stellen im Regelfall nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen; hier kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalles an. Das Finanzamt kann Einkommensteuer-Vorauszahlungen festsetzen, wenn damit zu rechnen ist, dass die Jahressteuerschuld die einzubehaltende Lohnsteuer um mindestens 400 € im Kalenderjahr übersteigt. Auf die Erläuterungen in der Broschüre „Lohnsteuer 2023 – Ein kleiner Ratgeber“, die auf der Internetseite der jeweiligen obersten Finanzbehörde des Landes abgerufen werden kann, wird hingewiesen.

Privates Veräußerungsgeschäft nach Grundstücksteilung

Der Verkauf eines Gartengrundstücksteils ist bei weiterhin bestehender Wohnnutzung im Übrigen nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen (FG Niedersachsen, Urteil v. 20.07.2022 – 4 K 88/21; Revision anhängig, BFH-Az.: IX R 14/22).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer des Streitjahres 2019 veranlagt wurden. Ende März 2014 erwarben sie ein bebautes Grundstück mit einer Größe von ca. 4.000 qm. Im Jahr 2018 trennten sie ein Flurstück von 1.000 qm ab und veräußerten es zu einem Kaufpreis von 90.000 €. In ihrer Einkommensteuererklärung 2019 erklärten sie hieraus keine Einkünfte. Auf Nachfrage des FA erläuterten sie, dass sie lediglich einen Teil ihres Gartens des von ihnen selbst genutzten Grundstücks veräußert hätten. Das FA nahm dagegen an, dass ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S.v. §§ 22, 23 EStG vorliege.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

  • Die Kläger haben ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht, in dem sie die Teilfläche des von ihnen zuvor erworbenen Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb wieder veräußert haben.
  • Dieses Veräußerungsgeschäft ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzecken von der Besteuerung ausgenommen.
  • Das streitige Flurstück diente im Zeitpunkt seiner Veräußerung bei gleichzeitiger Weiternutzung des bisherigen Gebäudes des Grundstücks nicht mehr den eigenen Wohnzwecken der Kläger, so dass die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht vorgelegen haben.
  • Mit der Grundstücksteilung und Bildung des Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs war der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben.
  • Der Grund und Boden „gehörte“ nicht zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Denn die Ausnahmeregelung hat ihre Rechtfertigung darin, dass nur Grundstücksveräußerungen, die durch einen Wohnsitzwechsel ausgelöst werden, von der Besteuerung als Veräußerungsgeschäft ausgenommen werden sollen. Ein solcher Wohnsitzwechsel fand im Streitfall jedoch nicht statt, da die Kläger unverändert das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken nutzten.

Hinweis:

Das FG hat die Revision zugelassen. Die Frage, ob eine Parzellierung einer zuvor erworbenen Grundstückfläche und deren Weiterverkauf innerhalb des 10jährigen Veräußerungszeitraums wegen der Weiternutzung des erworbenen Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken zu einem Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt, hat grundsätzliche Bedeutung.

Besteuerung eines Promotionsstipendiums

Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedenfalls dann der Fall, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungs- vorschrift eingreift.

Die Klägerin promovierte an einer Universität im Bundesland X. Zwecks Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde die Klägerin während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 Euro unterstützt. Nach Maßgabe der Vergabebedingungen beteiligte sich ein in X ansässiges privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls monatlich 800 Euro. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht in X. Das Finanzamt (FA) besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen sah das FA dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an. Die Klage hatte keinen Erfolg.

(Bonus-)Zinsen: Zufluss

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.11.2022 (VIII R 18/20) entschieden, dass Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag dem Steuerpflichtigen nicht mit dem jährlichen Ausweis auf einem fiktiv geführten Bonuskonto zufließen, wenn ein Anspruch auf diese Bonuszinsen erst bei einem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht und der Steuerpflichtige auch erst zu diesem Zeitpunkt über die Bonuszinsen verfügen kann.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger hatte im Jahr 1995 einen Bausparvertrag abgeschlossen. Durch ihn hatte der Kläger bei Zuteilungsreife einen Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen. Verzichtete er aber auf dieses Darlehen, so war vereinbart, dass er unter bestimmten Bedingungen einen Bonuszins erhält. Der Bonus ist dann nach den Vertragsbedingungen bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und wird dem Bausparkonto in diesem Zeitpunkt gutgeschrieben. Über den Bonuszins kann nur i.V.m. dem Bausparguthaben verfügt werden. In den folgenden Jahren tätigte der Kläger unregelmäßige Einzahlungen auf den Bausparvertrag. Er gab in seiner Einkommensteuererklärung 2010 und in den Folgejahren neben Guthabenzinsen auch die Bonuszinsen aus dem Bausparvertrag an. Das Finanzamt (FA) veranlagte erklärungsgemäß.
Der Kläger verzichtete auf das Darlehen und ließ sich im Jahr 2013 das Bausparguthaben auszahlen. Neben dem Bausparguthaben wurden auch die Bonuszinsen ausgezahlt. Diese gab der Kläger jedoch nicht in seiner Steuererklärung an. Das FA änderte die Veranlagung aufgrund einer Kontrollmitteilung der Bank über den Erhalt der Bonuszinsen und setzte auch für diese entsprechend Einkommensteuer fest. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht hiergegen blieben ohne Erfolg. Auch der BFH sah die Revision als unbegründet an und wies diese daher zurück.
Zufluss von Zinsen aus einem Bausparvertrag
Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind dem Steuerpflichtigen dann zugeflossen, wenn er gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat. Geldbeträge fließen i.d.R. dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Das Recht oder der Anspruch auf die Auszahlung von Zinsen führt dagegen noch nicht zum Zufluss von Kapitaleinkünften. Maßgeblich ist jeweils, ob die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt wurde.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Ausgehend von diesen Grundsätzen gelten die Bonuszinsen erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto als tatsächlich zugeflossen. Ein Zufluss kommt erst in Betracht, wenn eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger noch keinen Anspruch auf eine Auszahlung ableiten. Es besteht erst dann ein Rechtsanspruch auf die Bonuszinsen, wenn der Vertrag unter Verzicht auf das Bauspardarlehen aufgelöst wird. Dementsprechend sind die Zinsen auch erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Gutschrift mit Auszahlung des Bausparguthabens zugeflossen.

Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2008

Mit am 08.03.2023 veröffentlichen Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 38 Abs. 5 und 6 in Verbindung mit § 34 Abs. 16 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (JStG 2008) mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist.
Die Regelung ist Teil der Übergangsvorschriften für den Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Während der Geltung des Anrechnungsverfahrens wurde das verwendbare Eigenkapital einer Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene „Eigenkapitaltöpfe“ (EK) gegliedert. Steuerfreie Vermögensmehrungen wurden unter anderem im sog. EK 02 erfasst. Im Falle der Ausschüttung dieses Eigenkapitals wurde es bei Verlassen der steuerbefreiten Sphäre auf der Ebene der Körperschaft mit (zuletzt) 30 % nachbelastet. Beim Anteilseigner wurde die Ausschüttung – unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer – mit dessen individuellem Einkommensteuersatz besteuert. Unter dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt im Falle der Ausschüttung keine Nachbelastung der von der Körperschaft steuerfrei erwirtschafteten Gewinne; beim Anteilseigner unterliegt die Ausschüttung nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 %) der Einkommensteuer.
Nach der ursprünglichen Übergangsregelung zur Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (StSenkG) sollte das alte EK 02 nur noch bis zum Ablauf eines 15-jährigen (später auf 18 Jahre erweiterten) Übergangszeitraums im Falle seiner Ausschüttung mit 30 % nachbelastet werden. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde mit § 38 Abs. 5 und 6 KStG stattdessen eine pauschale ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des noch vorhandenen EK 02 mit 3 % Körperschaftsteuer eingeführt. Gemäß § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG (in der Fassung des JStG 2008) konnten sich bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft und steuerbefreite Körperschaften auf Antrag unter Fortgeltung der bisherigen Rechtslage von der Anwendung dieser Regelung befreien lassen. Das hat zur Folge, dass es für diese Unternehmen nur im Falle einer Ausschüttung während des 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Nachbelastung des EK 02 kommt, während der EK 02-Bestand anderer Körperschaften zwingend – das heißt unabhängig davon, ob er ausgeschüttet wird oder nicht – gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG nachbelastet wird.
Die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 durch § 38 Abs. 5 und 6 KStG ist zwar für sich genommen sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz als auch mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes sowie dem Schutz des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit vereinbar. Sie verstößt jedoch in Verbindung mit dem in § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG vorgesehenen Antragswahlrecht bestimmter Körperschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Ausnahmeregelung bewirkt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von Körperschaften, die nicht gerechtfertigt ist.

BVerfG zur Neuregelung der Tonnagesteuer

Das FG Hamburg hat die Entscheidungsgründe des Beschlusses v. 24.11.2022 – 6 K 68/21 zur Verfassungswidrigkeit der Rückwirkung von Neuregelungen zum Unterschiedsbetrag bei der Tonnagesteuer veröffentlicht.
Hintergrund: Mit Beschluss v. 24.11.2022 – 6 K 68/21 hat das FG Hamburg das BVerfG zu der Frage angerufen, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG in der Fassung des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes (AbzStEntModG) v. 02.06.2021 (BGBl. I. 2021, 1259) insoweit verfassungswidrig ist, als darin die rückwirkende Anwendung des § 5a Abs. 4 Sätze 5 bis 7 EStG in der Fassung des AbzStEntModG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.1998 beginnen, angeordnet wird. Inzwischen liegt die Begründung der Entscheidung vor.

Steuerliches Einlagekonto: Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann den Bescheid über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht anfechten. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.12.2022 – I R 53/19 entschieden.
§ 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) schreibt vor, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit einem besonderen Bescheid festzuschreiben ist. Auf dem Konto sind insbesondere die Einlagen zu erfassen, die der Gesellschafter an „seine“ Kapitalgesellschaft geleistet hat. Werden solche Einlagen später an den Gesellschafter aus dem Einlagekonto zurückgezahlt, dann muss der Gesellschafter diese sog. Einlagenrückgewähr nicht versteuern. Obgleich der Bescheid im Sinne des § 27 Abs. 2 KStG somit im Wesentlichen Bedeutung für die Besteuerung des Gesellschafters hat, richtet sich der Bescheid ausschließlich an die Kapitalgesellschaft.
Im Streitfall war die Klägerin, eine ausländische Kapitalgesellschaft, an einer inländischen GmbH beteiligt; sie hatte im Jahr 2007 eine hohe Einlage geleistet. Dies war irrtümlich nicht deklariert worden und der entsprechende Bescheid wurde bestandskräftig. Erst im Jahr 2018 legte die Klägerin Einspruch mit der Begründung ein, dass ohne Erfassung ihrer Einlage im Bescheid eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr nicht möglich sei. Weder dieser Einspruch noch die nachfolgende Klage waren erfolgreich. Das Finanzgericht entschied, dass alleine die GmbH als Adressatin des Bescheids das Recht habe, diesen anzufechten.
Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung. Grundsätzlich kann ein Bescheid nur von den Adressaten angefochten werden. Das ist im Fall des Bescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG die Kapitalgesellschaft und allein sie kann deshalb Einspruch einlegen und Klage erheben. Der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist nicht Adressat, sondern als Dritter lediglich mittelbar von dem Bescheid betroffen. Ein eigenes Anfechtungsrecht des Gesellschafters (sog. Drittanfechtungsrecht) ist auch nicht ausnahmsweise anzuerkennen. Zum einen besteht keine Rechtsschutzlücke, da die Kapitalgesellschaft Fehler des Bescheids im Rechtsbehelfsverfahren geltend machen kann. Zum anderen hätte ein solches Recht zur Folge, dass der Bescheid noch nach vielen Jahren vom Gesellschafter angefochten werden könnte und dauerhaft kein Rechtsfrieden eintreten würde. Die Versagung eines eigenen Anfechtungsrechts des Gesellschafters ist auch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes vereinbar.