Abflugflughafen als erste Tätigkeitsstätte von Piloten und Flugbegleitern

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Werden die nach den OM-A geregelten Briefinggespräche im Regelfall im Gebäude des Arbeitgebers am Flughafen durchgeführt, zu dem der Steuerpflichtige durch seinen Arbeitsvertrag zugewiesen wurde, ist dies ausreichend, um am Flughafen eine erste Tätigkeitsstätte zu begründen, denn bei diesen Briefinggesprächen müssen bereits die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden, z. B. über die Betankung des Flugzeugs und die Flugroute (FG Hamburg, Urteil v. 24.11.2022 – 6 K 207/21; NZB eingelegt, BFH-Az. VI B 4/23).

Sturz bei einem Firmenlauf

Eine Arbeitnehmerin steht nicht als Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie bei einem Firmenlauf stürzt und sich dabei verletzt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.03.2023 – L 3 U 66/21; nicht rkr.).

Grunderwerbsteuer: Zurechnung von Grundstücken

Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer-schuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat (BFH, Urteil v. 14.12.2022 – II R 40/20; veröffentlicht am 30.03.2023).

Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) ab dem 1. Januar 2023

Niedersächsisches Finanzgericht , 7-K-183/22
Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat durch Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2023 entschieden, dass ein durch einen Steuerberater nach dem 1. Januar 2023 lediglich per Fax eingereichter bestimmender Schriftsatz, im Streitfall die Bezeichnung des Klagebegehrens, nicht rechtswirksam ist.
Der Steuerberater war nach § 52d Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verpflichtet, den Schriftsatz als elektronisches Dokument zu übermitteln, da ihm spätestens seit dem 1. Januar 2023 ein sicherer Übermittlungsweg gemäß § 52 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO „zur Verfügung steht“. Die Verpflichtung betrifft sämtliche bestimmende Schriftsätze. Hierzu gehören insbesondere die Klageschrift und andere Schriftsätze, mit denen eine für das Verfahren wesentliche Prozesshandlung vollzogen wird.

Der Senat stützt dieses Ergebnis darauf, dass die Bundessteuerberaterkammer durch § 86d Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) verpflichtet gewesen sei, über die Steuerberaterplattform für Steuerberaterinnen, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) einzurichten. Die Inhaberinnen und Inhaber des beSt seien wiederum nach § 86d Abs. 6 StBerG verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über dieses zur Kenntnis zu nehmen (passive Nutzungspflicht). Nach § 157e StBerG sei diese Regelung am 1. August 2022 in Kraft getreten und erstmals ab dem 1. Januar 2023 anzuwenden.
Die Verpflichtung zur Nutzung des beSt knüpfe an diesen Einrichtungszeitpunkt an. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser „auf Grund der noch erforderlichen technischen Umsetzung“ auf den 1. Januar 2023 bestimmt worden. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte mit diesem Zeitpunkt die passive, und gleichzeitig die aktive Nutzungspflicht beginnen.
Der Gesetzgeber habe sich mit guten Gründen dagegen entschieden, die Nutzungspflicht an ein anderes (unbestimmtes) Ereignis, wie z. B. die Erstanmeldung des Postfachinhabers oder den Erhalt des Registrierungsbriefes zu knüpfen. Eine Nutzungspflicht für jede Steuerberaterin und jeden Steuerberater zum 1. Januar 2023 sei zwingend erforderlich gewesen, um deren elektronische Erreichbarkeit sicherzustellen. Anderenfalls müssten die Gerichte gesonderte Listen über die jeweilige Erreichbarkeit führen, und u. U. in jedem Einzelfall den Erhalt des Registrierungsbriefs oder den Zeitpunkt der Erstregistrierung ermitteln. Dadurch würde die Wirkung des gesamten vorgesehenen Systems gefährdet.
Der Gesetzgeber habe ausreichend Zeit zur Vorbereitung auf die Einrichtung des beSt eingeräumt. Etwaige Organisationsmängel der Bundessteuerberaterkammer rechtfertigten keine Suspendierung des gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkts.
Eine die Ersatzeinrichtung in Papierform berechtigende, vorübergehende technische Störung i. S. des § 52d Sätze 3 und 4 FGO liege nicht vor, wenn ein zugelassener elektronischer Übermittlungsweg noch gar nicht eingerichtet worden sei. Es handele sich also nicht um ein technisches Problem bei der Verwendung des vollständig eingerichteten beSt, sondern um einen strukturellen Mangel.
Schließlich liege auch keine (absolute) Unmöglichkeit vor, das beSt zu nutzen, weil für Steuerberaterinnen und Steuerberater, die aktiv mit den Finanzgerichten kommunizierten, bereits vor dem 1. Januar 2023 die Möglichkeit bestanden habe, über die sog. Fast Lane eine schnellere Einrichtung des beSt zu erreichen.

Körperschaftsteuer: Gewinne aus internationalen Währungskurssicherungsgeschäften

Das FG Berlin-Brandenburg hat im 2. Rechtsgang über die Einbeziehung von Gewinnen aus internationalen Währungskurssicherungsgeschäften in die nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinne aus Aktien entschieden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.11.2022 – 11 K 12212/13).
Der BFH hatte zuvor mit Urteil vom 10.4.2019 – I R 20/16 geurteilt, dass bei der Bemessung des nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns aus einem in Fremdwährung abgewickelten Anteilsverkauf auch der Ertrag aus einem Devisentermingeschäft als Bestandteil des Veräußerungspreises i. S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen sei, wenn der Zweck des Devisentermingeschäfts aus Sicht des Anteilsveräußerers ausschließlich auf die Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf die konkret erwarteten Veräußerungserlöse ausgerichtet und deshalb hierdurch veranlasst gewesen ist.

Pensionsrückstellung bei Zusage unter Vorbehalt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 06.12.2022 (IV R 21/19) entschieden, dass die Bildung einer Pensionsrückstellung nur zulässig ist, wenn eine Pensionszusage unter positivem Vorbehalt steht. Dementsprechend muss der Vorbehalt einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normieren, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die Kommanditistin der B-KG war. Diese B-KG hatte eine unmittelbare Versorgungszusage in Form einer beitragsorientierten Leistungszusage gegen Entgeltumwandlung an ihre Mitarbeiter erteilt. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Fachprüfer zu dem Ergebnis, dass die für die Streitjahre maßgebende Versorgungszusage nicht den Anforderungen des § 6a EStG genüge. Dem Arbeitgeber sei ein steuerschädlicher Vorbehalt eingeräumt worden, weil er die Transformationstabelle, aus der sich die Höhe der tatsächlichen Versorgungsbezüge nach bestimmten Maßstäben ergibt, nach Belieben hätte ändern können.

Das Finanzamt erließ auf Basis der Feststellungen der Außenprüfung geänderte Steuerbescheide, in denen es den Aufwand für die Bildung der Pensionsrückstellung nur insoweit berücksichtigte, wie dieser auf unverfallbaren zukünftigen Pensionsleistungen beruhte. Der Einspruch gegen die entsprechenden Änderungsbescheide sowie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht blieben ohne Erfolg. Auch der BFH sah die Revision als unbegründet an und wies diese daher zurück.

Zulässigkeit der Bildung einer Pensionsrückstellung

Eine Pensionsverpflichtung ist eine der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit. Sie bewirkt, dass die spätere Pensionsleistung bereits vor ihrer tatsächlichen Auszahlung bei Verrentung des jeweiligen Arbeitnehmers gewinnmindernd mit dem Ertrag der entsprechenden Arbeitsleistung verrechnet werden kann. Nach § 6a Abs. 1 EStG darf unter den nachfolgenden Voraussetzungen eine Rückstellung gebildet werden:

  • Dem Pensionsberechtigten steht ein Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Auszahlung der Pensionsleistung zu,
  • die Pensionszusage darf nicht in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen getroffen werden und keinen Vorbehalt enthalten, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist, und
  • die Zusage der Pension muss schriftlich erteilt werden und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten.

Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG ist es insbesondere erforderlich, dass die Zusage keinen Vorbehalt der Minderung oder des Entzugs der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung enthält.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Ein Vorbehalt ist bei der Pensionszusage nur unschädlich, wenn dieser auch wieder, nach engen in der Rechtsprechung des Arbeitsrechts anerkannten Grundsätzen, widerrufen werden kann. Die Pensionszusage darf nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung gestatten. Im Streitfall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Der in der Pensionszusage enthaltene Vorbehalt war nicht durch eine arbeitsrechtliche Rechtsprechung abgedeckt. Der Vorbehalt griff zwar noch nicht für die Streitjahre 2004 bis 2007, sondern erst nach dem 31.12.2007. Der Widerruf konnte jedoch auch für bereits bestehende Entgeltumwandlungen vor dem 31.12.2007 erfolgen. Daher wurde auch nach der Auffassung des BFH die Bildung der Pensionsrückstellung zu Recht teilweise widerrufen.

Verpflegung von Begleitpersonen

Das BMF hat ein Schreiben zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 15 Buchstabe b UStG für Umsätze aus der Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen und der Verpflegung von Mitarbeitern veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 24.03.2023 – III C 3 – S 7171/19/10002 :001).
Hintergrund: Mit Urteil vom 16.12.2015 – XI R 52/13, BStBl II 202X S. XXX1 , hat der BFH entschieden, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt sowie an ihre Mitarbeiter entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt, insoweit unternehmerisch tätig ist und in der Folge umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführt, wenn die genannten Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.
Abschnitt 4.15.1 UStAE wird wie folgt gefasst:
„4.15.1. Sozialversicherung, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe, Kriegsopferversorgung
(1) Nach § 4 Nr. 15 Buchstabe a und b UStG sind in unionsrechtskonformer Auslegung von Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL nur die Umsätze der in § 4 Nr. 15 UStG genannten Unternehmer untereinander und an die Versicherten steuerfrei, bei denen es sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handelt. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, dass diese aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung bewirkt werden.
(2) Nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15 Buchstabe b UStG fallen Leistungen, die außerhalb eines bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden, sowie Tätigkeiten, die für die Einrichtung nicht unerlässlich oder dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2015 – XI R 52/13, BStBl II 202X S. XXX).“

EuGH zur Haftung der Hersteller von Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen

Der Käufer eines Kraftfahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung hat gegen den Fahrzeughersteller einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist.
Neben allgemeinen Rechtsgütern schützt das Unionsrecht auch die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist.
Das Landgericht Ravensburg (Deutschland) ist mit der Schadensersatzklage einer Privatperson (QB) gegen Mercedes-Benz Group befasst. Diese Klage ist auf den Ersatz des Schadens gerichtet, den Mercedes-Benz Group dadurch verursacht haben soll, dass sie das von QB erworbene Dieselkraftfahrzeug mit einer Software ausgerüstet habe, mit der die Abgasrückführung verringert wird, wenn die Außentemperaturen unter einem bestimmten Schwellenwert liegen. Eine solche Abschalteinrichtung, die höhere Stickstoffoxid (NOx)-Emissionen zur Folge habe, sei nach der Verordnung Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen verboten.
Im deutschen Recht kann bei einfacher Fahrlässigkeit ein Schadensersatzanspruch gegeben sein, wenn gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstoßen wurde. Daher fragt das deutsche Gericht den Gerichtshof, ob die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2007/46 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen (im Folgenden: Rahmenrichtlinie) in Verbindung mit der Verordnung Nr. 715/2007 dahin auszulegen sind, dass sie die Einzelinteressen eines individuellen Käufers eines solchen Fahrzeugs schützen. Was die Berechnung des QB eventuell geschuldeten Schadensersatzes betrifft, möchte das Landgericht Ravensburg außerdem wissen, ob es für die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts erforderlich ist, dass eine Anrechnung von Nutzungsvorteilen auf diesen Schadensersatzanspruch unterbleibt oder nur in eingeschränktem Umfang erfolgt.
In seinem Urteil erläutert der Gerichtshof zunächst, dass es Sache des deutschen Gerichts ist, die Tatsachenfeststellungen zu treffen, die für die Feststellung erforderlich sind, ob die in Rede stehende Software als Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung Nr. 715/2007 einzustufen ist und ob ihre Verwendung gemäß einer der Ausnahmen gerechtfertigt werden kann, die diese Verordnung vorsieht[1].
Was die Rechtsgüter betrifft, die neben dem allgemeinen Ziel, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen, durch die Verordnung Nr. 715/2007 geschützt werden, berücksichtigt der Gerichtshof den weiteren Regelungsrahmen für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen innerhalb der Union, in den sich diese Verordnung einfügt. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass Fahrzeuge gemäß der Rahmenrichtlinie einer EG-Typgenehmigung bedürfen, die nur erteilt werden kann, wenn der Fahrzeugtyp den Bestimmungen der Verordnung Nr. 715/2007, insbesondere denen über Emissionen, entspricht. Darüber hinaus sind die Fahrzeughersteller nach der Rahmenrichtlinie verpflichtet, dem individuellen Käufer eine Übereinstimmungsbescheinigung auszuhändigen. Mit diesem Dokument, das u. a. für die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs vorgeschrieben ist, wird bestätigt, dass dieses Fahrzeug zum Zeitpunkt seiner Herstellung allen Rechtsakten entspricht. Durch die Übereinstimmungsbescheinigung lässt sich somit ein individueller Käufer eines Fahrzeugs davor schützen, dass der Hersteller gegen seine Pflicht verstößt, mit der Verordnung Nr. 715/2007 im Einklang stehende Fahrzeuge auf den Markt zu bringen.
Diese Erwägungen führen den Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Rahmenrichtlinie eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Automobilhersteller und dem individuellen Käufer eines Kraftfahrzeugs herstellt, mit der diesem gewährleistet werden soll, dass das Fahrzeug mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften der Union übereinstimmt. Dementsprechend schützen nach Auffassung des Gerichtshofs die Bestimmungen der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit denen der Verordnung Nr. 715/2007 neben allgemeinen Rechtsgütern die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Die Mitgliedstaaten müssen daher vorsehen, dass der Käufer eines solchen Fahrzeugs gegen den Hersteller dieses Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz hat.
In Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften über die Modalitäten für die Erlangung eines Schadensersatzes durch die betreffenden Käufer wegen des Erwerbs eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeugs ist es Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, diese Modalitäten festzulegen. Der Gerichtshof weist allerdings darauf hin, dass die nationalen Rechtsvorschriften es nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, für den dem Käufer entstandenen Schaden einen angemessenen Ersatz zu erhalten. Es kann auch vorgesehen werden, dass die nationalen Gerichte dafür Sorge tragen, dass der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt. Im vorliegenden Fall wird das Landgericht Ravensburg zu prüfen haben, ob die Anrechnung des Nutzungsvorteils für die tatsächliche Nutzung des in Rede stehenden Fahrzeugs durch QB diesem eine angemessene Entschädigung für den Schaden gewährleistet, der ihm tatsächlich durch den Einbau einer nach dem Unionsrecht unzulässigen Abschalteinrichtung in sein Fahrzeug entstanden sein soll.

Gesetzgebung: Neuregelungen im Mai 2023

Zum 01.05.2023 steigen die Pflegemindestlöhne. Über diese und weitere Neuregelungen ab Mai 2023 informiert die Bundesregierung.
Mobilität – Ein Ticket für ganz Deutschland
Digital, bundesweit gültig und monatlich kündbar – am 1.5.2023 geht das Deutschlandticket an den Start. Für 49 Euro monatlich können Bürgerinnen und Bürger den öffentlichen Nahverkehr in ganz Deutschland nutzen. Erwerben kann man es bei allen Verkehrsunternehmen.
Weitere Informationen
Arbeit – Mindestlohn für Pflegekräfte steigt
Die Pflegemindestlöhne steigen zum 1. Mai: für Fachkräfte auf 17,65 Euro, für qualifizierte Pflegehilfskräfte (also Pflegekräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit) auf 14,90 Euro und für Pflegehilfskräfte 13,90 Euro. So sieht es die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche vor.

Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

Bundesfinanzhof, VII-R-55/20
Urteil vom 15.11.2022
Fundstellen

Leitsatz:
Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO bestehen auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 01.10.2020 – 2 K 11/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.