Gesetzgebung: Offenlegung von Ertragsteuerinformationen

Mehrere Sachverständige übten in einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags an dem Vorhaben Kritik, dass künftig multinationale und umsatzstarke Unternehmen und Konzerne Informationen zu in den Mitgliedstaaten gezahlten Ertragsteuern veröffentlichen müssen.
Hintergrund: Einer EU-Richtlinie zufolge müssen multinationale und umsatzstarke Unternehmen und Konzerne künftig Informationen zu in den Mitgliedstaaten gezahlten Ertragsteuern veröffentlichen. Durch dieses sog. Country-by-Country Reporting solle „eine informierte öffentliche Debatte darüber ermöglicht werden, ob die betroffenen multinationalen Unternehmen und Konzerne ihren Beitrag zum Gemeinwohl auch dort leisten, wo sie tätig sind“, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021 / 2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen“ (BT-Drucks. 20/5653). Schätzungen zufolge sind rund 500 bis 600 deutsche Unternehmen von dieser Publikationspflicht betroffen.
Mehrere Sachverständige übten grundsätzliche Kritik an der EU-Richtlinie, die allerdings bereits beschlossen ist und die Deutschland bis Mitte dieses Jahres umsetzen muss.
So erklärte Monika Wünnemann vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die geplante Offenlegung sei nicht mit der in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschlossenen vertraulichen Weitergabe zwischen den nationalen Steuerbehörden in Einklang zu bringen. Auch müsse man die EU-Richtlinie im Kontext der zwischenzeitlich auf OECD- und G20-Ebene vereinbarten Mindestbesteuerung von 15 Prozent für Unternehmensgewinne sehen. Da die Regelungen im vorliegenden Gesetzentwurf nicht mit den OECD-Regeln abgestimmt seien, ergebe sich für die Unternehmen ein erheblicher Mehraufwand. Dieser dürfte insbesondere bei Konzernen, die in vielen Ländern tätig sind, erheblich über den im Gesetzentwurf angegebenen Aufwand hinausgehen, erklärte Wünnemann.
Nach Ansicht des Mannheimer Professors für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre Christoph Spengel dagegen sind die unterschiedlichen Berichtspflichten „bis auf wenige Details vergleichbar“. Allerdings sieht Spengel erhebliche „implizite Kosten“ vor allem für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen. Während die meisten börsennotierten Unternehmen bereits freiwillig Country-by-Country-Berichte veröffentlichten, handele es sich hier häufig um sogenannte Hidden Champions, also hochspezialisierte Weltmarktführer. Diese müssten nun „erstmals sensible, unternehmensinterne nicht-steuerliche Daten länderbezogen öffentlich berichten, welche die externe Rechnungslegung bisher bewusst ausschließt“, wie Gewinne vor Steuern und Umsatzerlöse. Dies führe zu Wettbewerbsnachteilen, die „mittlerweile empirisch gut belegt“ seien.
Die Leipziger Professorin für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre Carmen Bachmann verwies auf die geringen Gestaltungsspielräume für den deutschen Gesetzgeber aufgrund der EU-Vorlage. Dennoch könne der vorgelegte Gesetzesentwurf an mehreren Stellen nachgebessert werden, „um Rechtsunsicherheiten zu eliminieren und den Erfüllungsaufwand für die betroffenen Unternehmen zu minimieren“. Dies gelte besonders für eine unklar formulierte Bestimmung, wonach Unternehmen auf die Veröffentlichung bestimmter Daten verzichten dürfen, sofern sonst erhebliche Nachteile etwa für die Marktstellung drohten, etwa weil Wettbewerber, Lieferanten und Kunden solche Informationen zum Schaden des Unternehmens nutzen können.
Als ein Beispiel für solche Nachteile nannte Ralph Brügelmann vom Handelsverband Deutschland HDE ein Einzelhandelsunternehmen, das in einem anderen Land Fuß fassen will. „Wir wollen Konkurrenten nicht sagen, wie weit wir schon sind, ob wir etwa schon aus den Anfangsverlusten heraus sind“, sagte Brüggemann. Inwieweit in einer solchen Situation auf die Veröffentlichung bestimmter länderbezogener Geschäftsdaten verzichtet werden darf, müsse im Gesetz präziser dargelegt werden.
Ausdrückliche Zustimmung fand die EU-Richtlinie wie der Gesetzentwurf zu ihrer Umsetzung bei Christoph Trautvetter vom Verein zur Förderung der Steuergerechtigkeit. Die begrüßenswerten Reformbemühungen auf OECD-Ebene reichten nicht aus, um insbesondere große Digitalkonzerne zu einer gerechten Steuerleistung in Deutschland, aber auch im globalen Süden zu veranlassen. Trautvetter forderte, im Umsetzungsgesetz über die EU-Richtlinie hinausgehend die öffentliche Berichtspflicht auf weitere Länder auszudehnen. Sie sollte einerseits mehr von ausländischen Konzernen genutzte Steueroasen und andererseits auch leer ausgehende Länder im globalen Süden erfassen.
Zwei besondere verfassungsrechtliche Aspekte brachte der Leipziger Steuerrechtler Marc Desens zur Sprache. Zum einen hat nach seiner Einschätzung, die er in einer schriftlichen Stellungnahme ausführlich begründet, die EU mit dem Erlass der Richtlinie ihre Kompetenzen überschritten. Zum anderen widerspricht Desens der Bundesregierung, die ihren Gesetzentwurf als bloßes Einspruchsgesetz deklariert, das nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es handele sich um eine steuerrechtliche Regelung und sei daher zustimmungspflichtig. „Nur weil es im Handelsgesetzbuch formal umgesetzt wird, ist es nicht Handelsrecht“, stellte Desens fest.

Grundsteuer: Zahl der Einsprüche

Das Thüringer Finanzministerium macht darauf aufmerksam, dass in den Thüringer Finanzämtern immer mehr Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide und Grundsteuermessbetragsbescheide eingehen. Der Großteil wird wegen verfassungsrechtlicher Bedenken eingelegt.
Hierzu führt das Thüringer Finanzministerium weiter aus:

• Aktuell liegen den Finanzämtern 49.881 Einsprüche in Zusammenhang mit der Grundsteuerreform vor. Als Einspruchsbegründung werden häufig verfassungsrechtliche Zweifel an dem zu Grunde liegenden Bewertungs- bzw. Grundsteuerrecht angebracht.

• Bei verfassungsrechtlichen Bedenken liegen die Voraussetzungen für eine sogenannte „Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens“ oder eines „Vorläufigkeitsvermerks“ in der Regel erst dann vor, wenn ein Verfahren beim Bundesfinanzhof oder beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.

• Das ist aktuell zwar noch nicht der Fall, allerdings können bereits jetzt die Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuerwertbescheid aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhen. Dafür muss ein relevantes Verfahren vor einem Finanzgericht rechtsanhängig sein. Entsprechende Verfahren für das sogenannte Bundesmodell, welches auch von Thüringen angewandt wird, sind bereits bei den Finanzgerichten Berlin-Brandenburg oder Sachsen anhängig. Außerdem wird die Zustimmung der Bürger benötigt. Diese wird von den Thüringer Finanzämtern aus verwaltungsökonomischen Gründen jedoch unterstellt. Im Ergebnis werden Einsprüche, in denen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden, von der Bearbeitung zurückgestellt, bis ein Verfahren am Finanzgericht oder einer höheren Instanz entschieden ist.

• Einsprüche, in denen die Eigentümer materiell-rechtliche Einwendungen (z. B. fehlerhafte Angaben zur Wohnfläche oder Kernsanierung u. v. a.) geltend machen, werden hingegen nach dem Eingangsdatum abgearbeitet. Die Finanzämter erteilen aber in der Regel keine Eingangsbestätigungen.

• Die Finanzverwaltung rät Bürgern, Ihre Einsprüche elektronisch einzulegen. Hierfür steht – wie bereits für die Erklärungsabgabe – das kostenfreie Programm „MeinELSTER“ zur Verfügung. Wichtig bei der Einspruchseinlegung ist, dass das zutreffende Aktenzeichen angegeben und eine Begründung eingereicht wird.

Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Das BMF hat den UStAE in den Abschnitten 20.1 und 24.1a UStAE geändert (BMF, Schreiben v. 12.04.2023 – III C 2 – S 7410/19/10001 :016).
Hintergrund: Grundsätzlich kommt die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten für jeden Unternehmer in Betracht. Unternehmer, die ihre Vorsteuer nach Durchschnittssätzen gem.
§ 23a UStG errechnen und Land- und Forstwirte, die für ihre Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, haben unter den übrigen Voraussetzungen des § 20 UStG die Möglichkeit, einen Antrag auf Berechnung der Steuer nach vereinnahmenden Entgelten zu stellen.
Die Prüfung der Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG erfolgt anhand der Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (ohne Umsatzsteuer), die der Unternehmer mit seinem gesamten Unternehmen im vorangegangenen Kalenderjahr unter Zugrundelegung der im maßgeblichen Kalenderjahr angewandten Besteuerungsart (Sollversteuerung oder Istversteuerung) erzielt hat. Dies gilt auch insoweit als der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr in seinem Unternehmen bereits die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG angewendet hat.
Durch das Schreiben wird Abschnitt 20.1 UStAE im Wesentlichen wie folgt geändert:

• In Abs. 1 Satz 1 wird das Wort „Besteuerung“ durch das Wort „Versteuerung“ ersetzt.
• Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Grundsätzlich kommt die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten für jeden Unternehmer in Betracht, soweit er die Voraussetzungen des § 20 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UStG erfüllt.“
• Nach Satz 2 wird folgender Satz 3 eingefügt: „3 Dies gilt auch für Unternehmer, die ihre Vorsteuer nach Durchschnittssätzen gemäß § 23a UStG errechnen, sowie für die Durchschnittsbesteuerung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach § 24 UStG.“

Darüber hinaus wird im übrigen Abschnitt 20.1 UStAE das Wort „Besteuerung“ durch das Wort „Versteuerung“ ersetzt.
Abschnitt 24.1a Abs. 1 UStAE wird im Wesentlichen wie folgt geändert:

• Abschnitt 24.1a Abs. 1 Satz 5 UStAE wird gestrichen.
• Der bisherige Satz 7 wird neuer Satz 6 und wie folgt gefasst: „Im Fall des Satzes 5 und wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt wurde, ist der Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (vgl. Abschnitt 19.3 Abs. 3).“

DBA: Bedeutung des OECD-Musterkommentars

Das BMF hat ein Schreiben zur Bedeutung des OECD-Musterkommentars für die Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 06.04.2023 – IV C 6 – S 2246/19/10004 :004).
Hintergrund: Der BFH hat im Urteil vom 11.07.2018 – I R 44/16 – (BStBl 2023 II S. XXX)
u. a. zur Bedeutung des OECD-Musterkommentars für die Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) Stellung genommen.
Das BMF-Schreiben erläutert, was bei der Anwendung von DBA Bestimmungen, die dem OECD-Musterabkommen entsprechen, gilt.

Ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital

Ergebnis der Gemeinsamen Sondersitzung der Leiter der Körperschaft- und Einkommensteuerreferate der obersten Finanzbehörden der Länder am 14.03.2023

Top 6 der AL-Sitzung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 28. bis 29.05.2018

 

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kapital, das vor allem Kapitalgesellschaften durch die Einräumung von Genussrechten erhalten, und dabei insbesondere zur Zuordnung zum Eigen- oder Fremdkapital Folgendes:

I. Definition von Genussrechtskapital

II. Abgrenzung von Genussrechtskapital zu anderen Kapitalüberlassungen

III. Steuerbilanzrechtliche Abgrenzung von Fremdkapital und Eigenkapital

IV. Ansatz einer Verbindlichkeit in der Bilanz

V. Zahlungen auf Genussrechtskapital bei der Einkommensermittlung

VI. Debt-Mezzanine-Swap

VII. Anwendungsregelung

VIII. Aufhebung bestehender BMF-Schreiben

Neuregelungen ab Juni 2023

Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld

Die Bundesregierung hat den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld noch einmal um sechs Monate verlängert.

Er gilt nun letztmalig bis 30. Juni 2023.

Das stabilisiert den Arbeitsmarkt und schafft Planungssicherheit für Unternehmen.

 

Nachfolger fürs Baukindergeld

Das Baukindergeld ist nicht mit ins neue Jahr gewandert, die Förderung durch die Regierung lief aus.

Familien mit mittlerem bis geringem Einkommen sollen beim Wohnungseigentumerwerb aber weiterhin unterstützt werden.

Daher soll im Juni 2023 ein neues Förderungsprogramm starten, das quasi die Nachfolge des Baukindergeldes darstellt.

Es findet sich bei der KfW-Bank unter dem Programm „Wohneigentum für Familien“ (WEF) mit dem Kürzel WEF (300).

Gefördert werden allerdings nicht mehr Bestandserwerbe, sondern nur noch Neubauten mit besonders klimafreundlichen Standards, um energieeffizientes Bauen zu fördern.

Gefördert wird, wer im Haushalt mit einem Kind ein steuerlich relevantes Einkommen bis 60.000 Euro vorweisen kann.

Pro Kind erhöht sich dieser Rahmen um weitere 10.000 Euro. Die zinsgünstigeren Darlehen haben eine Höhe 140.000 bis 240.000 Euro.

 

Corona-Warn-App nicht mehr aktualisiert

Lange Zeit tat sie zumindest hier und da gute Dienste, doch seit Mai warnt die Corona-Warn-App ihre User*innen nicht mehr.

Da dies der Hauptzweck der Applikation war, wird nun auch die Weiterentwicklung eingestellt. Ab Juni 2023 versetzt die Regierung die App in den Dornröschenschlaf.

 

Energiepauschale für Rentner

 

Rentner, die die Energiepauschale trotz Anspruch noch nicht erhalten haben, können bis Ende Juni einen Antrag auf nachträgliche Auszahlung stellen.

Dieser ist ausschließlich bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in 44781 Bochum einzureichen – auch wenn die Zahlungen normalerweise von einer anderen Stelle erfolgen.

Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten gibt es auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung.

 

Kulturpass für junge Leute

 

Die App für den bundesweit geplanten Kulturpass für 18-Jährige soll Mitte Juni an den Start gehen.

Über die App können Jugendliche in Deutschland, die in diesem Jahr 18 Jahre alt werden, dann im Wert von 200 Euro Tickets für Kulturevents wie Kino, Konzerte, Theater, aber auch Bücher, Tonträger oder Musikinstrumente kaufen.

Ausgeschlossen von dem Angebot sind große Online-Versandhändler wie Amazon oder Streamingdienste und Musikplattformen wie Spotify.

Die mit 100 Millionen Euro ausgestattete Förderung gilt zunächst für etwa 750.000 Jugendliche.

Ende des Jahres soll sie evaluiert und eventuell auch auf 15- bis 17-Jährige ausgeweitet werden.

Das Angebot richtet sich an alle Menschen, die in diesem Jahr 18 werden und in Deutschland leben.

Um die App nutzen zu können, muss man sich über die Online-Ausweis-Funktion des Personalausweises identifizieren.

Für EU-Bürger geht das über die eID-Karte und für Nicht-EU-Bürger über den elektronischen Aufenthaltstitel.

 

Schnelleres Recht für Verbraucher

 

Die Abhilfeklage soll Verbrauchern künftig schneller zu ihrem Recht verhelfen.

Diese regelt, dass Verbände gleichartige Ansprüche von mindestens 50 betroffenen Verbrauchern gegen ein Unternehmen direkt gerichtlich einklagen können, etwa nach der Annullierung eines Fluges oder bei Ansprüchen gegenüber einer Bank wegen einer unwirksamen Vertragsklausel.

Die Bündelung soll zudem eine Entlastung der Justiz bewirken.

Start der neuen Regelung ist der 25. Juni.

 

Sonderzahlung im öffentlichen Dienst

 

Die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des Bundes und der Kommunen bekommen im Juni einmalig eine Sonderzahlung in Höhe von 1240 Euro.

Von Juli bis einschließlich Februar sollen zudem monatliche Sonderzahlungen in Höhe von 220 Euro geleistet werden.

Diese sollen ein Inflationsausgleich sein.

Sie sollen sich auf insgesamt 3000 Euro belaufen und steuer- und abgabenfrei sein.

 

Besserer Schutz für Whistleblower

 

Hinweisgeber, die Missstände in Behörden und Unternehmen aufdecken, sollen in Zukunft vor Entlassung und Schikanen bewahrt werden.

Außerdem müssen in Behörden und Unternehmen Anlaufstellen geschaffen werden, die Meldungen zu Betrügereien, Korruption oder zu Verstößen gegen Tierschutz- oder Umweltschutzregeln entgegennehmen.

Wer gegen das Gesetz verstößt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Darauf haben sich Bundestag und Bundesrat in einem Kompromiss beim Hinweisgeberschutzgesetz verständigt, das voraussichtlich Mitte Juni in Kraft tritt.

 

Rechte für Bahnreisende ändern sich – und es wird komplizierter

 

Fällt der Zug aus oder ist er stark verspätet, haben betroffene Fahrgäste bestimmte Rechte gegenüber dem Bahnunternehmen.

Diese Rechte ändern sich vom 7. Juni an zum Teil.

An diesem Tag tritt die Neufassung der EU-Verordnung „über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr“ in Kraft.

Kommt der Zug mehr als eine Stunde zu spät am Zielbahnhof an, kann man 25 Prozent des Fahrpreises zurückverlangen, bei mehr als zwei Stunden sogar 50 Prozent.

Bisher hat dabei die Ursache für die Verspätung keine Rolle gespielt.

Das ändert sich.

Ab dem 7. Juni gibt es Szenarien, bei denen der Entschädigungsanspruch entfällt.

Konkret sind sie in Artikel 19 der neuen Verordnung festgeschrieben.

Referentenentwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz

Das BMF hat am 12.04.2023 den Entwurf eines „Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen“ (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) veröffentlicht.

Mit dem Vorhaben wird das Ziel verfolgt, Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie KMU als Treiber von Innovation den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital zu erleichtern. Im Hinblick darauf sollen Regelungen im Finanzmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht weiterentwickelt werden.

Durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Internationalisierung sollen der deutsche Finanzmarkt und der Standort Deutschland attraktiver sowohl für nationale als auch für internationale Unternehmen und Investoren werden. Aktien und börsennotierte Wertpapiere sollen als Kapitalanlage attraktiver werden, um Nachfrageseite (Anreize für Aktien als Kapitalanlage) und Angebotsseite (Erhöhung der Anzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland) zu stärken.

Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

  • Die Eigenkapitalgewinnung soll insbesondere einfacher werden durch regulatorische Erleichterungen beim Börsengang, die gesellschaftsrechtliche Erleichterung von Kapitalerhöhungen und die Ermöglichung der Einführung von Mehrstimmrechtsaktien.
  • Offenen Immobilienfonds soll es ermöglicht werden, auch Grundstücke zu erwerben, auf denen sich ausschließlich Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien befinden, und diese Anlagen auch selbst zu betreiben. Für den Betrieb von Anlagen auf bestehenden Gebäuden wird Rechtssicherheit geschaffen.
  • Die Digitalisierung am Kapitalmarkt soll vorangetrieben werden. Mit der Änderung des Aktiengesetzes wird das deutsche Recht für elektronische Aktien geöffnet, und zwar für elektronische Namensaktien, die in ein zentrales Register oder in ein Kryptowertpapierregister eingetragen sind, und für elektronische Inhaberaktien, die in ein zentrales Register eingetragen sind. Schriftformerfordernisse im Aufsichtsrecht werden durch digitale Kommunikationsmöglichkeiten ersetzt.
  • Zudem sollen absehbare europäische Vorgaben zum Schutz des von Kryptoverwahrern verwahrten Kundenvermögens umgesetzt und der Umgang mit Kryptowerten in deren Insolvenz klargestellt werden.
  • Die bisherige Haftungsregelung für Anlagebasisinformationsblätter beim Crowdinvesting im Wertpapierhandelsgesetz für Projektträger von Schwarmfinanzierungsprojekten und für Schwarmfinanzierungsdienstleister soll an die Haftungsregelungen im Wertpapierprospektgesetz für Wertpapierinformationsblätter (WIB) und im Vermögensanlagengesetz für Vermögensanlageinformationsblätter angepasst werden.
  • Soweit Wettbewerbsnachteile für den Finanzstandort Deutschland aus ungleicher Umsetzung europarechtlicher Vorgaben herrühren (Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds sowie für die Verwaltungsleistungen von Konsortialführern), soll eine Angleichung an die rechtlichen Rahmenbedingungen in anderen europäischen Mitgliedstaaten erfolgen. Durch Ausnahmen von der AGB-rechtlichen Kontrolle für Verträge zwischen Unternehmen im Finanzmarktbereich soll die Rechtssicherheit, insbesondere bei der Orientierung an internationalen Standards erhöht werden. Die Errichtung einer Vergleichswebseite zu Zahlungskontenentgelten bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) soll ebenfalls für verbesserte Transparenz und damit mehr Wettbewerb sorgen. Zudem soll durch die explizite Möglichkeit, mit der BAFin auch auf Englisch zu kommunizieren, der deutsche Finanzmarkt für internationale Teilnehmer attraktiver werden.
  • Durch verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll es jungen Unternehmen erleichtert werden, Mitarbeiter zu gewinnen und sich im internationalen Wettbewerb um Talente zu behaupten.
  • Durch Erweiterung der staatlichen Förderung des Vermögensaufbaus (Änderung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes) sollen auch Arbeitnehmer, denen dies bislang nicht möglich war, einen Vermögensaufbau über Vermögensbeteiligungen betreiben, was zugleich entsprechende Mittel für Investitionen freisetzt.

Aus steuerlicher Sicht sind folgende Maßnahmen hervorzuheben:

Geplante Änderung des EStG

  • Anhebung des Steuerfreibetrages in § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG von 1.440 € auf 5.000 €  (§ 3 Nr. 39 Satz 1 EStG-E) für Beteiligungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Die Regelung soll mit Wirkung ab 2024 gelten. Zugleich soll ein Anreiz für die Einhaltung einer Haltefrist der Mitarbeiterbeteiligung gesetzt werden: In den Fällen des § 3 Nr. 39 EStG sollen die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns bei den Kapitaleinkünften gehören, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert oder unentgeltlich übertragen wurde. Im Ergebnis wird damit Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % nicht nur auf einen etwaigen Veräußerungsgewinn, sondern auch auf den bisher steuerfrei belassenen Lohnanteil erhoben. Damit soll zumindest eine Abgeltungsteuer von 25 % an den Fiskus fließen, wenn der Arbeitnehmer die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert (§ 20 Abs. 4b – neu – EStG).
  • Ausweitung der steuerlichen Vorschriften zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern in § 19a EStG-E.
  • Entschärfung der sog. dry-income-Problematik durch Erweiterung von § 19a EStG um eine neuen Absatz 4b EStG.

Änderung des UStG:

  • Ausdehnung umsatzsteuerlicher Befreiungstatbestände auf die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch Kreditgeber, um unionsrechtliche Vorgaben in nationales Recht umzusetzen (§ 4 Nr. 8 UStG-E).

Quelle: Referentenentwurf eines Zukunftsfinanzierungsgesetzes, veröffentlicht auf der Homepage des BMF (il)

Gesetzgebung: Steuer auf zuckergesüßte Getränke

Die Bundesregierung plant derzeit weder die Einführung einer Zuckersteuer noch anderer Steuern auf zuckergesüßte Getränke oder andere zuckergesüßte Lebensmittel. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (BT-Drucks. 20/6333) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (BT-Drucks. 20/6109) hervor.
Darüber hinaus teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort mit, dass derzeit keine Entscheidung der Bundesregierung existiert, im Bereich der Umsatzsteuersätze auf die Lieferung von Lebensmitteln eine Gesetzesänderung zu initiieren.

Musterklagen zur Grundsteuer kommen: Das Bundesmodell ist verfassungswidrig

Prof. Dr. Gregor Kirchhof präsentiert Gutachten für Bund der Steuerzahler und Haus & Grund – Verbände konkretisieren ihre gemeinsamen Musterprozesse

Das Grundsteuergesetz des Bundes ist verfassungswidrig! Zu diesem Ergebnis kommt das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, das der Verfassungsrechtler im Auftrag des Bundes der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland angefertigt hat. Das 73-seitige Papier des Jura-Professors von der Universität Augsburg dient nun als Grundlage für die anvisierten Musterklagen der beiden Verbände gegen das Bundesmodell, das in elf Ländern gilt. Bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin verwiesen BdSt-Präsident Reiner Holznagel und Haus & Grund-Präsident Dr. Kai H. Warnecke auf derzeit sechs geplante Musterprozesse in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und zwei in Nordrhein-Westfalen. „Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert und am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt“, begründet Holznagel das juristische Engagement. Dr. Warnecke fasst zusammen: „Zu kompliziert, intransparent und ungerecht!“

Die Dringlichkeit liegt auf der Hand: Laut Gutachten bestehen bereits Probleme, wie der Bund seine Gesetzgebungskompetenz genutzt hat! Der Bund ging von Kompetenzschranken aus, die nach der Verfassungsreform im Herbst 2019 gar nicht mehr bestanden. Daher hätte er nicht so stark an seinem alten Grundsteuergesetz festhalten dürfen. „Ein erheblicher kompetenzrechtlicher Konstruktionsfehler“, betont Prof. Dr. Kirchhof. Im Klartext: Das neue Grundsteuergesetz des Bundes ist nicht neu genug!

Fünf entscheidende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit: Auszüge aus dem Gutachten zum Bundesmodell

  1. Bewertung orientiert sich zu sehr an der Einkommensteuer

Fakt: Beim Bundesmodell orientiert sich die Grundsteuer an dem Wert von Grund und Boden. Damit greift das Bundesmodell strukturell in den Bereich der Vermögen- und Einkommensteuer ein.

Kritik: Der Bund schafft kein eigenes Bewertungssystem für die Grundsteuer, obwohl das Bundesverfassungsgericht ein solches System ausdrücklich verlangt hat. Und: Wenn der Bund die Bemessung der Grundsteuer an den Verkehrswerten und damit an möglichen Verkaufserlösen ausrichtet, rückt er die Steuerbemessung in die Nähe der Einkommensteuer, obwohl sich die Einkommen- und die Grundsteuer – von der Verfassung her – unterscheiden müssen.

  1. Bodenrichtwerte sind nicht vergleichbar

Fakt: Die Bodenrichtwerte sind wenig vergleichbar. Beispiel Berlin: Die begehrte Wohnlage Wannsee hatte zum 01.01.2022 einen Bodenrichtwert von 1.500. In der weniger attraktiven Lage Neukölln ist der Wert gut doppelt so hoch: 3.200!

Kritik: Die Bodenrichtwerte weisen „systematische Bewertungslücken“ auf. Die strikte Anwendung der Bodenrichtwerte stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar.

  1. Pauschalierungen verstoßen gegen das Grundgesetz

Fakt: Das Bundesmodell greift auf sehr viele Parameter zurück: Im Rahmen der pauschalen Nettokaltmieten müssen die Gebäude-Art, Wohnflächen, Baujahr, Mietniveau-Stufen (und Abschläge hiervon), Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssatz, Restnutzungsdauer und der abgezinste Bodenwert berücksichtigt werden.

Kritik: Der Bund hat eine äußerst komplexe Bewertung entwickelt, die im Massen-Verfahren nur schwer anwendbar ist. Manchmal sind die Parameter kompliziert zu ermitteln (Brutto-Grundfläche), andere genutzte Kriterien sind realitätsfern und deshalb gleichheitswidrig (pauschale Nettokaltmieten, Bodenwert). Fazit: Das Recht ist nun deshalb so kompliziert, weil der Bund Kompetenzschranken eingehalten hat, die nach der Verfassungsreform im Jahr 2019 nicht mehr bestanden. Somit belastet das Bundesrecht die vielen Grundsteuerpflichtigen – ohne Grund – mit zu aufwändigen Mitwirkungspflichten. Damit werden die Grundrechte verletzt!

  1. Individuelle Umstände werden nicht berücksichtigt

Fakt: Baulasten, Denkmalschutz-Auflagen, Immissionen, Baumängel oder ein besonders guter Erhaltungszustand: Solche „individuellen öffentlich-rechtlichen Merkmale“ sowie „individuellen privatrechtlichen Vereinbarungen und Belastungen“ werden bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Damit werden maßgebliche Parameter gleichheitswidrig außer Acht gelassen.

Kritik: Der grundlegende Fehler des Bundesmodells liegt darin, den Grund der Belastung nicht erkennbar zu regeln und zu versuchen, den Wert von Grund und Boden grob zu ermitteln. Doch Immobilienwerte müssen entweder anhand zahlreicher Kriterien genau bewertet oder in einfachen, gleichheitsgerechten Pauschalierungen steuerlich bemessen werden. Das Bundesgesetz wählt aber einen verfassungswidrigen Mittelweg.

  1. Steuerlast steht noch gar nicht fest

Fakt: Wie sehr die Grundstückseigentümer tatsächlich belastet werden, steht erst dann fest, wenn die Gemeinden über die Hebesätze entschieden haben. Dann werden die meisten Grundlagen-Bescheide aber schon bestandskräftig sein.

Kritik: Es droht eine Rechtsschutzlücke! Dennoch ist schon jetzt klar: Die Bewertung nach dem Bundesmodell verursacht strukturell eine mehr als doppelt so hohe finanzielle Belastung der Betroffenen im Vergleich zu den einfacheren Modellen in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen.

Dem Appell des Gutachtens schließen sich der Bund der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland an:

Insgesamt geht das Grundsteuergesetz des Bundes in zehn Schritten einen steuerlichen Sonderweg, der das Grundgesetz verletzt. Die elf Bundesländer, die das verfassungswidrige Bundesgesetz anwenden, müssen jetzt die Zeit bis zum Jahr 2025, in dem die neue Grundsteuer zum ersten Mal erhoben wird, nutzen: Es braucht verfassungskonforme Grundsteuergesetze, um eine Fülle an verfassungswidrigen Steuereingriffen zu verhindern und die Finanzen der Gemeinden, die die Grundsteuereinnahmen erhalten, zu sichern!

Die Länder sollten sich für ein Grundsteuersystem der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen entscheiden. Die notwendigen Daten sind vorhanden, der Vollzug ist weitgehend vorbereitet.

Das zu komplizierte und intransparente Bundesgesetz würde durch klare und einfach anzuwendende Landesgesetze ersetzt. Alle Betroffenen würden deutlich entlastet – die Finanzverwaltung, die Gerichte, die Steuerberater und die Steuerzahler.

 

Grundsteuer: Musterklagen zur Grundsteuer

Der Bund der Steuerzahler informiert über ein Rechtsgutachten, das im Auftrag des Bundes der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland angefertigt wurde. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass das Grundsteuergesetz des Bundes verfassungswidrig ist.

Das Gutachten dient nun als Grundlage für die anvisierten Musterklagen der beiden Verbände gegen das Bundesmodell, das in elf Ländern gilt. Bei der Vorstellung des Gutachtens verwiesen die Verbände auf derzeit sechs geplante Musterprozesse in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und zwei in Nordrhein-Westfalen.

Laut Gutachten zum Bundesmodell bestehen u. a. folgende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit:

  • Bewertung orientiert sich zu sehr an der Einkommensteuer. Beim Bundesmodell orientiert sich die Grundsteuer an dem Wert von Grund und Boden. Damit greift das Bundesmodell strukturell in den Bereich der Vermögen- und Einkommensteuer ein. Der Bund schafft kein eigenes Bewertungssystem für die Grundsteuer, obwohl das Bundesverfassungsgericht ein solches System ausdrücklich verlangt hat. Und: Wenn der Bund die Bemessung der Grundsteuer an den Verkehrswerten und damit an möglichen Verkaufserlösen ausrichtet, rückt er die Steuerbemessung in die Nähe der Einkommensteuer, obwohl sich die Einkommen- und die Grundsteuer – von der Verfassung her – unterscheiden müssen.
  • Bodenrichtwerte sind nicht vergleichbar Die Bodenrichtwerte sind wenig vergleichbar. Beispiel Berlin: Die begehrte Wohnlage Wannsee hatte zum 01.01.2022 einen Bodenrichtwert von 1.500. In der weniger attraktiven Lage Neukölln ist der Wert gut doppelt so hoch: 3.200. Die Bodenrichtwerte weisen „systematische Bewertungslücken“ auf. Die strikte Anwendung der Bodenrichtwerte stellt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar.
  • Pauschalierungen verstoßen gegen das Grundgesetz Das Bundesmodell greift auf sehr viele Parameter zurück: Im Rahmen der pauschalen Nettokaltmieten müssen die Gebäude-Art, Wohnflächen, Baujahr, Mietniveau-Stufen (und Abschläge hiervon), Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssatz, Restnutzungsdauer und der abgezinste Bodenwert berücksichtigt werden. Der Bund hat eine äußerst komplexe Bewertung entwickelt, die im Massen-Verfahren nur schwer anwendbar ist. Manchmal sind die Parameter kompliziert zu ermitteln (Brutto-Grundfläche), andere genutzte Kriterien sind realitätsfern und deshalb gleichheitswidrig (pauschale Nettokaltmieten, Bodenwert). Fazit: Das Recht ist nun deshalb so kompliziert, weil der Bund Kompetenzschranken eingehalten hat, die nach der Verfassungsreform im Jahr 2019 nicht mehr bestanden. Somit belastet das Bundesrecht die vielen Grundsteuerpflichtigen – ohne Grund – mit zu aufwendigen Mitwirkungspflichten. Damit werden die Grundrechte verletzt.
  • Individuelle Umstände werden nicht berücksichtigt Baulasten, Denkmalschutz-Auflagen, Immissionen, Baumängel oder ein besonders guter Erhaltungszustand: Solche „individuellen öffentlich-rechtlichen Merkmale“ sowie „individuellen privatrechtlichen Vereinbarungen und Belastungen“ werden bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Damit werden maßgebliche Parameter gleichheitswidrig außer Acht gelassen. Der grundlegende Fehler des Bundesmodells liegt darin, den Grund der Belastung nicht erkennbar zu regeln und zu versuchen, den Wert von Grund und Boden grob zu ermitteln. Doch Immobilienwerte müssen entweder anhand zahlreicher Kriterien genau bewertet oder in einfachen, gleichheitsgerechten Pauschalierungen steuerlich bemessen werden. Das Bundesgesetz wählt aber einen verfassungswidrigen Mittelweg.
  • Steuerlast steht noch gar nicht fest. Wie sehr die Grundstückseigentümer tatsächlich belastet werden, steht erst dann fest, wenn die Gemeinden über die Hebesätze entschieden haben. Dann werden die meisten Grundlagen-Bescheide aber schon bestandskräftig sein. Es droht eine Rechtsschutzlücke. Dennoch ist schon jetzt klar: Die Bewertung nach dem Bundesmodell verursacht strukturell eine mehr als doppelt so hohe finanzielle Belastung der Betroffenen im Vergleich zu den einfacheren Modellen in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen.

Dem Appell des Gutachtens schließen sich der Bund der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland an:

  • Insgesamt geht das Grundsteuergesetz des Bundes in zehn Schritten einen steuerlichen Sonderweg, der das Grundgesetz verletzt. Die elf Bundesländer, die das verfassungswidrige Bundesgesetz anwenden, müssen jetzt die Zeit bis zum Jahr 2025, in dem die neue Grundsteuer zum ersten Mal erhoben wird, nutzen: Es braucht verfassungskonforme Grundsteuergesetze, um eine Fülle an verfassungswidrigen Steuereingriffen zu verhindern und die Finanzen der Gemeinden, die die Grundsteuereinnahmen erhalten, zu sichern.
  • Die Länder sollten sich für ein Grundsteuersystem der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen entscheiden. Die notwendigen Daten sind vorhanden, der Vollzug ist weitgehend vorbereitet.
  • Das zu komplizierte und intransparente Bundesgesetz würde durch klare und einfach anzuwendende Landesgesetze ersetzt. Alle Betroffenen würden deutlich entlastet – die Finanzverwaltung, die Gerichte, die Steuerberater und die Steuerzahler.