Gesetzgebung: Justizstandort Deutschland

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am 25.04.2023 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz) veröffentlicht.
Hierzu wird ausgeführt:

• Für große Wirtschaftsstreitigkeiten bietet die ordentliche Gerichtsbarkeit in Deutschland insgesamt nur eingeschränkt zeitgemäße Verfahrensmöglichkeiten an. In der Folge werden solche Streitigkeiten vermehrt in anderen Rechtsordnungen oder innerhalb der privaten Schiedsgerichtsbarkeit geführt. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Stärkung des Justiz- und Wirtschaftsstandorts Deutschland. Parteien von privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten sollen Verfahren künftig vollständig in englischer Sprache führen können. Außerdem soll den Parteien von großen privatrechtlichen Wirtschaftsstreitigkeiten ein attraktives Gesamtpaket für das Verfahren angeboten werden, damit sich Deutschland dem Wettbewerb mit anerkannten ausländischen Handelsgerichten und Schiedsgerichten stellen kann.

• Insbesondere Unternehmen mit starker Exportorientierung werden davon profitieren. Insgesamt wird ein an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiertes, schnelles, effizientes und attraktives Gerichtsverfahren angeboten werden. Zugleich soll der Gerichtsstandort Deutschland dadurch auch international an Anerkennung und Sichtbarkeit gewinnen und die notwendige Rechtsfortbildung im Bereich des Wirtschaftszivilrechts soll gestärkt werden.

Anfechtung einer Lohnsteuer-Anmeldung durch Lohnsteuer-Haftungsbescheids

Durch die Anfechtung eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids werden nicht zugleich (inzident) auch die Lohnsteuer-Anmeldungen oder ein Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der Lohnsteuer-Anmeldungen für die Anmeldungszeiträume angefochten, in denen der Haftungstatbestand verwirklicht wurde (BFH, Urteil v. 15.02.2023 – VI R 13/21; veröffentlicht am 27.04.2023).

Gebührenbescheid bei mehreren inhaltsgleichen verbindlichen Auskünften

Erteilt das Finanzamt acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte wegen einer mehrstufigen Umstrukturierungsmaßnahme, ist hierfür ein gemeinsamer Gebührenbescheid zu erlassen mit der Folge, dass insgesamt eine geringere Gebühr entsteht (FG Münster, Urteil v. 08.02.2023 – 6 K 1330/20 AO; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Die acht Kläger waren teils unmittelbar und teils mittelbar an einer Holdinggesellschaft beteiligt. Wegen einer geplanten Umstrukturierungsmaßnahme (Einlage der Anteile in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG und anschließender Formwechsel dieser KG in eine GmbH) beantragten alle acht Kläger gemeinsam beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Klärung der Frage, ob hierdurch stille Reserven aufgedeckt würden. Das Finanzamt erteilte jeweils acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte gegenüber den Klägern und setzte gegenüber jedem Kläger eine Gebühr fest.

Hiergegen legten die Kläger Einsprüche ein und begehrten eine einheitliche Gebührenfestsetzung gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO, da die verbindlichen Auskünfte gegenüber allen Klägern nur einheitlich hätten erteilt werden können. Hilfsweise begehrten sie eine Herabsetzung der Gebühren aus Billigkeitsgründen nach § 89 Abs. 7 AO.

Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück. Eine einheitliche Entscheidung liege nicht vor, da die verbindlichen Auskünfte acht einzelne Einbringungsvorgänge betroffen hätten. Die Gebührenfestsetzung sei auch nicht sachlich unbillig, da der tatsächliche Gegenstandswert den maximalen Gegenstandswert erheblich überstiegen habe.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg:

  • Gegenüber allen Klägern als Gesamtschuldnern ist nur eine Auskunftsgebühr anzusetzen. Dem steht nicht entgegen, dass Umwandlungsfälle noch nicht ausdrücklich von § 1 Abs. 2 StAuskV in der für den Streitfall gültigen Fassung erfasst waren. Diese Vorschrift regelt, in welchen Fällen eine verbindliche Auskunft in Mehrpersonenverhältnissen nur einheitlich beantragt werden kann. Der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO, der eine einheitliche Gebührenerhebung vorsieht, ist aber nicht auf die in § 1 Abs. 2 StAuskV geregelten Fälle beschränkt. Das Finanzamt ist nicht gehindert, auch in anderen Fällen eine einheitliche verbindliche Auskunft zu erteilen.
  • Im Streitfall hat das Finanzamt die verbindliche Auskunft gegenüber allen Klägern einheitlich erteilt. Nach der Gesetzesbegründung liegt eine Einheitlichkeit dann vor, wenn die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen besteht oder nicht besteht. Dies ist vorliegend der Fall, denn das Finanzamt hat, auch wenn es formell acht Bescheide erlassen hat, inhaltsgleiche und damit einheitliche Entscheidungen getroffen. Die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse der einzelnen Kläger sind für das Ergebnis der verbindlichen Auskunft nicht entscheidend gewesen. Dass die Anträge auf ein mehrstufiges Umwandlungsvorhaben gerichtet gewesen sind, steht der Einheitlichkeit nicht entgegen, weil das Finanzamt diesen Umstand bei der Gebührenfestsetzung nicht berücksichtigt hat.
  • Unmaßgeblich für die Gebührenfestsetzung ist schließlich auch, ob die formell mehrfache Antragstellung zur Erreichung der von den Klägern erhofften Rechtssicherheit erforderlich gewesen ist und wie viel Prüfungsaufwand das Finanzamt tatsächlich in die Bearbeitung investiert hat. Auf die Frage der Unbilligkeit kam es danach nicht mehr an.

Klageerhebung durch Steuerberater per Telefax

Eine im Januar 2023 von einem Steuerberater für seine Mandanten per Telefax erhobene Klage ist zulässig, wenn dieser den Registrierungsbrief noch nicht erhalten hatte, aber auch keinen „Fast-Lane-Antrag“ gestellt hatte (FG Münster, Zwischen-Gerichtsbescheid v. 14.04.2023 – 7 K 86/23 E; Revision zugelassen).

Hintergrund: Steuerberater müssen grundsätzlich seit dem 1.1.2023 mit dem FG elektronisch kommunizieren mit der Folge, dass eine Klageerhebung per Brief oder Telefax unzulässig ist. Voraussetzung ist nach § 52d Satz 2 FGO, dass ein sicherer Übermittlungsweg „zur Verfügung steht“. Diesen stellt die Bundessteuerberaterkammer in Form des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) zur Verfügung, wobei sie erst im ersten Quartal 2023 die Registrierungsaufforderungen zur Einrichtung des beSt an die Steuerberater versandt hat. Diese hatten allerdings die Möglichkeit, einen sog. „Fast-Lane-Antrag“ zu stellen, um den Registrierungsbrief vorzeitig zu erhalten.

Hierzu führt das FG Münster aus:

  • Die Pflicht zur Nutzung des beSt, die nicht abstrakt, sondern nur konkret für jeden einzelnen Berufsträger bestimmt werden kann, greift dann ein, wenn die Steuerberaterkammer die Registrierungsaufforderung an den Steuerberater übersandt hat. Erst ab diesem Zeitpunkt steht ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des Gesetzes „zur Verfügung“. Auf die tatsächliche Einrichtung des beSt kommt es nicht an, da sich die Steuerberater ansonsten dauerhaft der Nutzungspflicht entziehen könnten.
  • Die bloße Möglichkeit, den Versand der Registrierungsaufforderung durch einen „Fast-Lane-Antrag“ zu beschleunigen, reicht allerdings nicht für die Entstehung der Nutzungspflicht aus. Die Bundessteuerberaterkammer ist allein zur Abwicklung des Versands der Registrierungsaufforderungen verpflichtet. Das Gesetz sieht insoweit keine Mitwirkungspflicht des einzelnen Berufsträgers zur Beschleunigung des Versands vor. Mit dieser Sichtweise ist das FG Münster anderen finanzgerichtlichen Entscheidungen entgegengetreten. Hierfür spricht auch ein Vergleich mit Rechtsanwälten, die nach § 52d Satz 1 FGO seit 2022 ohne weitere Voraussetzungen verpflichtet sind, das besondere Anwaltspostfach zu nutzen. Dass die Bundessteuerberaterkammer, die insoweit als Hoheitsträgerin handelt, erst im Laufe des ersten Quartals 2023 die Registrierungsaufforderungen sukzessive in mehreren Tranchen versandt hat, kann nicht den einzelnen Berufsträgern angelastet werden.
  • Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich gerade nicht, dass die Nutzungspflicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers abstrakt ab dem 01.01.2023 für sämtliche Berufsträger greift. Eine strengere abstrakte Auslegung verstößt auch gegen das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf effektiven Rechtsschutz, da von den Steuerberatern in Einzelfällen etwas faktisch Unmögliches gefordert würde.

Entgelt für die Stellung von Sicherheiten

Bereits mit Urteil vom 29.12.2021 hat der Einzelrichter des 8. Senats des FG Münster entschieden, dass ein Entgelt für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten keine Kapitalerträge, sondern sonstige Einkünfte darstellt (FG Münster, Urteil v. 29.12.2021 – 8 K 592/20 E; Revision anhängig, BFH-Az. VIII R 7/23).

Neuregelungen im Juni (Bundesregierung)

Hersteller bestimmter Einwegkunststoffe werden zu einer Sonderabgabe verpflichtet, die Fahrgastrechte bei der Bahn werden geändert. Über diese und weitere Neuerungen im Juni informiert die Bundesregierung.

Kultur
200 Euro für kulturbegeisterte 18-Jährige
Jugendliche, die in diesem Jahr 18 Jahre alt werden, erhalten mit dem Kulturpass ein Budget in Höhe von 200 Euro. Dieses Budget können sie ab Mitte Juni zwei Jahre lang auf einer digitalen Plattform einlösen. Veranstalter können sich bereits jetzt dort registrieren und beispielsweise Tickets für Konzerte, Theater- und Kinovorstellungen anbieten. Auch Eintrittskarten für Museen, Ausstellungen oder Parks sowie Bücher, Tonträger und Noten sollen zum Angebot gehören.

Bildung
Drei Milliarden Euro für Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern
Der Bund stellt den Ländern rund drei Milliarden Euro für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen zur Verfügung. Kinder können im Ganztag gezielt gefördert und Familien bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden. Das Gesetz zum neuen „Investitionsprogramm Ganztagsbetreuung“ trat Mitte Mai in Kraft.

Bahn
Keine Entschädigung, wenn höhere Gewalt im Spiel
Fahrgäste können in vielen Fällen bei Verspätung oder Ausfall des Zuges eine Erstattung der Kosten verlangen – und das europaweit. Ab dem 7.6.2023 muss das Eisenbahnunternehmen jedoch keine Entschädigung zahlen, wenn die Verspätung verursacht ist durch: höhere Gewalt wie extreme Wetterbedingungen, Verschulden des Fahrgasts oder das Verhalten Dritter wie das Betreten der Gleisanlage oder ein Sabotage-Akt.

Umwelt
Plastikmüll – Hersteller werden in die Pflicht genommen
Ob Plastiktüten, Getränkebecher oder Zigarettenfilter: Hersteller bestimmter Einwegkunststoffe werden zu einer Sonderabgabe verpflichtet. So werden die Verursacher in die Verantwortung genommen und das achtlose Wegwerfen von Plastikabfällen begrenzt. Das Gesetz ist Mitte Mai 2023 in Kraft getreten. Die Sonderabgabepflicht für die meisten Produkte wird 2025 wirksam.

Gesundheit
Blutspenden – ohne Diskriminierung
Bisher durften einige Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität kein Blut spenden. Diese Praxis hat seit dem 16. Mai 2023 ein Ende. Um den hohen Sicherheitsstandard von Blutprodukten zu halten, erfolgt die Auswahl der Spenderinnen und Spender nach einer individuellen, diskriminierungsfreien Risikobewertung.

Vorsorgeaufwendungen für Drittstaat

Bezieht ein Steuerpflichtiger für eine Tätigkeit in einem Drittstaat steuerfreien Arbeitslohn, sind hiermit im Zusammenhang stehende Vorsorgeaufwendungen (im Streitfall Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung) nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung nicht als Sonderausgaben abziehbar. Das Verfassungsrecht verpflichtet den Gesetzgeber auch dann nicht, hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird (BFH, Urteil v. 14.12.2022 – X R 25/21; veröffentlicht am 27.4.2023).
Hintergrund: § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG schließt den Abzug der dort genannten und auch vorliegend betroffenen Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben aus, wenn diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Durch diese Regelung soll ein ansonsten eintretender doppelter steuerlicher Vorteil vermieden werden (BFH, Urteile v. 05.11.2019 – X R 23/17, BStBl II 2020, 763, Rz 15, sowie BFH, Urteil v. 27.10.2021 – X R 11/20, Rz 16).

Gesetzgebung: Neues Förderkonzept für erneuerbares Heizen

Die Bundesregierung hat sich am 19.4.2023 auf ein neues Förderkonzept zum erneuerbaren Heizen verständigt. Basis und Ausgangspunkt bilden die bewährten Förderstrukturen der bestehenden „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG). Die BEG wird weiterentwickelt, damit auch künftig die Förderung zu den neuen gesetzlichen Anforderungen passt und mögliche Härtefälle besser adressiert werden können.

Hierzu wird ausgeführt:

• Mit dem Gesetzentwurf zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes wird der verbindliche Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen gesetzlich verankert. Das heißt konkret, dass ab dem 1.1.2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 % mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Daher wird in der Folge auch die Förderung angepasst.

• Es gibt weiterhin im Rahmen der BEG eine Grundförderung für alle Bürger im selbstgenutzten Wohneigentum sowie private Kleinvermieter (bis zu sechs Wohneinheiten, davon eine selbst bewohnt) für den Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung. Der Fördersatz beträgt künftig einheitlich 30 % für alle Erfüllungsoptionen.

• Zusätzlich zu dieser Grundförderung gibt es für Bürger für den Austausch ineffizienter Heizungen Klimaboni. So erhalten Bürger, die nach dem neuen GEG durch Ausnahmeregelungen nicht zum Tausch ihrer alten Heizung verpflichtet wären zusätzlich 20 % Förderung. Einen gleichhohen Bonus erhalten auch Empfänger einkommensabhängiger Transferleistungen (beispielsweise Wohngeldempfänger). Und diejenigen, die verpflichtet sind eine neue Heizung einzubauen und die gesetzliche Anforderung übererfüllen, erhalten zusätzlich 10 % Förderung. Auch bei Havariefällen wird zur Grundförderung ein Zuschlag von 10 % gewährt, wenn die Anforderung übererfüllt wird. Mit Förderkrediten für den Heizungstausch stehen zudem Möglichkeiten zur Verfügung, die finanziellen Belastungen zeitlich zu strecken. Zudem wird es auch künftig Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibung als alternatives Instrument weiterhin geben.

• Die Bürger sollen mit der Förderung beim notwendigen Austausch ihrer Öl- und Gasheizungen gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds unterstützt werden. Die bestehende Förderung weiterer energetischer Sanierungsmaßnahmen bspw. für Dämmung oder Fenstertausch sowie die Förderung ganzheitlicher Sanierungen auf Effizienzhausniveau durch Förderkredite der KfW bleiben erhalten.
Das Förderkonzept im Einzelnen:
Förderkonzept erneuerbares Heizen im bestehenden Eigenheim
Das neue Förderkonzept besteht aus vier Elementen: einer Grundförderung, bei der Bürger wie bereits bislang Zuschüsse für den Heizungstausch erhalten können. Zum zweiten kann die Grundförderung durch einen Klimabonus weiter erhöht werden. Als drittes Element bleibt neben der Zuschussförderung eine ergänzende Kreditförderung weiterhin möglich und schließlich bleibt die heute schon bestehende Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung als alternatives Instrument weiterhin erhalten.

• Grundförderung für den Wechsel zu klimafreundlichen Heizungen Für alle Bürger im selbstgenutzten Wohneigentum wird es auch künftig im Rahmen der BEG eine Grundförderung für den Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung geben. Die Fördersystematik wird so angepasst, dass alle im Bestand möglichen und dem neuen GEG § 71 entsprechenden Heizungsoptionen mit dem gleichen Fördersatz von 30 % gefördert werden. Für alle anderen Gebäudeeigentümer bleibt die bisherige Förderung erhalten. Verbrennungsheizungen für Gas und Öl werden weiterhin nicht gefördert. Bzgl. künftig auch mit Wasserstoff betreibbaren Heizungen gilt, dass nur die zusätzlichen Kosten für die „H2-Readiness“ der Anlage förderfähig sind.

• Klimabonus zur beschleunigten Dekarbonisierung Zusätzlich zur Grundförderung wird es Zuschläge in Form eines Klimabonus für verschiedene Fallgestaltungen geben. Um möglichst schnell möglichst viel Treibhausgasemissionen einzusparen, soll nach dem Motto „worst first“ der Austausch von mit Öl oder Gas befeuerte sog. Konstanttemperaturkesseln und verbliebenen Kohleöfen in Wohngebäuden priorisiert werden. Wegen der CO2-Bepreisung werden diese Heizungen für ihre Besitzer in den nächsten Jahren sehr viel teurer. Hier soll mit attraktiven Anreizen eine starke Emissionsreduzierung erreicht werden und gleichzeitig Energiearmut vermieden werden.

• Ergänzende Kreditförderung und weiter bestehende Förderung von sonstigen Effizienzmaßnahmen Ergänzend werden Förderkredite für den Heizungstausch angeboten, um ein Angebot zu schaffen, bei dem die finanziellen Belastungen zeitlich gestreckt werden. Die Zuschüsse werden dann als Tilgungszuschuss integriert. Dieses Kreditprogramm können alle Bürger in Anspruch nehmen. Für andere Sanierungsmaßnahmen, die nicht den Heizungsaustausch betreffen, bleibt die bisherige Förderung der BEG erhalten. Das heißt konkret: Die bestehende systemische Förderung von Sanierungen auf Effizienzhaus/-gebäudeniveau (BEG Wohngebäude/Nichtwohngebäude) bleibt grds. unverändert, da sie größere Sanierungsmaßnahmen betrifft, die in Art und Volumen über die durch die 65%-Erneuerbaren-Vorgabe im GEG induzierten Heizungstausche hinausgehen. Auch werden die BEG Einzelmaßnahmen – die den Heizungstausch durch Effizienzmaßnahmen (wie z.B. Dämmung, Fenstertausch, Anlagentechnik, etc.) unterstützten – weiter wie bisher gefördert.

• Alternative: steuerliche Abschreibung Aufrechterhalten bleibt alternativ die schon bestehende steuerliche Förderung im Einkommenssteuerrecht. Im Einkommenssteuergesetz (§ 35c EStG) ist verankert, dass energetische Sanierungsmaßnahmen, wie der Heizungstausch oder Dämmmaßnahmen für selbstnutzende Eigentümer steuerlich gefördert werden können. Selbstnutzende Eigentümer können so 20 % ihrer Investitionskosten direkt von der Einkommenssteuerlast abziehen. Hier wird über Erweiterungsoptionen der steuerlichen Förderung aktuell beraten.

Sozialrecht: Einordnung einer Tätigkeit als selbständig oder abhängige Beschäftigung

Auch wenn eine „freie Mitarbeit“ vereinbart ist, kann die Tätigkeit einer Koordinatorin eines Jazzclubs eine abhängige Beschäftigung sein (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 20.03.2023 – L 4 BA 2739/20).
Hintergrund: Die Einordnung einer Tätigkeit als selbständig oder als sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung – die sogenannte Statusfeststellung – ist eine der ständig wiederkehrenden Fragen des Sozialversicherungsrechts. Ihre Beantwortung hängt von den Verhältnissen im Einzelfall ab. Relevant sind Merkmale wie die Abhängigkeit von Weisungen, die Eingliederung in einen Betrieb und ein eigenes Unternehmerrisiko.
Vor diesem Hintergrund hat das Landessozialgerichts Baden-Württemberg die Tätigkeit einer Gesamtkoordinatorin eines Jazzclubs im Rhein-Neckar-Raum als eine abhängige Beschäftigung eingeordnet. Wie schon zuvor das Sozialgericht Mannheim hat der Senat damit die Bewertung der Deutschen Rentenversicherung Bund bestätigt und die Berufung der den Jazzclub tragenden gemeinnützigen GmbH zurückgewiesen.

Behandlung von Reihengeschäften

Das BMF hat das finale Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Reihengeschäften veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 25.04.2023 – III C 2 – S 7116-a/19/10001 :003).
Hintergrund: Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wurden nach § 3 Abs. 6 UStG ein neuer Abs. 6a angefügt und in Abs. 6 die Sätze 5 und 6 gestrichen. Diese Gesetzesänderung dient zum einen der Umsetzung von Artikel 36a der MwStSystRL.
Der durch Artikel 1 Nr. 2 der Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates vom 4. Dezember 2018 in die MwStSystRL eingeführte Art. 36a enthält erstmals eine ausdrückliche unionsrechtliche Regelung zur Zuordnung der Warenbewegung (Beförderung oder Versendung) beim Reihengeschäft im innergemeinschaftlichen Handel. Danach wird diese, wenn sie durch einen Zwischenhändler erfolgt, grundsätzlich nur der Lieferung an ihn zugeordnet. Abweichend hiervon wird die Warenbewegung jedoch der Lieferung durch den Zwischenhändler zugeordnet, wenn der Zwischenhändler seinem Lieferer die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hat, die ihm vom Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände befördert oder versendet werden, erteilt worden ist. Der Begriff „Zwischenhändler“ bezeichnet zum Zwecke dieser Vorschrift einen Lieferer innerhalb einer Reihe (mit Ausnahme des ersten Lieferers in der Reihe), der die Gegenstände selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten befördert oder versendet.
Zum anderen dient die Gesetzesänderung der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten bei der Zuordnung der Beförderung oder Versendung bei Reihengeschäften, die infolge der Rechtsprechung des BFH entstanden sind (vgl. dazu insbesondere die BFH-Urteile v. 28.05.2013 – XI R 11/09, BStBl II 2023 v. 25.02.2015 – XI R 15/14, BStBl II 2023 und v. 25.02.2015 – XI R 30/13, BStBl II 2023. Hierzu wurde insbesondere gesetzlich klargestellt, dass bei der Zuordnung der bewegten Lieferung in solchen Fällen grundsätzlich maßgeblich ist, durch wen die Beförderung bzw. Versendung der Gegenstände erfolgt ist.
In dem am 25.04.2023 veröffentlichten Schreiben wird im Wesentlichen Abschnitt 3.14 UStAE angepasst. Breiten Raum nehmen die Ausführungen zur Lieferung durch den Zwischenhändler (Abs. 9 bis 11) ein. Ferner hat das BMF die Abs. 13 bis 16 in Abschnitt 3.14 um mehrere Beispiele ergänzt. Darüber hinaus wurde Abschnitt 25b.1 UStAE geändert.