Steuerermäßigung: Hausnotrufsystem

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.02.2023 entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 (Ermäßigung der Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen) für ein Hausnotrufsystem nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn dieses im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24 Stunden-Servicezentrale herstellt.

Im Streitfall hatte die Klägerin ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der mit dem Anbieter geschlossene Vertrag beinhaltete jedoch lediglich die Bereitstellung des Hausnotruf-Geräts und einen 24 Stunden-Bereitschaftsservice. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für das Hausnotrufsystem nicht als haushaltsnahe Dienstleistung. Das Finanzgericht gab der Klage allerdings statt.

Dies sah der BFH anders. Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG könne nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden. An letzterer Voraussetzung fehle es vorliegend. Denn die Klägerin zahle im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs. Die Rufbereitschaft und die Entgegennahme von eingehenden Notrufen in der Servicezentrale sowie gegebenenfalls die Verständigung Dritter, damit diese vor Ort Hilfe leisten, erfolge jedoch außerhalb der Wohnung der Klägerin und damit nicht in deren Haushalt.

Das Urteil grenzt sich von der Entscheidung des BFH betreffend Aufwendungen für ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz ab (Urteil vom 28.01.2016 – VI R 18/14, BFHE 251, 435, BStBl II 2016, 272). Dort erfolgte der Notruf über einen sog. Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft, die sodann auch die erforderliche Notfall-Soforthilfe übernahm.

Nullsteuersatz auf die Lieferung einer Photovoltaikanlage

Die Bundesregierung hat sich zur Frage geäußert, ob eine Photovoltaikanlage dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG unterliegt, wenn sie bereits im Jahr 2022 zum Teil in Betrieb genommen, der Batteriespeicher jedoch erst im Jahr 2023 installiert wurde.

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel v. 27.04.2023 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Fritz Güntzler (CDU/CSU):

  • Bereits im Jahr 2021 haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, dass bei gleichzeitiger Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage und eines Stromspeichers umsatzsteuerrechtlich eine Sachgesamtheit vorliegt.
  • Der Nullsteuersatz des § 12 Abs. 3 UStG ist auf diese einheitliche Leistung dann anzuwenden, wenn sie nach dem 31.12.2022 ausgeführt worden ist. Werklieferungen werden dabei grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt.
  • Sofern der Batteriespeicher nicht zusammen mit einer Photovoltaikanlage, sondern als einzelner Gegenstand erworben worden und im Jahr 2023 geliefert worden ist, unterliegt die Lieferung des Batteriespeichers dem Nullsteuersatz.

Vermietung und Verpachtung eines Gebäudes samt Betriebsvorrichtungen

Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass er auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden (EuGH, Urteil v. 04.05.2023 – C 516/21 „Finanzamt X“).

Hintergrund: Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG sind u.a. die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, nicht steuerfrei.

Die Regelung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL bestimmt ebenfalls, dass die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von der Steuer befreien. Gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen davon ausgeschlossen.

Gesetzgebung: Offenlegung von Ertragsteuerinformationen

Der Rechtsausschuss des Bundestags hat in seiner Sitzung am 10.05.2023 einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen (BT-Drucks. 20/5653) beschlossen. Zuvor hatte der Ausschuss Änderungen an der Vorlage angenommen, die zum einen die Umsetzung der Richtlinie betreffen, zum anderen eine Klarstellung im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz sowie eine Änderung im Pflichtversicherungsgesetz vorsehen. Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag, 11.05.2023, in 2./3. Lesung im Bundestag abschließend beraten werden.

Hintergrund: Ziel der dem Gesetz zugrundeliegenden EU-Richtlinie ist es, multinationale und ertragsstarke Unternehmen und Konzerne künftig zur Offenlegung von Informationen zu in den Mitgliedsstaaten gezahlten Ertragssteuern zu verpflichten. Wie die Bundesregierung ausführt, soll durch die Offenlegungspflicht „eine informierte öffentliche Debatte darüber ermöglicht werden, ob die betroffenen multinationalen Unternehmen und Konzerne ihren Beitrag zum Gemeinwohl auch dort leisten, wo sie tätig sind“. Umgesetzt werden sollen die Regelungen in einem Unterabschnitt im Vierten Abschnitt des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuches.

Hierzu wird weiter ausgeführt:

  • Gegenüber der Regierungsvorlage erhöhte der Ausschuss auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen den Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen die Offenlegungspflichten (§ 342o HGB-E). Nunmehr soll ein Bußgeld in Höhe von 250.000 € statt 200.000 € möglich sein. Angepasst wurde zudem der Zeitpunkt, nach dem Unternehmen zunächst weggelassene Angaben veröffentlichen müssen (§ 342k HGB-E). Dies soll nun bereits nach vier statt nach fünf Jahren erfolgen.
  • In dem Änderungsantrag „ermutigt und bestärkt“ der Rechtsausschuss Unternehmen „zu einer über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehenden freiwilligen länderbezogenen Berichterstattung“ auch in Bezug auf Steuerhoheitsgebiete, für die die Offenlegungspflicht nach § 342i HGB-E nicht gilt. „Unternehmen können sich auf diese Weise positiv hervorheben und einen weiteren Beitrag zu einer informierten öffentlichen Debatte über Steuerzahlungen leisten“, heißt es in der Vorlage. Ferner fordert der Ausschuss die Bundesregierung unter anderem dazu auf, „sich in den Verhandlungen über den noch ausstehenden EU-Durchführungsrechtsakt zur Festlegung des Formblatts für den Ertragsteuerinformationsbericht (…) dafür einsetzen, dass das Formblatt ein Textfeld enthält, in das Unternehmen zusätzliche freiwillige Angaben aufnehmen können, um die Pflichtangaben in geeigneter Weise unterfüttern und ergänzen zu können“.
  • Die Änderung im Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes wird laut Änderungsantrag in § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 klargestellt, dass über den bisherigen Wortlaut der Norm hinaus nicht nur eine geeignete anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle beliehen werden kann, sondern auch der Träger der aktuell tätigen Universalschlichtungsstelle.
  • Die Änderung im Pflichtversicherungsgesetz dient laut Änderungsantrag zur Umsetzung einer Vorschrift einer EU-Richtlinie über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht. Konkret geht es demnach um Regelungen zur Entschädigung der Verkehrsopfer im Fall der Insolvenz eines Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers und die dafür zuständigen Stelle.

Zollrecht: Einfuhren von Schuhen aus der Volksrepublik China

Eine nochmalige Mitteilung des festzusetzenden Antidumpingzolls ist nach Erlass der neuen Antidumpingzollverordnungen (DVO 2016/1647 und DVO 2016/2257) nicht erforderlich, weil die Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Antidumpingzolls nicht vollständig entfallen war, die Europäische Kommission gem. Art. 266 AEUV zur Umsetzung des EuGH-Urteils verpflichtet war und die Höhe des Antidumpingzollsatzes auch nach nochmaliger Prüfung durch die Europäische Kommission unverändert geblieben ist (BFH, Urteil v. 13.12.2022 – VII R 13/20; veröffentlicht am 11.05.2023).

Hintergrund: Nach Art. 236 Abs. 1 ZK werden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder entgegen Art. 220 Abs. 2 ZK buchmäßig erfasst wurde.

Finanzämter versenden Erinnerungsschreiben zur Abgabe der Grundsteuererklärungen

Die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärungen ist nunmehr seit über drei Monaten abgelaufen. Bislang sind in den Finanzämtern des Landes Mecklenburg-Vorpommern mehr als 616.000 Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts eingereicht worden. Somit fehlen noch ca. 14 % der Erklärungen.

Hierzu führt das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern u.a. weiter aus:

  • Jene Steuerpflichtige, die noch keine Erklärung eingereicht haben, werden in den nächsten Tagen Post vom zuständigen Finanzamt erhalten.
  • Die Erinnerungsschreiben enthalten neben dem Aktenzeichen zum Grundstück und Informationen zur Abgabeverpflichtung auch Hinweise bezüglich möglicher Folgen bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Erklärung, wie die Festsetzung eines Verspätungszuschlages von bis zu 25.000 € oder die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen.

Bilanzierung: Steuerliche Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts

Der Handelsbilanzwert für Nachsorgerückstellungen bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze (Anschluss an BFH, Urteil v. 20.11.2019 – XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195). Der maßgebliche Handelsbilanzwert bestimmt sich unter Berücksichtigung der als GoB zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts (§§ 252 ff. HGB) und damit auch unter Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB (BFH, Urteil v. 9.3.2023 – IV R 24/19; veröffentlicht am 11.05.2023).

Corona: Frist zur Einreichung der Schlussabrechnungen

Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung der Corona-Hilfen endet am 30.6.2023. Im Einzelfall kann eine Verlängerung der Schlussabrechnung bis zum 31.12.2023 beantragt werden. Hierauf macht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aktuell aufmerksam.

Hintergrund: Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen. Die Bewilligungsstelle wird im Falle einer Rückzahlungsverpflichtung im Schlussbescheid eine angemessene Zahlungsfrist festsetzen.

Das BMWK gibt folgende Hinweise:

  • Die Schlussabrechnung der Überbrückungshilfen sowie der November- und Dezemberhilfen ist paketweise angelegt. Gestartet wird mit der Schlussabrechnung für die Überbrückungshilfen I-III sowie den November- und Dezemberhilfen. In einem weiteren Paket wird die Überbrückungshilfe III Plus und IV abgerechnet.
  • Die Paketlösung bedeutet, dass alle Abrechnungen einer bzw. eines Antragstellenden zu diesen Förderprogrammen in einem Antragspaket erfasst und gemeinsam abgesendet und geprüft werden. Die Abrechnungsdaten sollen in der Reihenfolge der Programme eingegeben werden, das heißt Überbrückungshilfe I vor Überbrückungshilfe III oder Novemberhilfe. Nach Prüfung der Schlussabrechnung durch die Bewilligungsstelle wird für jedes im Paket abgerechnete Programm ein eigenständiger Schlussbescheid zugestellt. Gegebenenfalls müssen zu viel gezahlte Hilfen mit angemessener Zahlungsfrist zurückgezahlt werden. Möglicherweise erhalten Antragsstellende aber auch eine Nachzahlung. Erfolgt keine Schlussabrechnung, sind die Förderleistungen in voller Höhe zurückzuzahlen.
  • Sollen Anträge sowohl für Paket 1 als auch Paket 2 eingereicht werden, muss zuerst das Paket 1 erfasst und eingereicht werden. Erst im Anschluss kann mit der Schlussabrechnung für Paket 2 begonnen werden.
  • Soll nur die Schlussabrechnung für Paket 2 eingereicht werden, kann dies direkt durchgeführt werden.
  • Die Schlussabrechnung kann nur gebündelt als Paket eingereicht werden. Wurden die Anträge auf Corona-Hilfen ursprünglich von unterschiedlichen prüfenden Dritten gestellt, ist vor Einreichen der Schlussabrechnung ein Wechsel hin zu einer einzigen oder einem einzigen prüfenden Dritten notwendig.

Steuerfreie Umsätze für die Luftfahrt

Das BMF hat die Liste der im Inland ansässigen Luftfahrtunternehmen, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend internationalen Luftverkehr betreiben (Stand: 01.01.2023) aktualisiert (BMF, Schreiben v. 03.05.2023 – III C 3 – S 7155-a/19/10001 :004).

Hierzu führt das BMF weiter aus:

  • Seit Veröffentlichung der Liste der inländischen Unternehmer, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend internationalen Luftverkehr betreiben, durch Schreiben v. 09.12.2022 sind Änderungen der Schreibweise, Adressänderungen und Änderungen durch Umfirmierung, die von Relevanz sind und bereits zum 01.01.2023 hätten Berücksichtigung finden müssen, bekannt geworden.
  • Da diese Änderungen für in die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 UStG zwingend erforderlich sind, erfolgt ausnahmsweise eine unterjährige Aktualisierung der Liste der inländischen Unternehmer, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend internationalen Luftverkehr betreiben.
  • Die aktualisierte Fassung der Liste (Anlage) tritt an die Stelle der Liste, die dem BMF-Schreiben v. 09.12.2022 – III C 3 – S 7155-a/19/10001 :004 (2022/1229966), BStBl I S. 1679, beigefügt war.

Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit

Für die Feststellung der dauernden Berufs­unfähig­keit i. S. des § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG gelten die allge­meinen Beweis­regeln. Daher darf das Gericht im Rahmen seiner freien Beweis­würdigung auch nicht­amtliche Unter­lagen, z. B. Gutachten und andere Äuße­rungen von Fachärzten und sonstigen Medizinern, heran­ziehen (BFH, Urteil v. 14.12.2022 – X R 10/21; veröffent­licht am 01.06.2023). Hintergrund: Gem. § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG wird der sich bei einer (Teilbetriebs )Veräußerung ergebende Gewinn nur zur Einkommen­steuer herangezogen, soweit er 45.000 € übersteigt. Voraussetzung ist u. a., dass der Steuer­pflichtige „im sozial­versicherungs­rechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig“ ist.