Meseberger Entlastungspaket – Weiterer Bürokratieabbau durch Bürokratieentlastungsverordnung

Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung Nr. 44/2024 vom 24.5.2024

Überflüssige bürokratische Bestimmungen gibt es nicht nur in Gesetzen, sondern auch in Rechtsverordnungen. Diese werden von der Bundesregierung auf der Grundlage gesetzlicher Ermächtigungen erlassen. Das Bundesministerium der Justiz hat deshalb einen Entwurf einer Verordnung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie erarbeitet und an die Länder und Verbände übermittelt.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:

„Mit der Bürokratieentlastungsverordnung setzen wir einen weiteren Baustein des Meseberger Bürokratieabbau-Programms um. Auch mit diesen untergesetzlichen Maßnahmen sorgen wir für eine spürbare Entlastung unserer Wirtschaft. Dieser Beitrag wird seine Wirkung nicht verfehlen: Denn beim Bürokratieabbau zählt jeder Mosaikstein.“

Insgesamt umfasst die Verordnung 25 Vorschläge, deren jährliche Entlastung für die Wirtschaft sich auf 22,6 Millionen Euro beläuft. Das Bundesministerium der Justiz ist für die Verordnung koordinierend federführend zuständig. Die Beiträge kommen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Bundesministerium für Digitales und Verkehr und Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Die Einzelmaßnahmen lassen sich folgenden Schwerpunkten zuordnen:

  • Abbau von Anzeige- und Mitteilungspflichten,
  • Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung,
  • weitere Verfahrenserleichterungen und Rechtsbereinigung.

Der größte Anteil mit rund 14,1 Mio. Euro pro Jahr entfällt auf die Anhebung von Meldeschwellen im Kapital- und Zahlungsverkehr in der Außenwirtschaftsverordnung. Eine Entlastung von rund 6 Mio. Euro pro Jahr für die Wirtschaft trägt die Umsetzung eines Vorschlages aus der Verbändeabfrage aus dem Jahr 2023 bei: Mit der Änderung im Lebensmittelrecht wird die elektronische Information über Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe ermöglicht.

Rechtsverordnungen können nur bei hinreichendem Sachzusammenhang mit einer Gesetzesänderung angepasst werden. Aufgrund des fehlenden Sachzusammenhangs war eine Änderung im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetz IV aus rechtsförmlichen Gründen nicht möglich.

Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 21. Juni 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

 

Gesetzgebung: Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung

Die Bundesregierung hat am 22.05.2024 das Gesetz zur Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung beschlossen. Mit dem Gesetz sollen die Möglichkeiten zur Errichtung elektronischer Dokumente bei Beurkundungen durch Notare sowie durch andere Urkundsstellen ausgeweitet werden.

Kernstück der Neuregelung ist die Ermöglichung der Aufnahme elektronischer Niederschriften zur Beurkundung von Willenserklärungen. Auch für sonstige Beurkundungen sollen die Möglichkeiten zur Errichtung elektronischer Dokumente anstelle von papierförmigen Urkunden ausgeweitet werden. Insbesondere soll eine zusätzliche Möglichkeit zur Errichtung von Erklärungen in öffentlich beglaubigter Form geschaffen werden.

Während Notare ihre Niederschriften bisher ganz überwiegend in Papierform errichten, erfolgt die Verwahrung notarieller Urkunden bereits elektronisch im Elektronischen Urkundenarchiv. Auch der Vollzug notarieller Urkunden ist in zunehmendem Maße digitalisiert. Damit ist in den allermeisten Beurkundungsverfahren ein Medientransfer erforderlich, der Personal- und Sachkapazitäten bindet. Dasselbe gilt für andere Urkundsstellen, wie etwa Nachlassgerichte. Mit der Einführung der elektronischen Aktenführung bei den Gerichten, die ab dem 01.01.2026 verpflichtend ist, entstehen auch hier Medienbrüche, die die Bearbeitung erschweren. Auch zur Beseitigung solcher Medienbrüche ist die weitere Digitalisierung des Beurkundungsverfahrens also dringend geboten.

Der Gesetzentwurf sieht daher vor, dass die Niederschrift über eine Beurkundung zukünftig auch als elektronische Dokumente erstellt werden können, die von den Beteiligten zu signieren sind. Die Beteiligten können das Dokument entweder durch eigenhändige Unterschrift auf einem elektronischen Hilfsmittel, etwa einem Unterschriftenpad oder einem Tablet, die in der Niederschrift wiedergegeben wird, oder durch ihre qualifizierte elektronische Signatur signieren. Geschützt wird die elektronische Niederschrift durch die abschließende qualifizierte elektronische Signatur der Urkundsperson. Diese gewährleistet Authentizität und Integrität der elektronischen Niederschrift.

Durch Änderungen der entsprechenden Formvorschriften im BGB kann das Signieren mittels eines elektronischen Hilfsmittels auch für die öffentliche Beglaubigung von Erklärungen genutzt werden. Zudem wird geregelt, dass öffentlich beglaubigte elektronische Erklärungen immer auch die Schriftform erfüllen. Neben der Möglichkeit zur elektronischen Präsenzbeurkundung bleibt die Möglichkeit der Errichtung öffentlicher Urkunden in Papierform weiterhin bestehen. Sie ist für die Aufnahme von Verfügungen von Todes wegen weiterhin verpflichtend.

Hinweis:

Der Gesetzesentwurf und die Synopse sind auf der Homepage des BMJ veröffentlicht. Das Vorhaben muss nun noch das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.

Wettbewerbsrecht: Unterlassungsklage wegen „Mogelpackungen“

Die Verpackung eines Produkts steht in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge („Mogelpackung“) wenn sie nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt ist (BGH, Urteil v. 29.05.2024 – I ZR 43/23).

Sachverhalt: Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverband. Die Beklagte vertreibt Kosmetik- und Körperpflegeprodukte.

Die Beklagte bewarb auf ihrer Internetseite ein Herrenwaschgel in einer aus Kunststoff bestehenden Tube mit einer Füllmenge von 100 ml. In der Online-Werbung ist die Tube auf dem Verschlussdeckel stehend abgebildet. Sie ist im unteren Bereich des Verschlussdeckels transparent und gibt den Blick auf den orangefarbigen Inhalt frei. Der darüber befindliche, sich zum Falz der Tube stark verjüngende Bereich ist nicht durchsichtig, sondern silbern eingefärbt. Die Tube ist nur im durchsichtigen Bereich bis zum Beginn des oberen, nicht durchsichtigen Bereichs mit Waschgel befüllt.

Die Klägerin hält diese Werbung für unlauter, weil sie eine tatsächlich nicht gegebene nahezu vollständige Befüllung der Tube mit Waschgel suggeriere, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Mit ihrer Klage hatte sie in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Die Richter des BGH dagegen gaben der Unterlassungsklage nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG statt:

  • Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Insbesondere täuscht die beanstandete Produktgestaltung entgegen § 43 Abs. 2 MessEG ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vor, als in ihr enthalten ist.
  • Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt auch eine spürbare Interessenbeeinträchtigung vor. Der für diese Frage entscheidende Schutzzweck des § 43 Abs. 2 MessEG besteht darin, den Verkehr vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung („Mogelpackung“) zu schützen. Dieser Schutzzweck ist unabhängig vom Vertriebsweg stets betroffen, wenn – wie im Streitfall – eine Fertigpackung ihrer Gestaltung und Befüllung nach in relevanter Weise über ihre relative Füllmenge täuscht.
  • Dahinstehen kann, ob die übrigen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 MessEG erfüllt sind, insbesondere, ob die Werbung für ein Produkt oder das bloße Angebot unter den Begriff der Bereitstellung auf dem Markt im Sinne des § 2 Nr. 1 MessEG fällt. Denn soweit – wie hier – Handlungen von Unternehmen gegenüber Verbrauchern betroffen sind, kommt die Vorschrift des § 43 Abs. 2 MessEG aufgrund der vollharmonisierenden Wirkung von Art. 3 und 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nicht zur Anwendung, und die Beurteilung der Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung hat alleine nach § 5 UWG zu erfolgen.
  • Die beanstandete Internetwerbung für das Waschgel verstößt gegen § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG.
  • Eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung liegt unabhängig von dem konkret beanstandeten Werbemedium grundsätzlich vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge steht.
  • Dies ist hier der Fall, da die Waschgel-Tube nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt ist und weder die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindert noch die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruht.

Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 29.05.2024 (il)

Bremen bekommt 400 Millionen Euro Sanierungshilfen vom Bund

Der Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, Pressemitteilung vom 04.06.2024

Auch in 2023 hält Bremen Sanierungsvereinbarungen ein

Wie in allen Vorjahren hat das Land Bremen beim Bund die Einhaltung der Sanierungsverpflichtungen nach dem Sanierungshilfengesetz auch in 2023 nachgewiesen. Damit werden die 400 Millionen Euro Sanierungshilfen zum 1. Juli 2024 an Bremen ausgezahlt.

Dazu Bremens Finanzsenator Björn Fecker: „Wegen der anhaltenden Krisen, insbesondere durch die Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine, mussten wir in 2023 neue Kredite aufnehmen anstatt Altschulden zu tilgen. Das Bundesfinanzministerium hat das jedoch als begründeten Ausnahmefall anerkannt. Damit zeigt sich erneut: Bremen handelt in der Krise finanzpolitisch nachvollziehbar und verantwortungsvoll.“

Die Sanierungsverpflichtung sieht vor, dass das Land Bremen jährlich mindestens 50 Millionen Euro Altschulden tilgt. In einem Zeitraum von fünf Jahren müssen es laut Sanierungshilfengesetz (SanG) 400 Millionen Euro sein. Im Durchschnitt bedeutet das eine Tilgung von 80 Millionen Euro pro Jahr. Gemäß der Berechnungsweise im SanG-Verfahren wurde eine haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme in Höhe von 52 Millionen Euro verzeichnet. Für das Haushaltsjahr 2023 hat das Bundesfinanzministerium einen begründeten Ausnahmefall festgestellt. Der Bund wird daher 400 Millionen Euro Sanierungshilfen auch für das Jahr 2023 auszahlen.

Bundesregierung: Bundeskabinett – Ergebnisse

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 05.06.2024

Das Bundeskabinett hat sich in seiner 103. Sitzung am 5. Juni 2024 unterem mit dem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 befasst.

 

  • Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 – Vortrag: BMF

Ohne Aussprache beschlossen („TOP-1-Liste“):

  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen – Vortrag: BMJ
  • Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – Vortrag: BMF
  • Entwurf eines Transformationsberichts der Bundesregierung „Nachhaltige Agrar- und
Ernährungssysteme“ – Vortrag: BMEL, BMUV
  • Entwurf eines Neunundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (29. BAföGÄndG), hier: Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP – Vortrag: BMBF
  • Entwurf der Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung – Gesamtverteidigungsrichtlinien -
(RRGV) – Vortrag: BMI
  • Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune
(Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG); hier: Nachreichung der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates und Entwurf einer Stellungnahme der Bundesregierung zur
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates – Vortrag: BMG

BMF: Jahressteuergesetz 2024

Bundesministerium der Finanzen 05.06.2024

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG 2024) beschlossen. Es sieht wesentliche Maßnahmen vor, um z. B.den Abbau von Bürokratie voranzutreiben oder die Digitalisierung zu beschleunigen.

Mit dem vorliegenden Gesetz wird der fachlich gebotene Gesetzgebungsbedarf, der sich in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts ergeben hat, aufgegriffen. Dies betrifft insbesondere notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs.

Daneben besteht ein Erfordernis zur Regelung von Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen, Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen. Das vorliegende Gesetz enthält dazu eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben.

Hervorzuheben sind unter anderem folgende Maßnahmen:

  • Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets (§ 40 EStG)Die Regelung soll die lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets vereinfachen. Durch die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung wird eine bürokratiearme Besteuerung ermöglicht und Anwendungshürden sowie 
Anwendungsvorbehalte werden überwunden. Zudem dient die Regelung dem Ziel, die bereits vorhandenen Anreize zur Förderung einer möglichst umweltverträglichen Mobilität zu erweitern.

Arbeitgeber erhalten durch die neue Regelung die Möglichkeit, die Lohnsteuerauf ein Mobilitätsbudget für die außerdienstliche Nutzung von Mobilitätsleistungen in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses bis zu einem Betrag von 2.400 Euro jährlich pauschal mit 25 % zu erheben, soweit das Mobilitätsbudget zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.
  • Konzernklausel bei der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG)Der Anwendungsbereich der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (Aktien, GmbH-Anteile etc.) wird auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert. Damit wird ein Anliegen aus der Praxis aufgegriffen und zudem einer Protokollerklärung aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Zukunftsfinanzierungsgesetz entsprochen. Künftig können danach nicht nur die geldwerten Vorteile aufgeschoben besteuert werden, wenn Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers überlassen werden, sondern auch, wenn Anteile an verbundenen Unternehmen übertragen werden.
  • Wohngemeinnützigkeit, vergünstigte Vermietung an hilfsbedürftige PersonenDie bereits heute bestehende Möglichkeit einer gemeinnützigen Überlassung von vergünstigtem Wohnraum wird nunmehr gesetzlich kodifiziert, in der Sache verbessert, damit attraktiver sowie bürokratieärmer ausgestaltet. Insbesondere wird die Grenze für die Bedürftigkeit angehoben, um der starken Mietentwicklung in Ballungsräumen begegnen zu können.
  • Änderungen bei der Biersteuer (§ 29 Absatz 2 BierStG, §§ 41, 51 BierStV)Die Maßnahmen beinhalten die Abschaffung der Brauanzeige sowie die Erhöhung der jährlich steuerbefreiten Menge von 2 hl auf 5 hl Bier. Sie führen zu einer Reduzierung des Bürokratieaufwands für Bürgerinnen und Bürger und dem damit einhergehenden Verwaltungsaufwand.

Darüber hinaus sind u.a. folgende Regelungen bzw. Regelungsbereiche enthalten:

  • Umsetzung von BVerfG-Entscheidungen zum Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (§§ 34 und 36 KStG)
  • Gesetzliche Verstetigung der 150-Euro-Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 10 EStG)
  • Verlängerung der Abwicklungsfrist für Investmentfonds von fünf auf zehn Jahre
  • Änderungen im Umwandlungssteuergesetz
  • Zulassung der unmittelbaren Weitergabe steuerlicher Daten von den Bewilligungsbehörden an Ermittlungsbehörden (§ 31a AO)
  • Unionsrechtskonforme Anpassung des § 10 Absatz 6 und der §§ 13d und 28 Absatz 3 ErbStG
  • Änderungen am Gesetz über Steuerstatistiken
  • Durchschnittssatz für Land- und Forstwirte (§ 24 Absatz 5 Satz 4 UStG)
  • Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nummer 21 UStG)
  • Steuerbefreiung der Entgelte des Reisesicherungsfonds (§ 7a RSG)

Quelle: bundesfinanzministerium.de

Restnutzungsdauer eines Gebäudes

BFH erleichtert Nachweisvoraussetzungen für verkürzte Abschreibung

Wird ein Gebäude zur Erzielung von Einkünften genutzt, können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten über die Nutzungsdauer als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgeschrieben werden. Der Gesetzgeber hat dafür standardisierte Prozentsätze festgelegt. Doch auch der Nachweis einer kürzeren individuellen Restnutzungsdauer ist möglich. Wie genau dieser Nachweis zu erfolgen hat, ist zwischen Steuerpflichtigen, Finanzverwaltung und Finanzgerichten immer wieder Thema von Rechtstreitigkeiten. So auch im Urteilsfall des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Januar 2024 (IX R 14/23).

Standardisierte Abschreibung nach festen Prozentsätzen

Die Steuerpflichtige erzielte aus ihrem im Privatvermögen befindlichen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie ging im Streitjahr von einer tatsächlichen Restnutzungsdauer von 6 Jahren aus und nahm eine entsprechende Abschreibung vor. Das Finanzamt gewährte lediglich eine Abschreibung von 2 Prozent jährlich. Bei Gebäuden im Privatvermögen beträgt die lineare Abschreibung je nach Fertigstellungsdatum zwischen 2 und 3 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Ist die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes allerdings geringer, so können die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden.

Im Klageverfahren holte das Finanzgericht das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken ein. Der Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten nach Maßgabe der Immobilienwertermittlungsverordnung für das Gesamtobjekt eine tatsächliche Restnutzungsdauer von 19 Jahren. Das Finanzamt legte gegen diese Entscheidung Revision ein, da es der Meinung war, dass das Sachverständigengutachten nicht geeignet sei, eine kürzere als die gesetzlich typisierende Nutzungsdauer zu begründen.

Nachweis der kürzeren Restnutzungsdauer

Eine kürzere Nutzungsdauer kommt laut Finanzverwaltung nur dann infrage, wenn das Gebäude vor dem Ablauf des Abschreibungszeitraums anhand einer Prognose objektiv betrachtet und aufgrund technischer oder wirtschaftlicher Umstände verbraucht ist. Die Darlegungs- und Feststellungslast dafür trägt der Steuerpflichtige. Der Nachweis kann laut Finanzverwaltung nur durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten oder nach DIN-Norm akkreditierten Sachverständigen erfolgen. Ein Bausubstanzgutachten sei zwar nicht zwingend erforderlich. Das Gutachten müsse aber die Punkte technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung und rechtliche Gegebenheiten für die Beurteilung einer kürzeren Nutzungsdauer abdecken. Nach Ansicht der Finanzverwaltung erfüllt die Ermittlung der Restnutzungsdauer im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens oder nach der Immobilienwertermittlungsverordnung diese Anforderungen ausdrücklich nicht.

Gutachten: BFH widerspricht der Finanzverwaltung

Wie bereits das Finanzgericht Münster und auch die Vorinstanz, das Finanzgericht Köln, widerspricht der BFH teilweise der Ansicht der Finanzverwaltung. Die Finanzverwaltung darf für die Schätzung nicht eine bestimmte Gutachtenmethodik (zum Beispiel Bausubstanzgutachten) oder ein bestimmtes Ermittlungsverfahren fordern. Demzufolge hat der BFH ausdrücklich anerkannt, dass auch eine Gutachtenmethode, durch die die Restnutzungsdauer eines Gebäudes modellhaft wirtschaftlich bestimmt wird, als Nachweis genügen kann. Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode, die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Voraussetzung für die Anwendung als Schätzungsgrundlage ist jedoch, dass das Gutachten auch auf die Punkte technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung und rechtliche Nutzungsbeschränkung des konkreten Gebäudes eingeht, wobei nicht sämtliche Punkte in dem Gutachten behandelt werden müssen. Ein bloßer Verweis auf die modellhafte Restnutzungsdauer ohne individuelle Begründung ist jedoch nicht ausreichend.

Darüberhinausgehende Anforderungen und Einschränkungen, die die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben vom 22. Februar 2023 für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer durch Sachverständigengutachten aufstellt, lassen sich nach Ansicht des BFH dem Gesetz nicht entnehmen.

Getrenntleben der Eheleute trotz gemeinsamer Wohnung

Ja, das entspricht nahezu allgemeiner Auffassung. Siehe dazu etwa OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 28.03.2024 – 1 UF 160/23 [Presseerklärung Nr. 19/2024 v. 15.04.2024]:

„Die Annahme der Trennung der Eheleute erfordert ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung. Verbleibende Gemeinsamkeiten in Form gemeinsamer Mahlzeiten, der Vornahme von Erledigungen und Einkäufen für den anderen stehen der Trennung nicht entgegen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen. Dies gilt auch für einen freundschaftlichen, anständigen und vernünftigen Umgang der Ehegatten miteinander, insbesondere, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit heute veröffentlichter Entscheidung der Beschwerde der Ehefrau auf Feststellung eines früheren Trennungszeitpunkts Recht gegeben.

Die Eheleute streiten um den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum Trennungsvermögen im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens. Wenn die Scheidung beantragt ist, kann jeder Ehegatte von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen (§ 1379 BGB). Dieser Auskunftsanspruch soll den Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor – für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnanspruchs relevanten – Vermögensmanipulationen in der Trennungszeit verbessern.

Die Eheleute haben drei noch minderjährige Kinder und wohnten gemeinsam mit ihnen in einem Haus. Sie stellten wechselseitige Anträge auf Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung. Das Amtsgericht hatte der Auskunftspflicht den vom Ehemann benannten späteren Trennungszeitpunkt zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hatte vor dem OLG Erfolg.

Die Trennung sei für den Zeitpunkt festzustellen, zu welchem (objektiv) zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft mehr bestehe und (subjektiv) zumindest ein Ehegatte diese Gemeinschaft auch nicht mehr herstellen wolle, da er sie ablehne, erläuterte das OLG. Dabei sei es nicht erforderlich, dass ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung ausziehe. Ausreichend sei, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt lebten. Es bedürfe keiner ´vollkommenen Trennung´. Erforderlich sei nur ein ´der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung´, dazu gehöre das nach außen erkennbare getrennte Wohnen und Schlafen. Erforderlich sei zudem, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führten und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestünden. Verbleibende Gemeinsamkeiten müssten sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit stünden demnach der Annahme der Trennung nicht entgegen. Sie müssten sich aber in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Ein freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten miteinander´ stehe der Trennungsannahme insbesondere dann nicht entgegen, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt lebten. ´Denn auch nach der Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und sind zum Wohl ihrer Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet´, führte der 1. Familiensenat weiter aus. Da die Trennungsverarbeitung durch die Kinder häufig maßgeblich vom Umgang der Ehegatten miteinander geprägt werde, stehe ein ´höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme eines Getrenntlebens nicht entgegen´, unterstrich der Senat.

Hier seien die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Trennung erfüllt gewesen, seitdem die Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen zu wollen, weil sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt, per Mail eindeutig mitgeteilt habe. Der Ehemann habe zu diesem Zeitpunkt innerhalb des gemeinsamen Hauses eine ´Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller´ genutzt. Eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten habe seitdem nicht mehr bestanden. Die vereinzelten Einkäufe und Erledigungen seien im Gesamtbild unwesentlich gewesen und hätten ´in der vereinzelt gebliebenen Situation noch der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft (entsprochen), wie sie auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens … aus gesellschaftlichem Anstand jedenfalls nicht ungewöhnlich sind´, begründete der Senat.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.“

Ansatzvoraussetzungen für eine Pensionsrückstellung

  1. Der Ansatz einer Pensionsrückstellung ist zugelassen, „wenn und soweit“ die in § 6a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes angeführten Voraussetzun­gen erfüllt sind; dazu muss die schriftlich erteilte Zusage eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten (Nr. 3). Fehlt es an dieser Eindeutigkeit der Zusage einer Versorgungskomponente, hindert dies eine Rückstellung für die Zusage einer anderen Versorgungskomponente (bei Teilbarkeit der zugesagten Leistungen) insoweit nicht. Sind daher die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersren­te mit Erreichen der Regelaltersgrenze eindeutig bestimmt, ist hierfür eine Pensionsrückstellung zu bilden, auch wenn die Pensionszusage keine eindeuti­gen Angaben zu den Voraussetzungen eines vorzeitigen Altersrentenbezugs enthält.
  2. Zum Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die Pensions­zusage keine eindeutigen Angaben zu den Voraussetzungen eines vorzeitigen Altersrentenbezugs enthält und von der Kapitalgesellschaft an die versor­gungsbegünstigten Gesellschafter Zahlungen vor Erreichen der Regelalters­grenze geleistet werden.

EStG § 6a Abs. 1 KStG § 8 Abs. 3 Satz 2

Gesetzgebung: Gesetz zur künstlichen Intelligenz

Der Rat der Europäischen Union hat am 21.05.2024 das weltweit erste Gesetz zur Harmonisierung der Vorschriften für künstlichen Intelligenz (AI Act) angenommen. Hierauf macht die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) aufmerksam.

Hierzu führt die BRAK weiter aus:

  • Mit dem Gesetz sollen die Entwicklung und Förderung sicherer und vertrauenswürdiger KI-Systeme in der EU bei gleichzeitiger Wahrung der Grundrechte gefördert werden.
  • Das Gesetz kategorisiert verschiedene Arten von künstlicher Intelligenz je nach Risiko. Je nachdem, wie hoch Letzteres ist, fallen die Anforderungen und Verpflichtungen höher oder niedriger aus.
  • So sollen beispielsweise für Strafverfolgungsbehörden strenge Ausnahmen für die Nutzung biometrischer Fernidentifizierungssysteme gelten und Hochrisikosysteme wie solche, die im Rahmen von demokratischen Prozessen Einsatz finden, bestimmten Verpflichtungen unterliegen.
  • Vorausschauende Polizeiarbeit, die sich ausschließlich auf die Profilerstellung oder Bewertung von Merkmalen einer Person stützt, wird verboten. Dafür hatte sich die BRAK unter anderem in ihrer Stellungnahme ausgesprochen.
  • Der Rechtsakt soll Anfang Juni im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und tritt zwanzig Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten wird die Verordnung – mit wenigen Ausnahmen für spezifische Bestimmungen – anwendbar sein.

Hinweis:

Weitere Infos zum Thema sind auf der Homepage der BRAK sowie des Rates der Europäischen Union veröffentlicht.