Zweifel an der Wirksamkeit der StBPPV

Der BFH hat in einer Entscheidung Zweifel in Bezug auf die Wirk­samkeit der Steuer­berater­platt­form- und -post­fach­verord­nung geäußert (BFH, Beschluss v. 17.4.2024 – X B 68, 69/23X B 68, 69/23; veröf­fent­licht am 10.05.2024).
Sachverhalt: Streitig ist zum einen, ob der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 119 Nr. 3 FGO) verletzt wurde, indem das Gericht die münd­liche Verhand­lung in Abwesenheit des Klägers durch­geführt hat, obwohl der Kläger die Geschäfts­stelle des beim FG zuständigen Senats am Terminstag telefonisch darüber informiert hatte, dass er sich aufgrund eines Staus verspäten werde, wobei diese Information aufgrund einer Namens­verwechslung des Mitarbeiters des Geschäfts­stelle nicht korrekt an den Senat über­mittelt wurde. Darüber hinaus ist streitig, ob die Registrierungs­pflicht der Steuerberater für das beSt eine ausreichende Rechts­grundlage besitzt.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Wenn ein Verfahrensbeteiligter oder Prozess­bevoll­mächtigter sich auf der Anreise zum Gerichtstermin solchen Verzögerungen ausgesetzt sieht, gegen die auch die vernünftiger­weise zu beachtende Sorgfalt keine Vorsorge gebietet, ist das Gericht auf eine telefonische Benachrichti­gung hin, dass man sich verspäten werde, regelmäßig verpflichtet, mit der Eröffnung des Termins zu warten.
  • Unterläuft der Geschäftsstelle des Gerichts bei der Weiter­leitung einer telefonischen Benachrichti­gung über eine solche Verzögerung ein Fehler, ist dieser dem Gericht zuzurechnen.
  • Der wirksame Erlass einer Rechtsverordnung setzt u.a. voraus, dass die entsprechende formell-gesetzliche Ermächti­gungs­grundlage im Zeitpunkt des Erlasses der Rechts­verordnung bereits in Geltung gestanden hat (BVerwG, Urteil v. 20.4.2023 – 2 C 18.21, Neue Zeitschrift für Verwal­tungsrecht 2023, 1423, Rz 16). Von einer Ermächtigung kann erst Gebrauch gemacht werden, wenn sie vorliegt (BVerfG, Urteil v. 26.07.1972 – 2 BvF 1/71, BVerfGE 34, 9, unter B.II.2.).
  • Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob die Steuer­berater­plattform- und -postfach­verordnung, die Grundlage für die Erstregis­trierung zum besonderen elektronischen Steuerberater­postfach, für dessen Ausgestaltung und damit für die Nutzungspflicht nach § 52d Satz 2 FGO ist, wirksam geworden ist.
  • Sie wurde am 25.11.2022 erlassen (BGBl I 2022, 2105 vom 30.11.2022) – ihre Ermächti­gungs­grundlage (§ 86f StBerG) war aber erstmals nach Ablauf des 31.12.2022 anzuwenden (§ 157e StBerG).