Tätigkeit im Rahmen der Sicherungsverwahrung

Einnahmen aus einer Tätigkeit, die eine in Sicherungsverwahrung untergebrachte Person in einer Justizvollzugsanstalt erbringt, stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar (FG Münster, Urteil v. 20.09.2023 – 14 K 1227/21 E; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger ist nach Verbüßung einer Haftstrafe bereits seit vielen Jahren in der Sicherungsverwahrung in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Dort ist er in einer anstaltseigenen Schreinerei nach den Regelungen des SVVollzG NRW tätig und erhielt hierfür im Streitjahr 2019 eine Vergütung in Höhe von ca. 14.000 €.

Der Kläger erklärte diesen Betrag zunächst als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Demgegenüber ging das Finanzamt von sonstigen Einkünften aus, da der Kläger kein Dienstverhältnis eingegangen sei. Den Arbeitnehmerpauschbetrag i.H.v. 1.000 € gewährte es dementsprechend nicht. Im Verlauf des Verfahrens über die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage machte der Kläger geltend, dass seine Vergütung gar nicht steuerbar sei, da die Resozialisierung im Vordergrund stehe und nicht die Einnahmeerzielung.

Das FG Münster gab der Klage teilweise statt:

  • Der Kläger ist Arbeitnehmer, der Arbeitnehmerpauschbetrag ist zu gewähren.
  • Für die Annahme eines Dienstverhältnisses spricht, dass Sicherungsverwahrte nach den Regelungen des SVVollzG NRW im Gegensatz zu Strafgefangenen nicht zur Arbeit verpflichtet sind. Vielmehr soll eine Beschäftigung lediglich angeboten werden.
  • Danach ist der Kläger in der Schreinerei aufgrund seines freien Entschlusses tätig geworden. Dabei ist er auch in die Arbeitsorganisation der Schreinerei eingebunden und hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit weisungsgebunden gewesen.
  • Der Kläger hat zwar keinen Urlaubsanspruch, aber einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit von zehn Tagen.
  • Seine Vergütung richtet sich nach den geleisteten Arbeitsstunden. Dass diese der Höhe nach gesetzlich festgelegt ist, spricht nicht entscheidungserheblich gegen die Annahme von Arbeitslohn.
  • Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Einkünfte steuerbar.
  • Dem steht nicht entgegen, dass die Beschäftigung insbesondere dazu dienen soll, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung zu vermitteln, zu fördern und zu erhalten.
  • Die Tätigkeit ist zumindest auch – wie bei Auszubildenden oder bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zu Integrationszwecken – auf Einkommensmehrung durch Leistungsaustausch gerichtet.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision zum BFH zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist noch nicht bekannt.