Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Schlachtvieh, Marktgebühren

Das BMF hat zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von sog. Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe sowie zur Behandlung sog. Vermarktungsgebühren von Erzeugerorganisationen im Bereich Obst und Gemüse Stellung genommen und den UStAE entsprechend angepasst (BMF, Schreiben v. 20.06.2023 – III C 2 – S 7200/19/10006 :001).

Hintergrund: Der BFH hat in seinem Beschluss v. 11.10.2022 – XI R 12/20 (NV), entschieden, dass ein Schlachthof die Tätigkeiten im Vorfeld des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs bei Anlieferung von Vieh im eigenen Interesse vornimmt. Das bloße Weiterberechnen von sog. Vorkosten für diese Tätigkeiten an die Lieferanten der Tiere führe nicht zum Leistungsaustausch.

Mit Beschluss v. 13.09.2022 – XI R 8/20, BStBl II 2023 S. XXX (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 22.12.2022 mit Anmerkung Nacke), hat der BFH entschieden, dass in dem Falle, in dem eine Erzeugergenossenschaft Lebensmittel von ihren Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Erzeuger ankauft und diese Lebensmittel in eigenem Namen und auf eigene Rechnung an Abnehmer weiterliefert, sog. Marktgebühren, die die Erzeugergenossenschaft von dem an die Erzeuger zu zahlenden Kaufpreis abzieht, nicht als Entgelt für eine Vermarktungsleistung anzusehen seien.

Der BFH verneint nach Rz. 23 des o.g. Beschlusses eine dem Regelsteuersatz unterliegende Vermarktungsleistung der Erzeugerorganisation gegenüber den jeweiligen Landwirten damit, dass die Vermarktung der von ihr verkauften Erzeugnisse in eigenem Namen vor allem in ihrem eigenen Interesse liegen würde. Infolge der Tätigkeit der Genossenschaft bei der zentralen Vermarktung sei davon auszugehen, dass diese für die Waren höhere Verkaufspreise erzielen kann.

Dementsprechend wird nach Abschnitt 1.1 Abs. 25 UStAE folgender Absatz 26 angefügt:

Sogenannte Marktgebühren, die eine Erzeugerorganisation beim Ankauf von Lebensmitteln von ihren Mitgliedern für die Vermarktung der Lebensmittel erhebt, stellen kein Entgelt für eine sonstige Leistung der Erzeugerorganisation dar, sondern mindern die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Mitglieder an die Erzeugerorganisation, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Aufwendungen im eigenen Interesse der Erzeugerorganisation liegen (vgl. BFH, Beschluss v. 13.09.2022 – XI R 8/20, BStBl II 2023 S. XXX).

Ein Schlachthof, der beim Erwerb von zur Schlachtung bestimmten Tieren die im Rahmen der Schlachtung anfallenden Kosten (sog. Vorkosten, z.B. die Kosten für das Qualitätsmanagement einschließlich Kosten für den Veterinär, für die Prüfung der Betriebe der Kunden, für die Einhaltung der erhöhten Hygienevorschriften und die Kosten zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit der Tiere) vom Kaufpreis für das jeweilige Tier abzieht, erbringt ebenfalls keine sonstigen Leistungen an die Lieferanten der Tiere, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Vorgänge auch im eigenen Interesse des Schlachthofs liegen. Auch in diesem Fall liegt eine Minderung des Entgelts für die Lieferung der Tiere vor.